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23.09.2001
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Back To The Future

Sahara Hotnights

Köln, Prime Club
23.09.2001

Sahara Hotnights
Die Sahara Hotnights schauen irgendwie mißtrauisch drein. Später erfahren wir dann, daß sie wohl am Vormittag durch eher unsachliche Interviews genervt worden sind. Vielleicht liegt es aber auch generell daran, daß vier Mädels im Alter von ca. 20 Jahren, die harte Rockmusik im Stile etwa der Stooges spielen, zunächst mal nicht ernst genommen werden (Ein Schicksal, über das sich ihre Kolleginnen von den Donnas, mit denen sie vor einigen Monaten tourten, gerne und lange auslassen). Dabei darf man im Falle der Hotnights aus Schweden getrost alle Bedenken beiseite schieben: Hier gibt's die wahre Droge, und das pausenlos. Auf die Frage z.B., wann man denn mal eine Ballade erwarten dürfen, gibt's nicht mal ein müdes Grinsen. "Das könnten wir wohl", meint Gitarristin Jennie Asplund, "aber nicht hier und jetzt. Jetzt ist uns der Rock'n'Roll wichtig." Was ja im Grunde genommen auch richtig ist, denn später im Leben fehlt ja zweifelsohne die Energie, mit der die Band jetzt zu Werke geht.

Sahara Hotnights
Neben einer stilechten, ohrenbetäubenden Lautstärke fahren die Damen alles auf, was zu einer guten Rock-Show gehört: Da gibt's coole Posen, unbändige Energie, kurze, knappe Rocksongs mit ebensolchen Gitarrenriffs und Soli (da wird alles knapp auf den Punkt gebracht) und Schlagzeugerin Josephine Forsman treibt die ganze Sache mit der Energie einer Ausdauersprortlerin an. Wenn die Mädels mal keine Spätfolgen davontragen! Von Sehnenscheidenentzündungen bis hin zu Blasen auf den Stimmbändern ist jedenfalls alles drin. Wer mal eine Show der Hotnights gesehen hat, dem wird aufgefallen sein, daß die Energie der Sets sich adäquat auf der aktuellen CD, "Jennie Bomb" eingefangen findet. "Das war ja auch unsere Absicht", meint Jennie, "wir haben mit Chips K zusammengearbeitet (ein schwedischer Produzent). Er hat auch die Hellacopters produziert und diesen Sound mochten wir." Viele Bands haben ja Schwierigkeiten, den Live-Sound auf CD einzufangen. Wie haben das denn die Hotnights hinbekommen? "Wenn Du live spielst, kannst Du ja jederzeit auf die Energie und das Feedback aus dem Publikum zurückgreifen", erläutert Bassistin Johanna Asplund (Jennie's Schwester), "im Studio mußt Du Dir was anderes überlegen. Deswegen haben wir viel mit Effektgeräten gearbeitet." "Ja, aber wir waren vorsichtig", wirft Jennie ein, "denn wir hassen es, wenn es zu produziert klingt. Es muß immer schön rauh bleiben." Wie kommt man eigentlich dazu, sich diesen Sound zu Eigen zu machen? Josephine, die mit Sängerin Maria Andersson zusammen die Stücke schreibt (und die ihr Geburtsjahr, 1981, auf den Arm tätowiert hat), beschreibt die Sache so: "Als wir vor sieben Jahren angefangen haben, Musik zu machen, haben wir vorwiegend Nirvana gehört, das ist der Sound mit dem alles begann. Dann haben wir langsam auch andere Sachen gehört. Z.B. die Stooges." Respekt. Man muß mal betonen, daß viele Leute fortgeschritteneren Alters nicht mal wissen, wer die Stooges sind. In der Tat ist es vor allen Dingen deren rauher, polternder Stil, der den Hotnights so liegt. Das liegt aber weniger daran, daß die Hotnights sich bemühen, die Stooges zu kopieren, sondern das kommt dabei heraus, wenn man Rock'n'Roll mit der richtigen Attitüde spielt. Nicht zuletzt deshalb funktionieren die im Prinzip simpel gestrickten Songs auch so gut.

Ebenfalls gut dazu passen tun Maria's Texte, in denen immer wieder Slogans von kampfbereit gestreckten Fäusten (und überhaupt Kampf) auftauchen. Sind die Sahara Hotnights auf einem Kreuzzug? "Nun, wenn Du Texte schreibst, willst Du damit ja etwas aussagen", meint Maria, "und du schreibst Texte ja in bestimmten Situationen. Manchmal fühlst Du Dich ja auch nicht besonders gut. Und das drückt sich dann eben in den Texten aus." Es ist also keine besondere Botschaft, die die Hotnights verbreiten möchten? "Wir haben uns überlegt, ob wir was zum Thema Politik oder Wirtschaft sagen sollten", erläutert Jennie, "und das war eine intensive Diskussion. Wir haben uns dann aber dagegen entschieden, weil wir das langweilig finden." Was ist denn für die Hotnights am schwierigsten, was am schönsten beim Musizieren? "Das schwierigste - jedenfalls für uns - ist das Platten machen", sagt Josephine, "wegen der technischen Aspekte. Du weißt einfach nicht, was Du im Studio tun sollst. Und das schönste ist das Live-Spielen. Und daß wir Spaß dabei haben. Das ist das allerwichtigste - denn ansonsten wäre ja alles umsonst." Dann wollen wir noch wissen, welche Wünsche die Hotnights denn haben. "Ich weiß nicht", überlegt Josephine ehrlich überrascht, "momentan läuft alles ganz gut. Es ist ja so, daß Du Dir Sachen, die uns wichtig sind, nicht mit Geld kaufen kannst." "Ich wüßte etwas, was ich tun würde, wenn ich genügend Geld hätte", wirft Johanna da ein, "ich würde gerne mal mit anderen schwedischen Bands zusammen eine Tour durch England machen. Es ist nämlich so, daß die Engländer so doof sind zu glauben, ihre Bands dort seien das Beste was es gibt. Ich würde denen gerne mal zeigen, was wir in Schweden so drauf haben."

Sahara Hotnights
Das sympathische an den Sahara Hotnights ist, daß sie offensichtlich genau wissen, was sie wollen, was Jennie noch mal zusammenfaßt: "Unser Ziel ist es, uns eine treue Fangemeinde aufzubauen. Wir möchten, daß die Leute uns für sich entdecken. Das wird zwar eine Weile dauern, aber deswegen touren wir ja auch so oft wie möglich." In der Tat ist es unmöglich, die Sahara Hotnights in vollem Umfang zu goutieren, wenn man sie nicht live gesehen hat. Auch unter widrigen Umständen (Sonntag abends, gegen die hippe Konkurrenz von Linkin Park anspielend und schlecht beworben) zeigen die Hotnights selbst vor fast leerem Haus, was eine Harke ist. Zwar hat es musikalisch schon bessere Shows der vier gegeben, aber jeder Zweifler im Hause dürfte ob der ungemein positiven Energie der Band bekehrt nach Hause gegangen sein. Nicht umsonst wird der Merchandising Stand bei jedem Hotnights Konzert stets gut frequentiert. Die Sahara Hotnights stellen so was wie einen jugendlichen Rock'n'Roll Anachronismus dar und bieten mit ihrer altbackenen, aber lebendigen Emulation der traditionellen Gitarrenmusik eine interessante Alternative zum Vorfabrizierten Pop-Einheitsbrei unserer Tage (Von diesem Thema handelt übrigens der Track "Only The Fakes Survive" auf "Jennie Bomb").

Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
 

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