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03.02.2020
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Cheeseburger mit Fritten

Kate Davis
Anna Erhard

Berlin, Monarch
03.02.2020

Kate Davis
Zu ihrer Berufung als Songwriterin und Rockmusikerin kam die heutzutage in Brooklyn residierende Kate Davis eher auf Umwegen. Denn als Teenager begann sie zunächst mal Geige zu spielen - und später dann Kontrabass. Beides präsentierte sie schließlich im Portland Youth Philharmonic Orchestra, als sie in Oregon zur Schule ging. 2009 studierte sie dann gar Jazz und das Amerikanische Songbook, wofür sie dann nach NY umzog. Das ist zwar nicht notwendig zu wissen - aber nützlich, denn es erklärt, warum die Gute heutzutage insbesondere auf der kompositorischen Seite einfach mehr drauf hat als viele ihrer Kolleginnen aus der Indie-Ecke, denen sie sich stilistisch heutzutage zugehörig fühlt. So haben etwa die meisten der knackigen Power-Pop.Songs, die heutzutage auf Kates aktuellem Album "Trophy" zu finden sind (das es im Rahmen ihrer ersten Euro-Tour auch in Berlin zu präsentieren galt) etwa mehr Akkorde, Harmoniewechsel und strukturelle Besonderheiten als die gesamte Karriere mancher weniger Begabten.

Bevor Kate im mit jeder Menge kundiger Fans gut gefüllten Berliner Monarch-Club auf die Bühne kletterte, zeigte zunächst mal ihre Schweizer Kollegin Anna Erhard ein ganz anderes Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten als das Kate im Folgenden tun sollte. Als Mitglied der Baseler Art-Pop-Band Serafyn hatte Anna zuvor schon gezeigt, dass es in der Indie-Szene nicht immer um Rockmusik gehen muss. Heutzutage schreibt Anna Songs über "Bewegungszustände". Nicht um solche im amerikanischen Sinne - wo es oft um das rastlose Herumreisen geht -, sondern um kinetische, emotionale oder umstandsgebundene Bewegungen. Das führt dazu, dass ihre mit frei assoziierten Stream-Of-Consciousness-Lyrics garnierten und mit mantraartigen Wiederholungen aufwartenden Kompositionen (die sie in Berlin mit Stimme, E-Gitarre und Mikro-Keyboard vortrug) eine gewisse, hypnotische Unerbittlichkeit ausstrahlen. Als Entertainerin sieht sich die eher schüchtern und zurückhaltend agierende Performerin Anna Erhard dabei wohl nicht in erster Linie. Eher - so schien es - betrachtete sie den Live-Auftritt als Möglichkeit, ihr Material auf das Wesentliche zu reduzieren (während im Studio - wie auch schon bei Serafyn - Pola Roy von Wir sind Helden produktionstechnisch verantwortlich zeichnet) und einfach die Stimmung wirken zu lassen.

Dennoch war der Bruch zum Programm von Kate Davis dann anschließend doch nicht allzu groß, denn die Zeiten, in denen selbst etablierte Indie-Acts munter mit Band auf Welttournee gehen können, sind schließlich vorbei - weswegen Kate dann auch alleine auftrat. Nun hätte man ja erwarten können, dass Kate ihr Material für diesen Anlass entsprechend folky aufbereitet hätte - doch dem war nicht so. Auch alleine spielte Kate ihre Songs - zugegebenermaßen mit einem mächtigen Effektpedal im Hintergrund - im Rockmodus; nur halt nicht mit Band und nicht bezogen auf die Dynamik des Genres. Es sind jedoch ja auch weniger die Rock-Riffs und Power-Chords, die Kates Musik dominieren, sondern die bereits eingangs angesprochenen harmonischen, melodischen und strukturellen Bonbons, die Kate in ihren Songs verbaut. Wer die Ästhetik mag, die z.B. gerade angesagte Indie-Ikonen wie Angel Olsen oder Mitski anstreben, der wird sich schnell mit der Musik von Kate Davis anfreunden können - auch wenn sie bei diesen, wie z.B. "Trophy", "I Like Myself" oder "Rbbts" ("Rabbits") oft eine lyrische Note und vor allen Dingen die zu erzählenden Geschichte ins Zentrum stellt. Wes Geistes Kind Kate Davis als Songwriterin übrigens ist, machte sie mit der Wahl einer Coverversion deutlich, als sie nämlich mit "True Love Will Find You In The End" ein Hommage an den kürzlich verstorbenen Daniel Johnston mit den Worten ankündigte, dass dieser die Art, in der Songs heutzutage geschrieben werden können, wesentlich mitgeprägt habe.

Ansonsten beschränkte sich Kate Davis auf Anekdötchen, die sie auf ihrer ersten Konzertreise in unseren Breiten erlebt habe. So habe sie etwa in Berlin den besten Cheeseburger aller Zeiten gegessen - was fast schon ein Grund sei, dorthin zu ziehen - oder in Belgien Witze über Pommes Frites gemacht, die dort gar nicht gut angekommen seien. Kein Wunder, wenn man Arbeitstitel wie "Shriveled Fuck French Fries" für neue Songs im Angebot hat. Insbesondere als Gitarristin überzeugte Kate dann mit einer Fingerfertigkeit, die im auf Akkorde ausgelegten Indie-Sektor ja eher selten anzutreffen ist. Dass dann gesanglich nicht jeder Ton dorthin rutsche, wo er eigentlich hinrutschen hätte sollen, war angesichts des brillanten Songmaterials dann auch schon wieder unerheblich. Insgesamt empfahl sich Kate Davis an diesem Abend als veritable Ergänzung des Female Fronted Indie-Rock-Sektors und vor allen Dingen als brillante Songwriterin.

Surfempfehlung:
www.katedavismusic.com
www.facebook.com/katedavismusic
www.facebook.com/annaerhardmusic
www.youtube.com/watch?v=Og3Io3ue9GI
www.youtube.com/watch?v=6t_LtIkZYCo
www.youtube.com/watch?v=jaFCh5V9DGA

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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