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25.01.2017
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Kompromisslose Intensität

E

Potsdam, KuZe / Berlin, Schokoladen
25.01.2017 / 26.01.2017

A Band Called E
Das just erschienene selbstbetitelte Album von E mag das Debüt dieses Bostoner Power-Trios sein, Newcomer sind die drei Gesichter hinter dem knappen Bandnamen aber nicht. Thalia Zedek mischt bereits seit vier Jahrzehnten mit Uzi, Live Skull, Come und ihrer Thalia Zedek Band den Untergrund ihrer Heimatstadt auf, Jason Sanford baut für die Aufnahmen seiner Experimental-Noise-Band Neptune die Instrumente selbst, und Gavin McCarthy lotete einst mit Karate die Grenzen zwischen Indierock und Post-Rock aus. Dass ihr großartiger Erstling wie gemacht ist für die Konzertbühne, bewiesen sie nun auf ihrer ersten Europatournee bei ihren mitreißenden Konzerten in Potsdam und Berlin.

Die Protagonisten von E mögen Veteranen des experimentierfreudigen, noisigen Indierock sein, aber gemeinsam klingen sie eher wie junge Wilde, wenn sie auf der Bühne mit blindem Verständnis all ihre Einflüsse originell in einen oft schroffen, aber betont fokussierten Sound zwischen gebrochenem Post-Punk und dissonantem Post-Rock mit Haken und Ösen lenken. Mit ihrer Spannung, Nachdrücklichkeit und Wut treffen sie zudem den Nerv der Zeit, das beweisen auch die geradezu euphorischen Reaktionen der Zuschauer. Dabei finden die beiden Konzerte vor einem grundverschiedenen Publikum statt. Im KuZe, der Kultur-Dependence der Potsdam Universität, treten E vor einem bunt international zusammengewürfelten studentischen Publikum auf, und bei vielen kann man in den ungläubig-begeisterten Gesichtern ablesen, dass sie eine Band, die mit so viel Inbrunst und Überzeugung agiert, wohl noch nie gesehen haben - schon gar nicht in einem schlichten Hinterhoftheater einen Steinwurf vom "kleinen" Brandenburger Tor entfernt. Tags darauf, im rappelvollen Schokoladen, wo das energiegeladene Berliner Gitarre-und-Schlagzeug-Duo Dwarves mit Instrumental-Postrock alter Tortoise'scher Prägung im Vorprogramm ein echtes Ausrufezeichen setzt und von Zedek später während des E-Sets ganz sicher nicht nur aus Höflichkeit gelobt wird, besteht das Publikum vor allem aus alten Freunden der Band. Doch auch die sind hin und weg, und das aus gutem Grund.

E zelebrieren an diesen Abenden, inspiriert von der Vergangenheit, den messerscharfen Soundtrack einer chaotischen Gegenwart und einer ungewissen Zukunft und schlagen dabei eine Brücke von kühler Mechanik zu hitzigen Emotionen. Im gleichen Klangkosmos zu Hause wie Circle X, Mission Of Burma, Sonic Youth oder gar Shellac und Slint, lassen die drei dabei ihre textlichen Neigungen, musikalischen Präferenzen und klanglichen Vorlieben beeindruckend gleichberechtigt zur Geltung kommen. Jeder der drei bringt seine Stärken ein, alle singen, und überhaupt ist niemand wegzudenken aus diesem durchdringenden Sound, aus dieser großartigen Band. Doch auch wenn Sanford eine Reihe selbst gebauter Effekte mitgebracht hat und mit seiner selbst zusammengeschweißten, körperlosen Gitarre Marke Eigenbau die Blicke auf sich zieht, sind das Ergebnis doch Songs, die kein Gramm Fett zu viel haben und mit nackter Intensität begeistern. So gehen die drei Tausendsassa dem Publikum gleich beim Opener "Regatta" mit unbeugsamer Power an die Gurgel, bevor sie bei "I Want To Feel Good" Aggressionen auf kleiner Flamme kochen, beim aufrührerischen "The Candidate" ihre politische Frustration herausschreien und erst bei der atmosphärischen Zugabe "Water" einen Hoffungsschimmer am Horizont auftauchen lassen. Energie, Melodie, Krach, Subtilität und ein untrügliches Gespür für eigenwilliges Songwriting und gesangliche Kompromisslosigkeit - E verkörpern bei diesen triumphalen Gastspielen all das.

Surfempfehlung:
abandcallede.com
www.facebook.com/ABandCalledE
www.thrilljockey.com/artists/e-e

Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-
 

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