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07.10.2004
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Back to the 60s

Penelope Houston

Bonn, Harmonie
07.10.2004

Penelope Houston
"Jetzt geht es wieder", meint Penelope Houston nach dem Konzert erleichtert, "aber ich war so was von nervös, als ich erfuhr, dass gerade das erste Konzert unserer Tour auch eine Fernsehaufzeichnung war, dass ich vorher nächtelang nicht schlafen konnte." Dabei war dieser Selbstzweifel eigentlich unangebracht. Mit ihrer neuen Band, die indes den alten Kumpel Pat Johnson beinhaltete, legte Penelope nämlich nach langer Abwesenheit und Jahren des ziellosen Herumdaddelns bei der Industrie eine sehr gute Show zu der exzellenten neuen Scheibe "Pale Green Girl" hin. Den Abend eröffnen, durften zunächst die "Überraschungsgäste" - das Zwillingspaar The Moore Brothers, die auf der Tour den Support machen - und die wie Penelope aus Oakland, California kommen.

Dort hat man "nicht so viel Liebe für den Präsidenten", wie Greg Moore auf verständlichem Deutsch ankündigte, aber wohl viel Liebe für verträumte, sentimentale und auch ein wenig schluffige Liebeslieder. Auch wenn lobend in Anrechnung gebracht werden muss, dass die Harmonien der Gebrüder Moore glasklar und pitch-perfect gerieten: Die Untermalung von jeweils bloß einer Gitarre und das Fehlen erkennbaren Liedgutes ließen den Singsang der Brüder dann doch etwas preiswert erscheinen. Das war so ein bisschen wie Simon und Garfunkel ohne Songs. Die Kings Of Convenience haben diese Art des Vortrages zum Beispiel momentan jedenfalls besser drauf.

Als Penelope und ihre Mannen dann die Bühne betraten, wurde es gleich ein wenig lauter. Anlässlich der Fernsehübertragung wurde dann im Folgenden das ganze Terrain des Houston'schen Schaffens abgegrast: Angefangen mit "Grand Prix" aus der Major Zeit arbeitete sich Penelope rückwärts über Tracks von der neuen Scheibe und älteres Material wie "Glad I'm A Girl" bis hin zu "Corpus Christi" und gar "American In Me" aus Avengers Zeiten. Dass das alles glaubwürdig funktionierte, war zweifelsohne der eingeölten Band zu verdanken. Pat Johnson erzählte uns vor der Show, dass er diese nach den Aufnahmen zu "Pale Green Girl" (auf der Scheibe spielte er vieles selber ein) zusammengestellt habe und dass sie sich jetzt, zum Zeitpunkt der Tour, auch tatsächlich wie eine Rock'n'Roll-Truppe "anfühle". Im Gegensatz zu der Besetzung mit der Chuck Prophet-Band, mit der Penelope zuletzt in unseren Breiten unterwegs war, fiel sofort auf, dass der Sound sehr viel organischer und lockerer war, als im Falle des formalistischen Experten Prophet. "Chuck ist ein sehr guter Gitarrist", meinte Penelope dazu, "aber er neigt zum Perfektionismus und dazu, andere Musiker zu zitieren." Das war im Falle von Pat Johnson und seinen Jungs ganz anders. Hier zählte offensichtlich der Moment. Ganz nach dem Motto "Perfekt ist nicht gut genug" haute Pat einige offensichtlich geradezu inspirierte Soli raus, während die Band impulsiv, treibend - aber eben nicht perfekt - folgte. So bekamen sogar die poppigen Elaborate der Industrie-Ära und auch die folkigen Tracks der frühen Solo-Karriere der Penelope eine gehörige Portion Feuer mit. Und schön lebendig war's obendrein, denn der bewusst konstruierte 60s Sound der CD geriet hier zu einem selbstverständlichen, lockeren Miteinander zu dem auch Improvisation und Jam-Elemente gehörten. Pikanterweise gehörte ausgerechnet "Hole", ein Track der neuen Scheibe, den Penelope noch mit dem besagten Chuck zusammen schrieb, mit zu den gelungensten Stücken des Abends. Die Houston Spezifika, wie z.B. die Melodica oder die Autoharp wurden in diesem straighten Ambiente entweder bloß punktmäßig eingesetzt (wie die Melodica) oder zweckentfremdet (wie eine zum Teil psychedelisch verzerrte Autoharp). Dennoch waren es eher die vielschichtigen Gitarrensounds, die die Atmosphäre prägten - wie z.B. bei der dann doch ziemlich abgefahrenen Cover-Version von John Cales "Buffalo Ballet". Doch am besten funktionierten tatsächlich die Tracks, bei denen so richtig knackig die Post abging.

Mit der Bezeichnung "Queen Of Neo Folk" kann man Penelope heutzutage sowieso richtig schön ärgern und schon alleine deshalb war es ihr wohl wichtig, mal wieder die Rocklady raushängen zu lassen. Was auch damit zusammenhängt, dass das neu aufgeflammte Interesse an den Avengers diesem Aspekt auch zuträglich ist. Natürlich ist Penelope keine 18-jährige Punk-Göre mehr, machte aber dennoch als Rock-Röhre eine vergleichsweise gute Figur. Zum einen wegen der schon angesprochenen, ausgezeichneten Band und zum anderen weil ihre sehr durchdringende Stimme und ihre Art des plakativen No-Nonsense-Vortrages ja eigentlich eh schon immer besser zum straighten Rock-Song als zum Folk-Etikett gepasst hatte. Dass bei der ganzen Aktion der Pop-Flair von "Pale Green Girl" ein wenig ins Hintertreffen geriet, war dabei übrigens gar nicht so schlimm, denn eigentlich funktionierten die Stücke im schmuddeligen Garagensound sogar noch besser als auf Konserve. Letztlich bleibt als Fazit zu vermelden: Penelope is back! (Und zwar die richtige, ursprüngliche Penelope und nicht die, die sich in den letzten Jahren an der Moderne versuchte) Ach ja, noch eines: Bei diesem Abend war es dann endgültig so dunkel, dass das mit der Assoziation "Pale Green Girl" schon irgendwie hinkam...

Surfempfehlung:
www.penelope.net

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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