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15.01.2014
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Edutainment de luxe

Geoff Farina

Oberhausen, Druckluft
15.01.2014

Geoff Farina
Ein Geoff Farina-Konzert ist etwas Wunderbares. Als ehrlich Musikbegeisterter bekommt man von dem amerikanischen Sänger, Songwriter und Gitarristen nämlich nicht nur ein klasse Konzert, nein, man verlässt den Saal nach der Show definitiv auch ein bisschen klüger. Kein Wunder, schließlich ist der studierte Musiker, der früher Frontmann von Karate und den Secret Stars war und heute als Solist, mit seiner Band Glorytellers oder im Duo mit Chris Brokaw aktiv ist, in seiner Wahlheimat Chicago auch als Dozent an der DePaul University School of Music tätig. Der einzige Unterschied: Während sich dort die jährlichen Studiengebühren auf rund 34.000 Dollar belaufen (einzelne Credit Hours gibt es schon für läppische 760 Dollar), kostet die Stunde großartiges Edutainment mit Geoff in Oberhausen genau sieben Euro!

Geoff Farina
Kein Zweifel: Der sympathisch schüchterne Musiker - er spielt fast komplett im Dunkeln - ist gekommen, um sein Publikum im Ruhrgebiet glücklich zu machen. Auf früheren Tourneen hätten sich die Zuschauer des Öfteren beschwert, dass er nicht genug seiner eigenen alten Sachen spielt, erklärt er gleich zu Beginn seines Auftritts. Das soll ihm dieses Mal nicht passieren. So gibt es gleich als zweites Lied "Wait" von den Secret Stars ("Ihr kennt das vielleicht in der Version von Death Cab For Cutie, aber bei denen klingt es ganz anders", sagt er trocken als Einleitung), und auch sonst spannt er den Bogen von seiner aktuellen Soloplatte "Wishes Of The Dead" zurück bis zu den frühesten Tagen von Karate, als er bei der Zugabe eine großartige Version von "Today Or Tomorrow" spielt. Death Cab For Cutie sind übrigens beileibe nicht die einzige Band, die Geoffs Songs nachspielt. "Vom nächsten Song habe ich mindestens zwei deutschsprachige Coverversionen auf meinem Laptop", erzählt er vor "Some Sinatra", bevor er lächelnd hinzufügt: "Ich singe es aber trotzdem auf Englisch, wenn das okay ist!"

Geoff Farina
Noch mehr Spaß, als seine eigenen Songs zu spielen, bereitet ihm allerdings das virtuose Zelebrieren von ausgesuchten Coverversionen, bei denen er nicht nur als Instrumentalist begeistern, sondern auf herrlich unaufgeregte Weise sein immenses Wissen über Jazz, Blues und (am Rande auch) Country mit seinem Publikum teilen kann. Mit kleinen lehrreichen Anekdoten bringt er seinen Zuhörern Stücke von John Fahey ("In Christ There Is No East Or West"), Mississippi John Hurt ("Spike Driver Blues"), Elizabeth Cotten ("Take Me Back To Baltimore"), Bill Monroe ("Blue Moon Of Kentucky") oder Norman Blake ("Bonaparte Crossing The Rhine") näher und lässt so gewissermaßen Musikgeschichte lebendig werden. Zwar meint er nach der Show am Merch-Tisch bescheiden, dass die Originale alle viel besser seien als seine Versionen, trotzdem ist es etwas ganz anderes, eine verrauschte Blues-Platte aus den 1920ern zu hören oder den Song im Hier und Jetzt von einem echten Könner live vorgespielt zu bekommen. Witzig am Rande: Während die Fakten zu den Coverversionen sitzen wie eine Eins, kommt Geoff ausgerechnet ins Straucheln, als es um das Veröffentlichungsjahr seines ersten Soloalbums ("Ich glaube, das war 1998...") geht. Bei aller Ernsthaftigkeit, mit der er über Musik spricht, gibt es aber auch lustige Momente. Als im mucksmäuschenstillen Saal plötzlich ein Mobiltelefon zu klingeln beginnt, meint er nur gelassen: "Früher hab ich mich über so etwas aufgeregt, bis irgendwann mal eins klingelte und der Blödmann es dann noch nicht einmal ausgestellt hat – bis ich merkte, dass es mein eigenes war!"

Am Ende sind lang anhaltender Applaus und die strahlenden Gesichter der Zuschauer, die am Devotionalienstand für Umsatz sorgen, der beste Beweis dafür, dass Geoff Farina an diesem Abend alles richtig gemacht hat.

Surfempfehlung:
www.geofffarina.com

Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-
 

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