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27.04.2010
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Der Wiederholungstäter

Kieran Goss
Brendan & Declan Murphy

Köln, Kulturkirche
27.04.2010

Kieran Goss
Wahrlich nicht zum ersten Mal gastierte Kieran Goss in der Kölner Kulturkirche. Ganz im Gegenteil: Obwohl er nach eigener Aussage lieber in "richtigen" Konzert-Schuppen auftritt, ist der kleine Ire in Köln ein gern gesehener Gast mit einer festen Fan-Basis. Nicht zuletzt deswegen, weil er in seiner Jugend hier für ein Jahr als Straßenmusikant lebte. "Ich komme auch gerne nach Köln, wenn ich nicht singe", meinte Kieran auf Deutsch zu diesem Thema, "um mir den Dom anzuschauen und Kölsch zu trinken." Oft trat Kieran hier solo auf, doch dieses Mal hatte er sich Unterstützung mitgebracht: Den Bassisten Gareth Hughes und die Sängerin Annie Kinsella auf der einen Seite und seine Jugendfreunde, Brendan und Declan Murphy, die als Support Act die Show eröffneten auf der anderen.

Die Gebrüder Brendan und Declan Murphy hatten mal eine Band, die sich 4 Of Us nannte. Nun traten sie quasi als 2 Of Us auf, um die Songs von Brendans kommendem Album "Walk With Me" zu präsentieren (auch wenn sie die Show aus gegebenem Anlass mit der 4 Of Us-Nummer "Midnight Gospel Choir" eröffneten). Die Sache ist die: Im Prinzip war die Band-Version von Anfang an eine Art Irrweg. Das räumten Brendan und Declan auch selbst schon mal ein, indem sie z.B. zugaben, ein ganzes Rock-orientiertes Album eingestampft zu haben. Denn im Grunde ist Brendan ein ganz "normaler", sentimental-romantischer Songwriter in klassischer irischer Tradition (ganz ähnlich wie Kieran) und Declan ist nur den Bewegungen nach ein Rockmusiker: Sein Gitarrenspiel ist vielmehr eine Art streng abgezirkelter Kunstform, mittels derer er möglichst unauffällig, aber effektiv im Sinne des jeweiligen Songs unterwegs ist. Solcherlei Zurückhaltung wünschte man sich zuweilen von so manchem anderen Gitarristen. Auch Brendan ist kein Mann großer Gesten. Er singt mit klarer, geradliniger Stimme einfache Songs, die von Herzen kommen und - was fast noch wichtiger ist - glaubhaft präsentiert werden (nicht zuletzt, weil sie einfach dem eigenen Erleben entstammen). So etwa der Titelsong seines Albums oder auch der irische Folksong "Carrickfergus", der Brendan deswegen am Herzen liege, weil alle drei irische Hauptthemen - religiöser Zweifel, das Trinken und der Tod - hierin zum Ausdruck kämen. Brendan und Kieran sind nicht nur zusammen auf dieselbe Schule und dieselbe Uni gegangen, sondern haben auch als Musiker des Öfteren zusammen gearbeitet. Deswegen war es nicht verwunderlich, dass beide von des anderen Arbeit über die Maßen angetan waren und Kieran im Folgenden die Murphy Brüder noch mehrmals auf die Bühne bat.

Wie üblich, war der Auftritt Kierans dann eine ausgewogene Mischung aus Musikdarbietung und Comedy-Performance. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit der kleine Ire charmant-amüsante Anekdoten aus dem Hut zaubert (oder im Zusammenspiel mit dem Publikum inszeniert), die niemals langweilig werden. "Meine Kindheit war ganz normal", erklärte er z. B. seinen Song "A Boys Treasure", in dem er seine Kindheitserinnerungen verarbeitete, "nur dass wir 14 Geschwister waren, die alle klein und glatzköpfig sind. Auch die Frauen." In diesem Sinne ging das dann den ganzen Abend weiter. Ein Teil des Charmes dabei ist dabei der, dass Kieran bei diesen Zwischenspiel durchaus selbstironisch mit seinem Image spielt, ein wenig herumprahlt, mit seinen Musikern und dem Publikum flachst - und dabei niemanden schlecht aussehen lässt. Ganz nebenbei erfährt man dann auch, worum es ein seinen Songs geht. Der Anlass der aktuellen Tour ist dabei Kierans neues Album "For The Record" - einer Wortspielerei, die unter anderem bedeuten könnte, dass er da etwas zu Protokoll gibt. Im Wesentlichen ist es aber einfach eine Sammlung neuer Songs - darunter auch der Schunkel-Hit "The Reason Why" - die ihn immer mehr als klassischen Stoiker in Sachen Songwriting ausweist und ihn als eine Art irischen James Taylor erscheinen lassen. Zwar spielte Kieran keine Taylor-Songs, ließ aber Joan Armatradings "The Weakness In Me" und Hank Williams "Won't Be Home No More" einfließen. Letzteres, so erklärte er, deswegen, weil er ein großer Fan echter Country-Musik (im Gegensatz zu Nashville-Country-Pop) sei. Willie Nelson führte er dabei zum Beispiel als Inspirationsquelle an - und auch das macht Sinn, denn wie der Amerikaner ist auch Kieran ein Meister darin, offensichtlich simple Songs zu schreiben, deren Subtilitäten sich erst bei genauem Hinhören offenbaren. "Crazy For Your Love" ist zum Beispiel so eine Nummer. Kieran zeigte an diesem Abend - trotz "großer Besetzung" eher seine balladeske Seite, was aber insbesondere in Bezug auf den z.T. dreistimmigen Harmoniegesang durchaus förderlich war. Dieser Harmoniegesang saß dabei absolut perfekt. Das ging sogar soweit, dass das Vibrato von Kieran und Ann Kinsella (die auch eine gefeierte Solo-Nummer vortragen durfte) gleichgeschaltet erschien.

Wie gesagt holte Kieran dann die Murphy-Brüder für einige Duette gemeinsam geschriebener Songs noch ein Mal auf die Bühne. Und nachdem dann auch Bassist Gareth Hughes einige Solo-Momente feiern durfte, beendete Kieran mit dem Solo vorgetragenen "Out Of My Head" die Show - bevor er dann nahtlos zu den Zugaben überging, zu denen natürlich auch die seit Jahren im Programm befindliche Cover-Version des Soul-Klassikers "Reach Out I'll Be There" gehört, bei der das Publikum als Chor einspringen musste. Auch wenn das nach wie vor bestens funktioniert: Da wünscht man sich doch langsam mal eine andere Nummer. Davon mal abgesehen überzeugte Kieran Goss wieder mal auf ganzer Linie - unter anderem dadurch, dass er vollkommen unspektakulär sein Ding durchzog. Das kann er sich deswegen leisten, weil er ein Publikum "besitzt", um das ihn viele Kollegen beneiden werden und das dankbar alles feiert, was der Meister ihm präsentiert. Da braucht man keine Faxen, um Erfolg zu haben - und man kann auch ruhig so aussehen, wie Kieran Goss.

Surfempfehlung:
www.kierangoss.com
www.myspace.com/kierangoss

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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