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17.11.2016
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Lieder im Weltall

Apples In Space

Köln, Die Lichtung
17.11.2016

Apples In Space
Ein interessantes und schmackhaftes Gericht müsste es geben, wenn die Äpfel im Weltall auf die Schweine im Weltall treffen. Das ist aber eher unwahrscheinlich, denn die Band aus Berlin Moabit fliegt durch ein ganz eigenes (musikalisches) Universum. Soeben ist das zweite Album des Projektes, das dereinst von Phil Haußmann und Julie Mehlum als deutsch/norwegisches Duo-Projekt zwischen Oslo und Berlin losgetreten wurde, erschienen. Heute sind Apples In Space kein Duo mehr, sondern eine echte Band. Darauf legen Phil und Julie besonderen Wert - auch wenn hauptsächlich sie nach wie vor die phantastisch episch ausufernden Folkpop-Songs, die die Basis der Apfelwirtschaft ausmachen, schreiben. Auf jeden Fall ist ein Apples In Space-Konzert - wie jenes in der Kölner Lichtung - ein echtes Banderlebnis.

Zwar ließen sich Phil und Julie auch dazu hinreißen, ein paar Songs als Duett vorzutragen (darunter eine charmante Unplugged-Version ihrer Leonard Cohen-Hommage "Manor Hotel" (das Phil scherzhaft als "Chelsea Hotel II" bezeichnete), aber so richtig in Fahrt kommt die Sache erst, wenn inklusive Rhythmusgruppe losgelegt wird. Dabei überraschte dann der zwar indiemäßig schrammelig ausgelegte, aber unter dem Strich wirklich ordentliche Live-Sound, den das Quartett entwickelte. Das Programm des Abends bestand aus einer spontan zusammengestellten Folge von Tracks des Debütalbums und der aktuellen CD. Dass es dabei auf der Bühne zuweilen Abstimmungsprobleme gab, hat einen sehr einfachen, einleuchtenden Grund, wie Phil erklärte. Denn man möge es nicht, jeden Abend dieselbe Setlist zu spielen, weswegen diese erst kurz vor der Show, spontan festgelegt werde. Keine Frage: So etwas zeichnet eine ordentliche Live-Band mit den Herzen am rechten Fleck aus. Zunächst musste sich die Band zwar ein wenig warm spielen (so sang Phil die ersten Songs konsequent mit geschlossenen Augen und nutzte jede Gelegenheit, sich zu seinen Musikern hinzuwenden) - das gab sich aber mit der Zeit, sodass der Kontakt zum Publikum - und die Stimmung auf und vor der Bühne - stetig besser wurde. Dabei nahmen sich Phil und gelegentlich auch Julie durchaus Zeit, die Geheimnisse ihrer von humorvollen, philosophischen Wortspielereien und allerlei Referenzen durchzogenen Songs zu erläutern, die zuweilen (wie der Date-Rape-Song "Behind Closed Doors") dann auch ihren - trotz der meist gut gelaunt angelegten Musik - überraschend düsteren Kern offenbarten. Dabei scheinen Apples In Space aber zu jener Gattung von Songwritern zu gehören, die über alles und jede(n) Songs schreiben können. Auch zum Beispiel über den November (was ja ganz gut passte), den Mond, Papierstädte, Vespas oder Personen, die ihnen etwas bedeuten. Auch eine Hymne an das Musikanteleben per se - "A Tin Can Odyssey" - gehört dazu; und die wurde als letzte Zugabe zum grandiosen Finale der überraschend vollständigen Show gegeben. Notiz am Rande: Obwohl der Song im gleichen Geiste daher swingt wie der "Fisherman's Blues" der Waterboys, ist das eine Eigenleistung - denn Phil und Julie kennen die Waterboys gar nicht. Aber vielleicht ist das auch ein Zeichen dafür, mit welcher Selbstverständlichkeit sich die Apples In Space in das Medium des Folkpops eingearbeitet haben. Jedenfalls gelingt es ihnen heutzutage mühelos, einen potentiellen Instant-Genre-Klassiker nach dem anderen aus den Ärmeln zu schütteln.

Wie auch auf den Scheiben ergänzen sich Phil und Julie beim Vortrag gesanglich perfekt. Das heißt: Eigentlich nicht perfekt, denn tatsächlich haben Phil und Julie sehr unterschiedliche Stimmen. Aber indem sie das meiste inbrünstig zusammen vortragen, ergibt sich so ein sympathisch organischer Duo-Gesang, bei dem die persönlichen Vibes des Paares sich unmittelbar auf die musikalische Darbietung übertragen. Will meinen: Glaubwürdiger und nachvollziehbarer könnten sie das kaum hinbekommen. Dass bei all dem natürlich nichts wirklich Neues entsteht, spielt schlicht überhaupt keine Rolle, denn wer sein Material mit so viel Begeisterung, Inbrunst, Empathie und Verve darzubieten weiß, wie die Apples In Space, der kann eigentlich spielen, was er will. Dass die Band tatsächlich aber über einen Fundus großartiger Songs verfügt, ist da eigentlich nur noch ein Bonus - der indes viele ähnlich gelagerte Projekte (insbesondere auch muttersprachlicher Art) im Vergleich bemerkenswert blass aussehen lässt.

Surfempfehlung:
apples-in-space.com
www.facebook.com/applesinspace

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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