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04.12.2015
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Der Mann im Mond

El Vy
The Penny Serfs

Köln, Kantine
04.12.2015

El Vy
Da hatte es sich also doch herum gesprochen, dass sich hinter dem kuriosen Bandnamen El Vy vor allen Dingen Matt Berninger von The National verbirgt. Und so war dann die Kantine in Köln ziemlich gut mit National-Fans gefüllt, die z.T. weit angereist waren, um auf diese Weise ihrem Idol noch mal ganz nahe sein zu können (denn die Zeiten, in denen The National in kleinen Clubs auf Tuchfühlung mit dem Publikum gingen, sind bekanntlich vorbei). Freilich: Wie schon auf dem zugrundeliegenden Album deutlich gemacht wurde, gab es auch bei dem Konzert in der Kölner Kantine nur bedingt eine National-Variante zu bestaunen. Das liegt vor allen Dingen daran, dass Matts Projektpartner, der umtriebige Brent Knopf (seines Zeichens versierter Indie-Musikant mit seinen Projekten Menomena und aktuell Ramona Falls sowie als Produzent für z.B. Dear Reader gut im Geschäft) musikalisch ganz andere Akzente setzt, als dies die Musiker von The National tun. Matt Berninger bleibt sich freilich als Sänger eher treu - gleichwohl die auf fiktiven Charakteren aber eigenen Erlebnissen basierenden Songs von El Vy zu den persönlichsten und konkretesten gehören, die der ansonsten für blumige Metaphern bekannte Lyriker Berninger bislang zusammen trug.

Musikalisch gab es zunächst allerdings erst mal eine Art Antiklimax. Die als Support gebuchte, kalifornische Slacker-Band The Penny Serfs lag nämlich klangtechnisch auf einer ganz anderen Schiene als El Vy. Es gab eine Art psychedelisch aufgedröselten Trash-Power-Pop mit je einer Prise Paisley Underground und Acid. Dass die Band sich laut ihrer Facebook-Seite von britischen Acts wie den Beatles und den Kinks beeinflusst fühlt, war dann am Songaufbau und starken Refrains zu erkennen. ABER: Obwohl das Material an sich zumindest technisch adäquat dargeboten wurde und sogar ein Phaser zum Einsatz kam, wie man ihn seit "Itchicoo Park" nicht mehr gehört hatte, litt das Ganze doch am unterirdisch atonalen Gesang von Frontmann Kyle Lewis, der regelmäßig fernab der notwendigen Tonlage agierte und keine Verbindung zu den Harmonien seiner Kollegen herstellen konnte. Mag sein, dass das am beengten Bühnen-Setting und den schlecht platzierten Monitoren lag - es nervte aber dennoch mächtig. Ganz davon abgesehen machen die Penny Serfs eine Art von Musik, die bestenfalls für neu hinzugekommene, jugendliche Musikfans, die etwa die Kinks noch nicht gehört haben, von Bedeutung sein mag - denn irgendetwas Spannendes oder Neues war nun nicht gerade dabei. Immerhin machten sich die Jungs im Folgenden als Roadies und Bühnentechniker noch nützlich.

Nach einer zwangsläufig längeren Umbaupause, in der erst mal das ganze Equipment der Penny Serfs weggeräumt werden musste, betraten dann gegen 21:00 Uhr Berninger und seine Mannen die Bühnen. Um sich auch optisch von The National abzusetzen, erschien er in demselben Style, wie auf dem Cover der CD - also mit Bart und Hornbrille - vor allen Dingen aber (und das war wichtig) in weißer Kleidung. Denn das Beleuchtungskonzept des Abends bestand hauptsächlich aus vier Laser-Projektoren, mittels derer Videos auf die Musiker und den Kunstnebel projiziert wurden. Hört sich seltsam an, machte aber im allgemeinen Sinn, da dadurch der New Wave-Touch, der sich durch die El Vy-Mucke eh einstellte, auch optisch untermauert wurde. Außerdem waren die Musiker so tatsächlich ab und an zu sehen - was bei solchen Experimenten ja nicht immer der Fall ist.

Berninger schien ziemlich nervös zu sein und lief wie ein eingesperrter Tiger auf der Bühne hin und her, sang konzentriert mit geschlossenen Augen, legte erkennbar mehr Emotionen und Power in seinen Vortrag (als bei manchem National-Konzert) - und verließ die Bühne in der Mitte des Sets für eine Pinkelpause. "Ich habe tatsächlich vergessen, vor der Show auf die Toilette zu gehen", entschuldigte er sich (da der sichtlich erheiterte Brent Knopf Mühe hatte, die Kunstpause mit Sprüchen auf passablem Deutsch zu überbrücken), "das ist mir auch noch nicht passiert." Musikalisch gab es in etwa das, was auch auf der CD geboten wurde - wobei sich allerdings eher irritierend bemerkbar machte, dass man sich keinen eigenen Keyboarder geleistet hatte. Nicht, dass Knopf Gitarre und Keyboards nicht hätte bedienen können - es ging halt nur nicht gleichzeitig, so dass hier öfter etwas zu fehlen schien. Das war insofern schade, als dass das Markenzeichen des El Vy-Sounds ja der Mix aus New Wave-Gitarren und Keyboard-Sounds ist. Gewissermaßen wurde das teilweise dadurch kompensiert, dass man die Tracks gegenüber der Studio-Versionen schon aufbohrte, verlängerte und/oder verschleppte. Da die CD aber dennoch gerade mal aus 11 Stücken besteht, und es offensichtlich vermieden werden sollte, Material der anderen Band-Projekte einzubinden, hatte man sich zum Aufstocken der Setlist eine Coverversion - "She Drives Me Crazy" von den Fine Young Cannibals ausgesucht. Hier legte sich Berninger so richtig ins Zeug, kollabierte auf der Bühne vor sich hin und brüllte sich im Refrain sozusagen heiser. Da dieser Song musikalisch - auch vom Sound - sehr gut in das El Vy-Setting passte, mit der knackigen Hookline auch gleich der rockigste des ganzen Sets war und vom Publikum offensichtlich auch wiedererkannt wurde, schlug hier das Applausometer tatsächlich am stärksten aus (vielleicht abgesehen von dem Titeltrack "Return To The Moon", der auch tüchtig von vielen Fans mitgesungen wurde).

Insgesamt präsentierte sich Berninger in dem eher spacigen Setting am Ende tatsächlich als eine Art Mann im Mond. Allerdings einer, der den Fans näher war, als üblich zu sein scheint. Nach gut einer Stunde war dann der Spuk auch schon wieder vorbei. Fazit: Für ein bloßes Neben-Projekt bieten Berninger und Knopf eigentlich eine kurzweilge, unterhaltsame zusätzliche Facette zu den bekannten Schattierungen ihrer selbst.

Surfempfehlung:
www.elvy.co
www.facebook.com/ELVYclub
www.facebook.com/ThePennySerfs

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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