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30.11.2019
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Rückzug in den Winter

Rayannah

Bergneustadt, Schauspielhaus
30.11.2019

Rayannah
Die Kanadierin Rayannah hat sozusagen ein Problem: Ihre Muttersprache ist Französisch - aber sie lebt nicht (wie die meisten ihrer frankophilen Landsleute) in der Provinz Quebec, sondern in einer kleinen Gemeinde in der Provinz Manitoba - ungefähr in der Mitte Kanadas. Deshalb - so erklärte sie bei ihrem Konzert im Schauspielhaus Bergneustadt - sei es eine Frage ihrer Identität, dass sie die meisten ihrer Songs auf Französisch schriebe, denn schließlich gehört schon eine Portion Hartnäckigkeit dazu, sich inmitten einer englischsprachigen Kultur diesbezüglich zu behaupten.

Das erklärt dann auch, warum sich auf ihrer Debüt-LP "Nos Repaires" nur zwei Stücke auf Englisch befinden - während der Anteil im Live-Programm erheblich größer ist. Das hat aber auch mit Rayannahs musikalischen Vorlieben zu tun, die sich beispielsweise durch die Wahl ihrer Coverversionen manifestieren. In Bergneustadt coverte sie etwa Joni Mitchell und Bill Withers. Allerdings auf ihre ureigene Art - und die besteht im Live-Vortrag darin, dass sie ihr Material (eigenes wie fremdes) zunächst mal auseinandernimmt und dann mit Looping-Station, Sampler und Vocoder wieder zusammensetzt - und zwar auf eine ganz eigene, unerwartet soulig/jazzige Art mit gewissen R'n'B-Elementen, die bei den Studioproduktionen höchstens unterschwellig zum Tragen kommen. Denn was auf Konserve noch ohrenscheinlich als E-Pop durchgeht, entwickelt auf der Bühne so eine recht organische, lebendige Dynamik.

Da Rayannah auf der Bühne ordentlich mit der technischen Abwicklung beschäftigt ist, war es sicherlich von Vorteil, dass sie sich zur Unterstützung Yolande Laroche mitgebracht hatte, die sie als Keyboarderin, E-Bassistin und Sängerin nach Kräften unterstützte. Und für die psychedelischen Backdrops, die auf die Bühne geworfen wurden, war Technikerin Stephanie zuständig, die die Lichtblasen im Takt zur Musik produzierte. Am Ende war es schon irgendwo beeindruckend zu beobachten, mit welcher Leichtigkeit die Technik hier im Dienste der Performance eingesetzt wurde.

Zwischen den Tracks erzählte Rayannah von ihren Reiseabenteuern und ihrer Heimat. So erfuhren die Zuschauer im ausverkauften Schauspielhaus, dass Rayannah ihre Songs auch in Berlin schreibt, dass die im gleichnamigen Song besungenen Delphine und Marylou gar keine Personen sind, sondern Fahrräder, dass der Winter in Toronto in etwa so nett sei wie jener bei uns, jedoch nicht mit dem niederschmetternden kanadischen Winter in Manitoba zu vergleichen sei, den sie in dem EP-Titel "Tempéte" besingt und in den sie nach Abschluss der Tour zurückkehren werde, dass es auf der LP "Nos Repaires" um (emotionale) Rückzugsorte ginge - und dass französische Folksongs im Prinzip alles Listen seien. Aufgrund dessen, dass Rayannah unablässig tourt - gerne auch in Europa und vor allen Dingen in Deutschland (auch in Bergneustadt war sie zuvor schon gewesen) -, ist es nicht verwunderlich, dass es fast vier Jahr dauerte, bis sie ihre Debüt-LP "Nos Repaires" fertig stellen konnte, nachdem sie bereits 2015 ihre EP "Boxcar Lullabies" herausgebracht hatte. Egal: Das Warten hatte sich offensichtlich gelohnt - jedenfalls kauften die Fans in Bergneustadt nach der Show die letzten verbliebenen Tonträger - und das ist ja kein schlechtes Zeichen.

Surfempfehlung:
www.rayannah.ca
www.facebook.com/rayannahmusic
www.youtube.com/watch?v=U7HOkx4IAoQ
www.youtube.com/watch?v=J3sE54j-urg

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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