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22.03.2002
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Unten (am Hafen)

Tilman Rossmy Quartett

Dortmund, Subrosa
22.03.2002 / 23.03.2002

Tilman Rossmy
"Ich hätte nie gedacht, daß ich mal in die Gewichtsklasse von Bernd Begemann komme", meinte Tilman Rossmy am ersten Abend seines Gastspiels im Ruhrpott, übrigens die "einzigen Konzerte weit und breit", wie der Flyer des Subrosa stolz vermeldete. Er dachte dabei wohl eher an Kilogramm, aber der Satz stimmte auch noch in einer anderen Hinsicht: Wo es für Begemann inzwischen zur Normalität gehört, die Clubs und Bars der Republik an zwei Abenden hintereinander zu füllen, war es für Tilman und seine Band eine Premiere.

Und auch, wenn das Quartett an beiden Abenden ein bis auf die Zugaben fast identisches Set spielte, gab es jede Menge Abwechslung. Dafür sorgten nicht zuletzt auch einige Leute vor der Bühne, die mit ihren permanenten Zwischenrufen Tilman nicht nur zu einigen amüsanten Geschichten über seine Hamburger Zeiten und Bernd Begemann veranlaßten, sondern auch für einige spontan geänderte Textzeilen sorgten. Los ging es, wie erwartet, mit den "Reisen im eigenen Land", den alten, neuen Songs der Regierung von der gleichnamigen aktuellen Platte. Waren anfangs die Wortduelle mit dem Publikum ("Mach doch mal deine Gitarre lauter!" Tilman: "Wer, ich? Danke, das hat noch nie jemand gesagt! Soll ich jetzt auch noch ein Solo spielen?" - "Nee, man muß es ja nicht übertreiben!") fast unterhaltsamer als die streckenweise etwas holperigen Songs, erreichte Tilman bei dem kurzen Intermezzo mit ruhigen Songs in der Mitte des Sets endlich Betriebstemperatur und ließ sich selbst vom leider auch bei den leisen Songs nicht gerade geräuscharmen Publikum nicht irritieren. "Lange nicht mehr da" und "Die neue Wohnung" jedenfalls waren echte Highlights, und mit "Du bist es" und dem gewohnt ungewohnt jazzigen Las-Vegas-Song "Er lebt" ("Las Vegas ist das Hohensyburg Nevadas!") ging es auch auf dem gleichen hohen Niveau weiter. Nach dem immer wieder gerne gehörten "Willkommen Zuhause" war dann für die Zugaben einmal mehr Wunschkonzert angesagt. Da gab es ein ausgewalztes "15 Jahre" (in der speziellen "Subrosa-Version"), "Bodycount T-Shirt", ein extralanges "Sie", in das Tilman sogar noch ein paar Zeilen des Doors-Stücks "Love Street" einbaute und - Schock! Horror! - eine spontane Solo-Coverversion des Echt-Songs "Du trägst keine Liebe in dir" mit aktiver Publikumsbeteiligung! Daß Tilman nicht ohne "Loswerden" zu spielen von der Bühne gelassen werden würde, war eh klar, daß er dies aber erst nach weit mehr als zweieinhalb Stunden tun würde, war allerdings eine kleine, wenngleich sehr positive Überraschung.

Tilman Rossmy
Der zweite Abend verlief dann wesentlich relaxter. Vielleicht, weil das Publikum eher zum Zuhören gekommen war, vielleicht auch, weil Tilman und seine Band an diesem Abend keine Aufwärmphase brauchten und deshalb die erste Hälfte des Konzertes wesentlich besser als am Abend zuvor war. Denn auch, wenn die gleichen Stücke auf der Setlist standen, spielten die vier sie doch anders. "Immer jemand im Busch" hat selten so gut geklungen, und auch "So drauf" schlug die Version vom Vortag um Längen. Da machte es auch nichts, daß Schlagzeuger Rob Feigel mitten in der Show seine Snaredrum kaputt machte, denn Tilman überbrückte die Pause einfach mit einer Soloversion des vielgewünschten "Alles gar nicht wahr" und brachte so doch noch etwas Abwechslung in die Setlist. Das ebenfalls mehrfach gewünschte "Nicole" rezitierte Tilman übrigens als Gedicht - mangels passender Akkorde! Witzigerweise erzählte er auch vor fast jedem Lied, wo die einzelnen Songs entstanden waren (wobei letztendlich Essen-Rüttenscheid rein zahlenmäßig kurz vor Hamburg-Eimsbüttel gelegen haben dürfte), und sorgte so zusätzlich für erfreute Gesichter - vor allem bei den Zuschauern aus Essen und Hamburg, versteht sich. Beim Wunschkonzert zum Schluß gab es dieses Mal eine schöne Version von "Herzweg" mit Schlagzeugbegleitung, die das traurige Klavierstück fast auf den Weg zur Powerballade brachte. Auch "15 Jahre" tauchte wieder auf, allerdings dieses Mal näher an der Albumversion und - kürzer. Überhaupt war der zweite Auftritt kürzer, obwohl "kurz" für ein Zweieinhalbstunden-Konzert wohl auch nicht ganz der treffende Ausdruck ist. Abschließend sei noch erwähnt, daß das Quartett die Tage vor und nach dem Ausflug in den Ruhrpott im Studio verbracht hat und die nächste Tilman-Platte - dieses Mal mit neuen Stücken - mit ein bißchen Glück noch in diesem Jahr erscheinen kann. Und das ist eine Nachricht, genauso wie diese beiden Konzerte: Einfach schön!

Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-
 

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