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20.08.2012
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Leider fantastisch

Stephen Malkmus & The Jicks

Köln, Gebäude 9
20.08.2012

SM And The Jicks
Dass Stephen Malkmus Deutschland mag, ist längst kein Geheimnis mehr. Bislang war vor allem seine Liebe zu Berlin aktenkundig, immerhin ist die deutsche Hauptstadt seit einiger Zeit die Wahlheimat des amerikanischen Indierock-Heroen und seiner Familie. Seit Neuestem hat er aber wohl auch sein Herz für Köln entdeckt. Zwei Deutschland-Konzerte absolvierte er dieses Jahr, beide in der Domstadt. Zu Beginn des Sommers hatte er auf der Dachterrasse des Museum Ludwig bei einem Nachmittagskonzert ungeprobte Klassiker seiner ehemaligen Gruppe Pavement auf Zuruf gespielt, jetzt ließ er die sonnige Jahreszeit mit einem Bandkonzert im Gebäude 9 ausklingen.

Zwar hatte er dieses Mal andere Songs und seine großartige Backingband The Jicks dabei, aber das waren schon die auffälligsten Unterschiede. Hatten beim ersten Gastspiel seine anwesenden Kinder für einen betont informellen Rahmen gesorgt, war es im Gebäude 9 das Strandoutfit, in dem Malkmus auf der Bühne stand, und natürlich trug auch die Musik dazu bei, dass man bisweilen glaubte, einer - wenngleich ganz ausgezeichneten - öffentlichen Probe beizuwohnen. Auch wenn Malkmus mit seinen Solo-Platten mal mehr, mal weniger intensiv bemüht war, seine Vergangenheit mit Pavement abzuschütteln, jener Band, die lange als Inbegriff des Slackertums galt: Im Kern sind auch seine neuen Songs von dem gleichen Geist beseelt wie seine berühmtesten Stücke, die inzwischen 20 Jahre oder mehr auf dem Buckel haben.

An diesem Abend zelebrierte der Mitt-40er bestens gelaunt den Spagat zwischen knackigen, ultra-eingängigen Indierock-Hymnen und ausfransenden Jams, bei denen man mitunter wünschte, die Jicks - Joanna Bolme am Bass, Jake Morris am Schlagzeug und Mike Clark an Gitarre respektive Keyboard - seien nicht so gut. "Leider" waren sie fantastisch (sogar als für eine ganze Weile das Licht ausfiel, spielten sie in völliger Dunkelheit weiter, als sei nichts geschehen) und jederzeit in der Lage, den spleenigen Ideen ihres Frontmanns zwischen Genie und Wahnsinn zu folgen, auch wenn sie bisweilen weit, weit, weit vom Kern der Songs abdrifteten. Auch wenn schrammeliger Indierock weiterhin sein Kerngeschäft ist: Urwüchsiger Südstaaten-Rock, schwurbelige Psychedelia, Anleihen bei Prog und Glam und selbst Ausflüge auf klassisches Singer/Songwriter-Terrain waren in Köln ebenso erlaubt, gerne auch in unerwarteter Folge. Viele Songs stammten vom aktuellen Album "Mirror Traffic", aber natürlich gab es auch ausgewählte alte Nummern zu hören.

Doch nicht nur musikalisch ging es herrlich schräg zu: Auch der Bühnenaufbau (den Mittelpunkt bildeten die etwas überdimensionierten Monitorboxen des Gebäude 9, die Band und allen voran Malkmus versteckten sich dagegen geradezu an den seitlichen und hinteren Rändern), der zappelige Tanzstil des Protagonisten, der gerne auch mal seine Gitarre hinter seinem Kopf spielte, und die Ansagen waren herrlich schräg. Da dankte Malkmus doch tatsächlich Van Der Graaf Generator für ihren Auftritt im Vorprogramm (das es an diesem Abend nicht gab) oder kommentierte den Begeisterungssturm nach dem unkaputtbaren "Jenny And The Ess-Dog" mit: "Das Stück ist zeitlos. Wir haben es in Afghanistan gespielt - und auch dort wurde es verstanden." Kurz vor Schluss suchte er auch mehrfach den Dialog mit dem Publikum, was zwar nur bedingt von Erfolg gekrönt war, aber immerhin führte es zu einigen kleinen Jam-Ausbrüchen, darunter CCRs "Proud Mary" und sogar ein bisschen aus "I'll Stick Around" von den Foo Fighters, bevor der Abend nach kurzweiligen 90 Minuten zu Ende ging.

Surfempfehlung:
www.stephenmalkmus.com

Text: -Simon Mahler-
Foto: -Simon Mahler-
 

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