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09.05.2003
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Blues, Kartoffeln und Speck

Taj Mahal Trio

Bonn, Harmonie
09.05.2003

Taj Mahal
Wenn jemand heutzutage auf dem hart umkämpften Live-Markt der Club-Schiene im Vorverkauf 300 Tickets absetzt, obwohl es "nur" eine gerade erschienene Live-Scheibe zu supporten gibt, dann darf man wohl von einer "sicheren Bank" sprechen. Wenn es sich dann noch um einen Altmeister des Blues handelt, der in seinem Publikum alle Generationen vereint - also wirklich vom Schuljungen über junge Pärchen und mittelalte Hausfrauen bis hin zum studierten Fan mit schütterem Haar - und der eigentlich außer Musik nichts zu bieten hat, dann darf man schon fast wieder an das Gute im Menschen glauben. Taj Mahal, der nun wirklich bereits mit Gott und der Welt - und sogar den Stones - zusammengespielt hat, trat an diesem Abend mit seinem Trio an - dem stoischen Bill Rich am Bass und dem unglaublich ausgebufften und variantenreich spielenden Kester Smith an den Drums. Um es kurz zu machen: Der Altmeister - angetreten im Stroh-Hut, weißen Sportschuhen, monochromem Bermuda-Hemdchen und mit einer besonders coolen Sonnenbrille auf der Nase, zeigte allen Anwesenden, was eine Harke ist, und spielte die kurzweiligste Blues-Show, die man sich überhaupt vorstellen kann.

Dabei ist Taj all das, was viele seiner Kollegen (besonders die verbissen auf ihrer Virtuosität beharrenden jüngeren) nicht sind: Ein großartiger Entertainer zum Beispiel, niemals langweilig, stilistisch aufgeschlossen und alles andere als etwa bierernst. Dabei fühlt sich der Mann NATÜRLICH der Tradition verpflichtet - ist aber nicht ihr Sklave. Beginnen tat Taj - jenseits der vollkommen irrelevanten Setlist, die ein eifriger Roadie vorher am Boden festgeklebt hatte - mit ein paar klassischen Standard-Blues Nummern etwa vom Stile "Belly & Dupree". Aber selbst die wirkten in diesem Umfeld mit dem begeisterten Publikum und dem gutgelaunten Meister geradezu so, als habe Mahal diese Art zu musizieren gerade erst erfunden. Vielleicht liegt es daran, dass Taj vor allen Dingen ein Geschichtenerzähler ist. Wenn er z.B. seine Hoochie-Coochie-Stories wie die von "Annie Mae" vorträgt - oder sollte man sagen auslebt - bezieht er damit das Publikum dermaßen ein, dass wahrlich kein Auge trocken bleibt. "Annie Mae I love your momma, you sister, your cousin, your auntie and your grandma, too", croonte er prustend uns lachend - gerade so, als meine er es auch und habe besagte Damen soeben im Damen im Auditorium gesehen. Und für ein Augenzwinkern bleibt eh immer Zeit. Mahals Gitarrenspiel erscheint dabei immer eher minimalistisch, so als verwende er die große Epiphone-Gitarre dazu, seine Stories zu kommentieren - was nicht heißen soll, dass Taj nicht das eine oder andere flotte Solo einstreuen könnte. Nur ist das eben nicht der alleinige Hauptzweck. Das Wichtigste aber scheint zu sein, dass sich Mahal wirklich allen möglichen Stilen öffnet, seien es nun karibische oder afrikanische Klänge, immer wieder gerne der Reggae, Rhythm'n'Blues oder der Folk. Und verdammich noch mal: Die letzte Zugabe, "There's Lovin' In My Baby's Eyes" wäre in dieser heiteren, leichtfüßigen Version auch als zeitloser Pop-Song ohne weiteres durchgegangen.

Taj Mahal
Nachdem sich die Band warmgespielt hatte, streute er auch seine immer wieder gerne gehörten Klassiker ein. "Sittin On Top Of The World" wurde vom Publikum aufgegriffen und lautstark mitgesungen, bei "Black Jack Davey" und "Corinna" schließlich hielt es kaum noch jemanden auf seinem Platz und seine Balladen - z.B. "Creole Belle" - haben das, was vielen Slow-Blues Nummern oft abgeht: Einen swingenden Groove und eine angenehme Melodie z.B. Auf seine Musiker konnte sich Mahal dabei blind verlassen. Es reichte schon ein lässig hingeschnalztes "Mailbox", um die Band unisono ins nächste Stück zu katapultieren (natürlich den "Mailbox Blues"). "Vielen Dank, Damen und Herren, alles klar, geht's gut?", bedankte sich dann Taj auf deutsch, um dann schmunzelnd hinzuzufügen, "und jetzt ist mein deutsch kaputt." Dann hielt er einen Moment inne und fügte noch hinzu, "Aber ich liebe das Wort 'und' - 'und Kartoffeln' zum Beispiel 'und Bohnen mit Speck', 'und ein großes Weizenbier'." Ja, der Mann ist schon ein arger Scherzkeks. Dabei hat er doch die ganze Palette der alten Recken drauf: Zum Ende spielte er z.B. (auf dem Banjo!) mit "Slow Drag Blues" einen jener Tracks, in dem sich die alten Gangsta Blueser gerne über das Gefängnis-Leben auslassen. Das ist Tajs Beitrag zum "Midnight Special"-Genre. Dann klang der Abend mit dem schon angesprochenen "Baby's Eyes" aus. Aber auch das gehört zum Erfolgsrezept von Taj Mahal. Man muss die Leute nicht drei Stunden lang mit 15-minütigen Songs zuspielen, um sie glücklich zu machen. Ganz im Gegenteil: Manchmal sollte man eben doch aufhören, wenn es am schönsten ist. Viele der Tracks, die bei dieser Show gespielt wurden, finden sich auch - wenngleich in vollkommen anderer Konstellation - auf dem aktuellen Album "Live Catch". Wer also wissen möchte, wie dieses Konzert in etwa geklungen hat, der möge da mal hineinhören...

Surfempfehlung:
www.taj-mo-roots.com

Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
 

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