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04.11.2014
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Tina Dico
Teitur

Köln, Theater am Tanzbrunnen
04.11.2014

Tina Dico
Der Erfolg sei Tina Dico natürlich gegönnt - aber langsam kommt sie, was die Größe der bespielten Hallen betrifft, an die Grenze, an der sich die Songs der Dänin im bevorzugten akustischen oder halbakustischen Setting noch mit einem gewissen Maß an Intimität darbieten lassen. Im restlos gefüllten, bestuhlten Kölner Theater am Tanzbrunnen löste Tina dieses Problem, indem sie von vorneherein auf die familiäre Atmosphäre setzte, die sich aufgrund der Historie beim Kölner Publikum durch eine persönliche Ansprache leicht herstellen ließ. Auf die Frage etwa, wer denn zum ersten Mal in Köln bei einem Tina Dico Konzert sei, meldete sich sozusagen niemand: Man war also unter Freunden.

Das galt auch für den Support-Act, den freundlichen Kollegen Teitur, der sowohl mit Tina Dico wie auch ihrem - vor kurzen angetrauten - langjährigen Begleiter Helgi Jonsson seit langer Zeit befreundet ist. Der Mann von den Faröer Inseln hatte zuletzt auf seinen Scheiben eine zunehmend elegischere Note angeschlagen und so wunderte es auch nicht, dass er seine Stücke hier solo vorstellte - hauptsächlich am Piano und teilweise an der Gitarre - etwa bei seiner Hommage an die Stones, "Rock'n'Roll-Band", die er mit einer "Rock'n'Roll-Geste" einläutete. Das war ein einzelner, angeschlagener Akkord. "Ich weiß nicht, ob diese Halle so viel Rock'n'Roll überhaupt aushält", scherzte Teitur - der übrigens auch recht passabel Deutsch spricht. Wenn Teitur keine Songs schreibt, die - wie "Rock'n'Roll-Band" - auf TV-Dokumentationen beruhen, erklärt er sich - gewiefter Songschmied der er ist - in seinen lamentösen Epen wie "Home" eher selber. Etwas weniger larmoyant wird es dann, wenn er mit Charakteren hantiert - wie z.B. "Josephine" oder "Katherine The Waitress". Letzterer Track wurde ja soeben von Judith Holofernes als "Jonathan der Kellner" eingedeutscht - worauf Teitur ausdrücklich hinwies. Der skurrile Humor Teiturs zeigte sich dann, als er das Publikum bat, die Grundharmonie des Songs mitzusummen - und dieses dann zunächst versagte. "Das war fürchterlich", meinte er dann nämlich, "das müsst ihr besser hinbekommen." Das klappte dann schließlich auch, was Teitur aber nicht hinderte, den Song mit vielen Stops und Tempiwechseln ziemlich zu zerhacken, Letztlich erfüllte Teitur aber die Aufgabe eines klassischen Anheizers mit Bravour.

Obwohl ihr soeben erschienenes Album "Whispers" heißt und großteils auf dezente, akustische Darbietungen setzt, trat Tina Dico auf dieser Tour mit einer Band auf - freilich ohne Bassisten. Die tiefen Töne musste ihr Gatte Helgi Jonsson (mit dem sie zuletzt alleine getourt war) auf seiner Orgel oder ihr Gitarrist auf den tiefen Saiten seiner E-Gitarre fabrizieren. Dennoch - und vielleicht auch, weil es einen ausgedehnten akustischen Teil mit einer längeren Solo-Passage gab - entstand am Ende nicht der Eindruck, dass etwa etwas fehlte. Die genannten "Whispers" kamen jedoch am Ende an anderen Stellen zum Vorschein, als etwa beim hier ziemlich Blues-lastigen, lauten Titelsong des neuen Albums. Interessant war auch der Umstand, dass die Stücke - nicht zuletzt aufgrund des ungewöhnlichen Band-Settings - zum Teil recht aufregend umarrangiert worden waren. Das galt auch für ältere Tracks wie z.B. "Sacre Coeur", bei dem Helgi beherzt zu einer Posaune griff, der er wahrlich beeindruckende Klang-Berge entlockte. Zusätzlich zum Einsatz kamen später eine E-Bouzouki, diverse Percussion-Instrumente und Effekte sowie ein von Helgi dezidiert nicht countrymäßig eingesetztes Banjo.

Obwohl die meisten der Fans Tina Dico ja augenscheinlich gut kannten, ließ es sich die Dame nicht nehmen, den Sinngehalt auch älterer Tracks kurz zu umreißen. Insgesamt konnte man sich so ein ganz gutes Bild über die Gedankenwelt der eifrig herumreisenden Dänin machen (die mit Helgi und den gemeinsamen Kindern heutzutage in Rejkjavik lebt). In ihren Songs geht es des Öfteren darum, dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint: "Copenhagen" ist etwa kein Song über die Stadt Kopenhagen, sondern einer der dafür plädiert, im hier und jetzt zu leben und zu sein. In "The Other Side" (das übrigens vom sehr aktiven Publikum aktiv rhythmisch gekapert wurde) geht es darum, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns oder der Tür eben doch nicht immer grüner ist... usw.

Wichtiger Bestandteil einer jeden Tina Dico-Show, sind auch immer die humorigen Zwiegespräche zwischen Tina und Helgi (der ja bekanntlich aufgrund seiner Wiener Zeit mit einem lustigen Wiener Akzent deutsch spricht). Um etwa das Publikum zu motivieren, an einem Dienstag Gesangs-Party zu machen, meinte Tina entschuldigend: "Für uns ist ja jeder Abend ein Freitagabend" - woraufhin Helgi ergänzte: "Außer den Samstagabenden - das sind dann Samstage." Aber auch Tina hatte einige komische Momente. Man könne ja im Leben nicht alles kontrollieren - meinte sie etwa - schon gar nicht das Stimmen der Gitarre. Und als sie den neuen Song "Old Friends" erklärte (der aus ihrer Angst entstanden sei, dass ihre alten Freunde aufgrund ihrer rastlosen Herumreiserei sie irgendwann vergessen könnten), meinte sie schmunzelnd "Übrigens - man kann keine alten Freunde machen" - woraufhin Helgi ergänzte "Das müsst ihr mitschreiben." Der Erfolg von Tina Dico liegt vielleicht auch daran, dass ihre Songs trotz aller Metaphern und Bilder - und wohl auch aufgrund dessen, dass sie eben keine muttersprachliche Songwriterin ist - sehr gut zu verstehen und nachzuvollziehen sind. Das zeigte sich auch bei den Solo-Nummern, denen man durchaus gerne auch wegen der Texte zuhört.

Insgesamt bot diese Abend eine klassische Tina Dico-Performance und als sie gegen Ende des ziemlich langen Sets meinte, "Es ist wirklich eine Freude für euch zu spielen", nahm man ihr diese Freude auch gerne ab. Das Publikum jedenfalls schien restlos beglückt. Es bleibt also nur eine Sorge: Hoffentlich tritt sie bei ihrem nächsten Kölner Konzert nicht in einer noch größeren Halle auf.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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