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16.11.2009
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Zufrieden

Billy Talent

Bielefeld, Seidenstickerhalle
16.11.2009

Billy Talent
Mit dem rechten Bein steht er auf der Monitorbox, beugt sich weit nach vorne in Richtung Publikum. Schweiß tropft auf den Bühnenboden. Benjamin Kowalewicz verharrt kurz, lässt seinen Blick über die Zuschauer schweifen, holt tief Luft und rennt wieder los. Von links nach rechts, zurück zum Schlagzeug und wieder nach vorne zum Bühnenrand. Zwischendurch klettert er mal auf eine der Boxen und lässt sich, passend zur treibenden Musik, von dieser auf die Bühne fallen. Der charmante Frontmann gibt Vollgas, schraubt seine Stimme in ungeahnte Höhen, kreischt mit schmerzvoll verzogenem Gesicht seine Fans an, um dann wieder die nächste Melodie-Linie zu singen.

Es ist 22.30 Uhr in der Bielefelder Seidenstickerhalle und bisher läuft alles besser, als es sich der Billy-Talent-Frontmann zum Auftakt der Deutschland-Tour ausgemalt hatte. Klar, der Kanadier ist sich bewusst, dass er diesmal bei seinem Gastspiel in Bielefeld in einer größeren Halle spielen darf, dass mehr Karten für das Konzert verkauft wurden, als beim letzten Mal. Doch die Reaktion des Publikums - die kann keiner vorher einschätzen. Vor allen Dingen nicht bei diesem Völkchen, in "East-Westphalia", das, wie Ben vorher gehört hat, so launisch ist, wie das irische Wetter im Frühjahr. Außerdem kommt seine hohe Stimme, die oft in ein Kreischen übergeht, nicht bei jedem gut an. Doch das Publikum in Bielefeld scheint begeistert zu sein. "Fuck, this is great", murmelt Ben kaum hörbar in sein Mikrofon, als er die vielen jungen und nicht mehr so jungen Fans im Takt der Musik hochspringen sieht - nicht nur in den ersten Reihen, sondern bis in die hinteren Reihen. Rund 5.000 Zuschauer, die nie still stehen, mitsingen und zwischen den Songs immer zu kreischen anfangen, als würden sie eine Boygroup begrüßen wollen.

Genau genommen waren Billy Talent ja auch eine solche Gruppe. Nur, dass sie nicht gecastet wurden, sondern sich schon seit der Highschool-Zeit kennen und seit 15 Jahren zusammen Musik machen. In Kanada sind sie schon lange bekannt, in Deutschland waren die mittlerweile erwachsenen Rock-Musiker lange ein Geheimtipp, schafften den Durchbruch schließlich mit ihrem Album "II" und schlossen mit der in diesem Jahr erschienen, großartigen CD "III" nahtlos an die Erfolge an. Live gewinnt der Sound der Kanadier an Druck und Härte, Hits wie "Devil In A Midnight Mass", "Red Flag" und "Fallen Leaves", die schließlich als Zugabe geboten werden, werden noch schneller gespielt, als sie überhaupt schon sind. Die mehrstimmigen Gesänge sitzen perfekt, die Tonlage der Songs wird von Ian D’Sa (Gitarre ) und Jon Gallant (Bass) immer getroffen - die Zuschauer merken, dass die Musiker schon länger zusammen auf Tour sind und seit einigen Wochen fast jeden Abend zusammen live auf der Bühne stehen. Denn Bielefeld ist ja nur der Auftakt der deutschen Tour-Termine.

Zwischendurch zeigen Billy Talent dann, dass sie nicht ausschließlich für schnelle Rockmusik stehen, sondern auch gefühlvolle Nummern, wie "Rusted From The Rain" und "Surrender" perfekt beherrschen. Wenig überraschend ist nach 70 Minuten schon wieder alles vorbei. Was bei "normalen" Rockgruppen zu Unverständnis führen würde, ist bei Billy Talent jedoch absolut nachvollziehbar. Schließlich geben die vier die ganze Show lang Vollgas, Zeit zum Verschnaufen bleibt ihnen kaum. Dazu kommt, dass Schlagzeuger Aaron Solowoniuk vor rund einem Jahrzehnt unheilbar an Multipler Sklerose erkrankt ist. Zwar geht es ihm gut, dennoch achten seine Bandkollegen darauf, dass er sich während einer Tournee nicht zu sehr verausgabt. Trotzdem murren einige der Anwesenden, als das Hallenlicht schließlich angeht. Vielleicht wäre es ihnen ja lieber, dass Billy Talent noch drei, vier Songs mehr spielen, dafür aber qualitativ nicht mehr die Leistung bringen, die das Publikum gewohnt ist? Wer nicht meckert, der verlässt zufrieden und ausgepowert eine großartige Show - mit der Hoffnung die vier Kanadier bald wieder begrüßen zu dürfen. Und Ben? Der ist absolut zufrieden mit dem Publikum. "Bleibt nur zu hoffen, dass es während der restlichen Deutschland-Termine so gut bleiben wird", sagt der charmante Kanadier.

Surfempfehlung:
www.billytalent.com
www.billy-talent.de
www.myspace.com/billytalent

Text: -Esther Mai-
Foto: -Pressefreigabe-
 

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