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16.05.2002
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Trash/Rock N Roll

Readymade
Virgina Jetzt!

Krefeld, Kulturfabrik
16.05.2002

Readymade
Eigentlich war es ja "nur" eine Aufwärmshow für die anstehende Festivalsaison, aber irgendwie dann doch mehr: Schon vor der Show erzählten uns Readymade freudestrahlend, das Konzert am Vortag in Potsdam wäre ihr bester Auftritt seit Jahren gewesen, und Schlagzeuger Udo Masshoff ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen, er spiele lieber vor 100 Leuten, die wegen Readymade gekommen seien, als vor 1 500, die wegen Jimmy Eat World da seien. Viel mehr als die erwähnten 100 Seelen hatten sich denn auch nicht in der Kufa eingefunden, was ob der langen Live-Abstinenz des Wiesbadener Quartetts eher auf die Gesetze des Musikmarktes denn auf mangelnde musikalische Qualität zurückzuführen ist.

Jedenfalls wurde es ein wirklich toller Abend, den Virginia Jetzt! eröffneten. Und deren sommerliche Pophymnen paßten nicht nur perfekt zum Wetter, sondern bewiesen einmal mehr, daß deutschsprachige Popmusik nicht kopflastig geraten muß, um intelligent zu sein. Weil die beiden Bands mit Verspätung in Krefeld eingetroffen waren, hatte die Band ein wenig mit dem Sound zu kämpfen, aber mit großartigen Songs wie "Fast wie Giganten" oder "Love Nightliner" aus ihrer neuen EP "Mein Sein" im Gepäck konnten die vier trotzdem mehr als nur überzeugen. Irgendwie schafften sie es auch, zwischendurch Pavements "Shady Lane" anzuspielen, was zu einem skurrilen Dialog mit dem Publikum führte, der in der Aussage "Pavement kommen aus Krefeld" gipfelte. Jungs, wir glauben euch einfach alles!

Und dann: Readymade, die angetreten waren, um die neuen Songs ihres dritten Albums "The Feeling Modified", das nun endlich im Juli erscheinen soll, vor zahlender Kundschaft zu testen. Deshalb hauten sie uns auch gleich einmal das ungewohnt trashige "Getaway" um die Ohren, und zwar mit fast unbändiger Power, als wollten sie noch einmal musikalisch unterstreichen, wie froh sie darüber waren, endlich wieder - noch dazu vor eigenem Publikum - auf der Bühne stehen zu können. Jedenfalls mischten sich die neuen Songs problemlos unter die alten Favoriten à la "It Could Be Nice", "When I Grow Up" oder "All These Things". "Day 2" büßte ein wenig sein hymnisches Brit-Pop-Feeling der Studioversion ein, ähnlich wie auch das epische "The Tease" ("Das sollte man mit 'Die Zicke' übersetzen", klärte Sänger Zac Johnson das Publikum auf), aber letztendlich war das mehr als in Ordnung, daß an diesem Abend auf willkommene Weise das Rock N Roll-Feeling überwog. Frei nach dem Motto: Wer Popmusik von uns will, muß sich dann eben das Album kaufen.

Readymade
Bei ihrem letzten Abstecher nach Krefeld vor drei Jahren hatten die vier witzigerweise spontan auf Zuruf Bryan Adams' "Summer Of 69" zum Besten gegeben, und das schien einigen so gut gefallen zu haben, daß auch dieses Mal wieder danach verlangt wurde. Daß Zac dann wirklich ein paar Zeilen des Songs sang, betonte noch einmal die großartige Stimmung auf und vor der Bühne. Als sich die vier nach einer wirklich mitreißenden Show mit "You Call It Trash, We Call It Rock N Roll" verabschiedeten, ahnten sie auch noch nicht, daß sie bei den Zugaben ungewollt das mit dem Trash und dem Rock N Roll in die Tat umsetzen würden. Denn auch wenn Zac natürlich beim finalen Hammer "Stromgitarre" vor dem Verstärker kniend schon ein wenig mit den typischen Rock N Roll-Klischees kokettieren wollte, hatte er doch ganz sicher nicht beabsichtigt, mit dem letzten Akkord seine brandneue Gibson SG zu zerstören. Doch eh er sich versah, lag die Gitarre in zwei Teilen, mit abgebrochenem Hals auf der Bühne - was Zac in einer Mischung aus Wut, Entsetzen und Schock dazu veranlaßte, auch noch in Udos ebenfalls ziemlich neues Drumkit zu springen... Für die Band war das zwar alles andere als witzig, für das Publikum aber war es irgendwie dennoch der perfekte Schlußpunkt für eine vor Energie übersprühende Show. Stellt sich noch die Frage: Wenn das jetzt nur die Aufwärmrunde war, wie gut wollen sie dann eigentlich noch werden?

Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-
 

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