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13.10.2014
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Charmante Soundfetischisten

Allah-Las
The Mokkers

Köln, Underground
13.10.2014

Allah-Las
Mit ihrem von Nick Waterhouse produzierten selbstbetitelten Debüt rannten die Allah-Las vor zwei Jahren allenthalben offene Türen ein und lieferten allen Freunden des sommerlich-unbeschwerten Westcoast-Sounds der Swinging Sixties den idealen Soundtrack für nie endende Sommerabende, ein kühlendes Bad im Pazifik oder die perfekte Begleitung für eine lange Fahrt entlang des Highway 1 mit Daddys altem VW-Bus. Jetzt legt das Quartett aus Los Angeles mit "Worship The Sun" nach - und das Interesse des Publikums ist ungebrochen. Bereits im Sommer letzten Jahres konnten die Allah-Las auch bei ihren Auftritten in Deutschland brechendvolle Säle verzeichnen, und auch ihr ausgezeichnetes Gastspiel im Kölner Underground Mitte Oktober ist restlos ausverkauft.

Eigentlich gibt es nichts Langweiligeres, als Konzerte von Bands zu besuchen, die auf der Bühne genauso klingen wie auf ihren Alben. Schließlich kann man da besser Zeit und Geld sparen und die Platte zu Hause auflegen. Auch den Allah-Las könnte man auf den ersten Blick vorschnell den Vorwurf machen, dass sie live nur ihre Studioaufnahmen nachahmen, doch da gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied: Die Kalifornier klingen auf der Bühne nicht wie im Studio, nein, sie reproduzieren für ihre Aufnahmen einfach exakt ihren Live-Sound. Trotz eines nicht zu verleugnenden Retro-Touchs und mit einem Faible für den rauen, bisweilen leicht windschiefen Sound der frühen Rolling Stones ist das Trio deshalb auch keine 60s-Garagen-Band im herkömmlichen Sinne. Vielmehr sind die Allah-Las charmante Soundfetischisten mit einem ausgezeichneten Gespür für Kleinigkeiten. So hätte das Geld, das die Amerikaner in das Equipment investiert haben, das sie beim Tourstopp in Köln auffahren, sicher auch für die Anzahlung auf ein kleines Haus gereicht.

Im Unterschied dazu beschreibt ihre Vorgruppe The Mokkers ihren Stil als "Garage / Surf / Rock'n'Roll" und offenbart sich so als ähnlich inspiriert, aber etwas weniger auf soundtechnische Finessen ausgerichtet. Doch auch wenn sie etwas schmuddeliger klingt als der filigrane Hauptact, passt die Mädelsband, die inzwischen einen Typen am Schlagzeug sitzen hat, zu den Allah-Las wie Arsch auf Eimer. Auch das Quartett aus Berlin steht ungeniert zu seiner Liebe zu den 60s, und Songtitel wie einst bei den Shadows deuten bereits an, dass es mehr um den Klang als um die Texte geht. Die Songs derweil sind kurz und knackig, und so passen die 14 auf der Setlist verewigten Lieder in kaum mehr als eine äußerst kurzweilige halbe Stunde.

Ihr Auge für Details beweisen die Allah-Las danach schon während der Umbaupause: Neben der passenden musikalischen Untermalung - immerhin ist die Band berühmt für ihre mit coolen Raritäten gespickten "Reverberation"-Mixtapes/Radioshows/DJ-Sets/Podcasts - wird auch noch Werner Herzogs schräger Abenteuerfilm "Aguirre, der Zorn Gottes" mit Klaus Kinski in der Hauptrolle auf die Wand hinter dem Schlagzeug projiziert. Ungewöhnlich dann auch der Einstieg ins Programm: Los geht es mit einer Coverversion, doch anstelle eines Klassikers von Love, den Byrds, den Beach Boys oder den 13th Floor Elevators (um nur vier Bands zu nennen, mit denen die Allah-Las ständig verglichen werden) spielen die Kalifornier lieber das gruselige "No Werewolf", eine Single-B-Seite der eigentlich längst vergessenen Instrumental-Combo The Frantics. Doch die Nummer passt ganz ausgezeichnet zu den Allah-Las, denen es mehr um das authentische Abbild des Sounds ihrer Heimat im Jahr 1965 geht, als mit einer auf retro getrimmten Singlehymne die Charts zu erklimmen. Denn auch wenn sie mit "Had It All" oder "Follow You Down" auf der neuen Platte einige waschechte Hits parat haben, sind die Amerikaner nicht bis zu den Haarspitzen in den 60ern verbuddelt, sondern offenbaren ihre Liebe zu den großen Helden der Counterculture-Ära auf alles andere als altbackene Art und Weise. Vermutlich auch deshalb gibt es im Auditorium kein Revival-Szene-Schaulaufen alternder 60s-Aficinados. Stattdessen ist das Publikum sehr, sehr jung und tendenziell eher weiblich.

Auch die fünf Musiker selbst (live werden die Allah-Las zusätzlich von einem sehr wirkungsvollen Percussion-Mann unterstützt) sehen so aus, als seien sie einigermaßen fest im Hier und Jetzt verankert. Die typischen Outfits vieler anderer 60s-beeinflusster Bands schenken sie sich, wenn man vom blau-weiß gestreiften Brian-Wilson-Gedächtnishemd von Sänger Miles einmal absieht. Pluspunkte sammeln sie dagegen mit ihrer sprichwörtlich kalifornischen Lässigkeit, die großes Showgebaren praktisch überflüssig macht. Als ihr Sänger mitten im Set für rund fünf Minuten verschwindet ("Das macht er manchmal", kommentiert Gitarrist Pedrum mit einem Schulterzucken, "wir wissen auch nicht, wo er ist!"), hauen die verbleibenden vier Musiker einfach ein ungeplantes Instrumental raus, und als selbst danach der Mann am Mikro noch fehlt, hängen sie sogar spontan noch den Publikumswunsch "Midnight Train" dran und zollen dabei Tommy James so perfekt Tribut, dass man überhaupt nicht glauben mag, dass die Nummer sonst nie im Programm ist. Doch nicht nur ob der immer wieder eingestreuten Instrumentals (besonders beeindruckend dabei: das neue "Ferus Gallery") ist für viel Abwechslung gesorgt. Ständig hüpft die Band mit dem schwärmerischen Gitarrenwohlfühlsound spielerisch zwischen twangy Surf-Rock, kühler Westküsten-Psychedelik und eingängiger 60s-Beat-Romantik hin und her, und wie einst bei den Beatles darf auch jeder mal ans Mikro. Bassist Spencer singt "Vis-A-Vis", und ganz am Ende tauscht Drummer Matt seinen Platz mit Miles und singt "Last Journey" Shaker-schwingend am Bühnenrand, bevor bei der Zugabe mit der unverständlicherweise nur als B-Seite erschienenen Flamin'-Groovies-Hommage "Every Girl" und "Tell Me What's On Your Mind" aus dem selbstbetitelten 2012er-Debüt noch zwei der "schlimmsten" Ohrwürmer der Band auf dem Programm stehen. Die Zukunft des Rock haben wir an diesem Abend zwar nicht gesehen, einen Riesenspaß hat der Auftritt der Allah-Las aber dennoch gemacht!

Surfempfehlung:
www.allahlas.com
www.facebook.com/allahlasmusic
en.wikipedia.org/wiki/Allah-Las
themokkers.blogspot.com
www.facebook.com/TheMokkers

Text: -Simon Mahler-
Foto: -Simon Mahler-
 

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