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11.12.2000
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Große Kunst im kleinen Kreis

Toshack Highway

Krefeld, Spexx
11.12.2000

Toshack Highway
Für dich ist Swervedriver eine der besten Bands der 90er Jahre? Du würdest für eine Liveshow von Spiritualized dein letztes Gramm Koks hergeben? Du hörst die Platten von Sophia immer dann, wenn du richtig am Ende bist, und schon geht's dir besser? Dann stehen zwei Dinge fest: Erstens darfst du dir bescheinigen lassen, einen ungewöhnlich guten Musikgeschmack zu haben, und zweitens musst du dir die Frage gefallen lassen, warum zum Teufel du am 11.12. nicht in Krefeld gewesen bist.

Toshack Highway
Denn dort spielten Toshack Highway, also das neue Projekt von Swervedriver-Ideengeber Adam Franklin, die es wie keine zweite Band verstehen, die bombastische Eleganz von Spiritualized und die herzergreifende Melancholie von Sophia zu verbinden. Letzteres ist nicht besonders verwunderlich, sind doch die Livebands von Toshack Highway und Sophia fast identisch, mal abgesehen davon, dass Robin Proper-Sheppard bei Toshack Highway Bass spielt und Adam Franklin nicht nur die sechs Saiten bedient, sondern auch singt. Das Traurige ist nur: Während Sophia auch an einem Montagabend in einem für seine Konzertveranstaltungen (noch) nicht gerade berühmten Laden ihr Publikum finden, schafften Toshack Highway genau das nicht. Und so spielten sie ihre wirklich ausgezeichnete Show - Tontechniker, Barmann und Konzertveranstalter schon mitgerechnet - vor gerade einmal neun (9!!!) Zuschauern. Und als wäre das nicht alleine schon Grund zum Heulen gewesen, spielte Adam wie zum Trotz schon beim Soundcheck eine lässige Soloversion des Velvet-Underground-Klassikers "Candy Says", die euren angereisten Korrespondenten schon vor der eigentlichen Show fast zum Weinen gebracht hätte - vor Freude, versteht sich.

Toshack Highway
Dass das Konzert ob des nicht-existenten Publikums nicht gerade einen Freudentaumel bei den vier Musikern auslöste war logisch. Passenderweise war die Bühne des Spexx dazu fast in völlige Dunkelheit gehüllt, abgesehen von der schicken Lichtorgel im Hintergrund, die mit einem Geräuschsensor ausgestattet war und parallel zur Band streckenweise gut auf Touren kam, was von Robin augenzwinkernd mit: "Ich komme mir vor wie bei 'Wer Wird Millionär?'" kommentiert wurde. Immerhin konnten die Briten mit einem trotzdem ausgezeichneten Konzert andeuten, wieviel genialer die Show hätte sein können, wenn sich mehr als eine Handvoll Leute dafür interessiert hätte. Vor allem die alten Swervedriver-Fans, denen das selbstbetitelte Debutalbum von Toshack Highway dieses Frühjahr zu sanft war und die die stellenweise brachialen Ausbrüche von Adams alter Band vermissten, dürfen sich ärgern. Denn auf der Bühne klangen auch Toshack Highway wesentlich ungehobelter und schienen im Gegensatz zum Album kaum noch etwas mit Sophia zu tun zu haben. "I've Lost The Feeling" endete in einem gewaltigen Soundkaleidoskop, das sich bei der Studioversion allenfalls erahnen lässt, und "Board The Bullet Train" kokettierte in der knalligen Livefassung auch viel mehr mit den My-Bloody-Valentine-Anleihen, die die Albumversion auch nur andeutet.

Will meinen? Es war ein großartiges Konzert und ihr habt's verpasst. Bis zum nächsten Mal dürft ihr zeigen, dass man aus Fehlern lernen kann.

Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-
 

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