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27.05.2010
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Nicht von Mami angestiftet

Niels Frevert

Duisburg, Zum Hübi
27.05.2010

Niels Frevert
Sachen gibt's! Da hätten wir in den zwei Jahren, die seit der Veröffentlichung seines brillanten letzten Albums "Du kannst mich an der Ecke rauslassen" vergangen sind, fast vergessen, dass es einen wie Niels Frevert in Deutschland kein zweites Mal gibt! "Wie kann man das denn bitte schön vergessen?", werdet ihr mit Recht fragen, und es ist uns auch wirklich unerklärlich, aber umso schöner war es, uns bei seinem famosen Konzert in der kurzerhand zur Lounge des Akzente-Festivals umfunktionierten Kneipe Zum Hübi am Duisburger Hafen einmal mehr von der einzigartigen Stimmung der großartigen Songs des Hamburger Singer / Songwriters verzaubern zu lassen.

Gleich für die erste Nummer griff Frevert zur Akustikgitarre und begann das Konzert mit dem herrlichen "Baukran". Vor zwei Jahren, als er kurz nach der Veröffentlichung der letzten Platte erstmals die elektrische Gitarre gegen die akustische eingetauscht hatte, wirkten die Unplugged-Nummern bisweilen noch etwas ungelenk, fast sie Fremdkörper. Vermutlich waren die damals einfach noch ungewohnt - für das Publikum, aber auch für den Künstler. Jetzt unterstrichen die akustischen Klänge die sanfte Ruhe der (nicht mehr ganz so) neuen Songs schlichtweg perfekt. Dass die Melancholie, die bei Singer / Songwritern mit Akustikgitarren oft allgegenwärtig ist, an diesem Abend dennoch nicht überhandnahm, lag wohl auch daran, dass Frevert zwar gesundheitlich etwas angeschlagen, aber dennoch bester Dinge war. So erzählte er vor dem großartigen "Niendorfer Gehege" lang und breit von seiner Begegnung mit Olli Schulz und der gemeinsamen Liebe zum Wurst Willi, parierte den fast unausweichlichen Songwunsch eines Ahnungslosen, der unbedingt "Zimmer eines Irren" von Nationalgalerie hören wollte, erst mit komischer Theatralik und dann locker mit: "Man kann nicht immer alles haben", machte Scherze über den etwas zu schmal geratenen schwarzen Vorhang vor den Fenstern, der eigentlich das Sonnenlicht aus dem Saal fernhalten sollte, oder "interviewte" die drei kleinen Kinder, die zu seinen Füßen am Bühnenrand kauerten.

Für "S.O.S." griff er dann zur Stromgitarre und tauschte kontemplative Sanftheit gegen elektrisierende Spannung. Ließ man bei den vielleicht besten Songs des Abends, "Seltsam öffne mich" und "Weil du anders bist", den Blick durch das Publikum im proppenvollen Laden schweifen, sah man überall nur in fast schon entrückt grinsende, freudestrahlende Gesichter. Diese Lizenz zum Glücklichmachen, die hat in Deutschland wohl wahrlich nur Frevert! Apropos Glücklichmachen: Die Frage, ob noch irgendjemand etwas zu sagen hätte, bevor er das nächste Lied spiele, hätte er sich besser verkniffen. Eins der drei bereits erwähnten kleinen Kids rief nämlich mutig "Sieben"! Zunächst dachte Frevert wohl noch, dass er um die Erfüllung des Songwunsches herumkäme, indem er trocken fragte: "Hat deine Mami dich angestiftet?" Doch als sich herausstellte, dass es sich tatsächlich um das Lieblingslied des ungefähr achtjährigen Mädels handelte, schlug er sichtlich erschüttert die Hände vor's Gesicht: Er habe den Song völlig aus seinem Gedächtnis gestrichen und könne leider den Text nicht mehr! Um die Situation zu retten, spielte er immerhin noch den Refrain... Das (vorläufige) Finale bestand anschließend aus dem immer wieder wunderbaren "Wann kommst du vorbei" (Frevert: "Ein kurzes Lied über langes Warten") und das vom Discokugellicht treffend illuminierte "Einwegfeuerzeugstichflamme".

Vor der Zugabe mehrten sich dann die Rufe nach Songs der Nationalgalerie, doch die Hoffnung erstickte Frevert genauso umgehend wie wohlformuliert im Keim: "Ich bin nicht mehr der Ex-Sänger von...", ließ er uns wissen und spielte stattdessen lieber "Aufgewacht auf Sand" und "Waschmaschine". Weil der Jubel danach trotz der "verweigerten" Wünsche keine Grenzen kannte, gab es sogar noch eine weitere Zugabe und "Glückskeks" ganz am Schluss.

Surfempfehlung:
www.nielsfrevert.net
www.myspace.com/nielsfrevert
www.tapeterecords.de/index.php?id=14
www.tuetensuppe24.de

Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-
 

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