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04.06.2011
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Kein Witz

Crystal Stilts
Blue Angel Lounge

Münster, Gleis 22
04.06.2011

Crystal Stilts
In der Nische zwischen minimalistischem Schrammel-Pop, psychedelischem Twang und Garagen-Rock fühlen sich viele, viele Bands heimisch. Mit Crystal Stilts kehrte nun nicht nur ein erklärter Lieblingsact der Macher des Gleis 22 nach Münster zurück, sondern auch einer der herausragenden Vertreter dieses Genres. Vor rund zwei Jahren konnte das Quintett aus Brooklyn bereits mit seinem Debütalbum "Alight Of Night" für Aufsehen sorgen und legte jüngst mit dem ebenfalls beachtlichen Zweitwerk "In Love With Oblivion" nach. Dass sich die Qualitäten der Amerikaner inzwischen herumgesprochen haben, bewies auch das Zuschaueraufkommen: Trotz Biergartenwetters war das Gleis angenehm gefüllt.

Crystal Stilts
Beim ersten Konzert in Münster, lässt uns vor der Show ein altgedienter Konzertgänger wissen, hätte die Band geklungen wie The Velvet Underground 1966, also ungleich schrammeliger als auf Platte. Das galt auch für den neuerlichen Abstecher nach Westfalen, denn obwohl die neue Platte gleich mit einer Handvoll veritabler Pop-Hits aufwartet, die fast ein wenig an die Westcoast-Power-Pop-Seligkeit der Flamin' Groovies erinnern, standen bei der Live-Umsetzung klar die schrammeligen, ja fast schon ein wenig schwerfällig-monotonen Stücke im Vordergrund, wunderbar eingängige und dabei trotzdem erstaunlich simple Songs wie "Through The Floor" oder "Shake The Shackles" bildeten die Ausnahme. Einen Schritt nach vorn hat die Band dennoch gemacht. Statt wie die Velvets 1966 klangen sie jetzt wie Lou Reed und Co. im Jahre 1969...

Das Auftreten der fünf Herren passte allerdings perfekt zur Musik: Der betont gelangweilt klingende Sänger Brad Hargett hatte einen Bewegungsradius, der Noel Gallagher zum Zappelphilipp degradierte, außerdem beschränkte sich seine Kommunikation größtenteils darauf, den Mann am Mischpult zwischen den Songs nach mehr Effekten für seine unter Hall und sonstigen Spielereien eh bereits vollkommen vergrabene Stimme zu bitten. Gitarrist JB Townsend spielte sein minimales Akkordpensum über weite Strecken mit dem Rücken zum Publikum herunter und versteckte sich ansonsten in der dunkelsten Ecke der Bühne, und auch Bassist Andy Adler schien redlich bemüht, möglichst wenig aufzufallen. Lediglich das Gesicht von Drummer Keegan Cooke war hell angestrahlt - er saß genau vor der Leinwand, über die bisweilen nur schemenhaft erkennbare, aber durchaus atmosphärisch dichte Schwarz-Weiß-Bilder flackerten. Etwas aus dem Rahmen fiel dagegen Keyboarder Kyle Forester mit seiner flexiblen Gesichtsmuskulatur, der sich kurz vor Schluss sogar an einem etwas albernen Münster-Witz versuchte - und dafür prompt von Hargett gescholten wurde!

Blue Angel Lounge
Mag sein, dass der Schreiber dieser Zeilen mit einer falschen Erwartungshaltung zum Konzert angereist war, aber er wurde den Eindruck nicht los, dass etwas weniger Verweigerungshaltung, etwas weniger unterkühlte Unnahbarkeit aus einem guten ein grandioses Konzert hätte machen können. Auch Blue Angel Lounge gingen mit ihrem Supportset nicht nur wegen ihres Namens und des effektvollen Mini-Standschlagzeugs als Velvet-Underground-Epigonen durch, die sich hier und da (zeit- und soundtechnisch) bis auf Mary Chain-Terrain vorarbeiteten. Düster, rau und minimalistisch zelebrierten sie den Gossensound von (vor)gestern geradezu überraschend authentisch - das Hagen der 00er-Dekade scheint mehr mit dem New York der späten 60er und dem East Kilbride der Mitt-80er zu tun zu haben als bislang angenommen!

Surfempfehlung:
www.crystalstilts.com
www.myspace.com/crystalstilts
www.myspace.com/theblueangellounge

Text: -Simon Mahler-
Fotos: -Simon Mahler-
 

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