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It's Fun So Far...

Metric
The Rogers Sisters

Köln, Prime Club
11.05.2006

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Metric
Zunächst sah alles so aus, als würde es einen Tag nach dem Fiasko im E-Werk ein zweites Babyshambles in Köln geben: Um 20 Uhr standen zwar schon jede Menge Fans vor dem Prime Club, doch es gab noch keinen Einlass - weil die Instrumente der Band noch nicht da seien. Diese steckten nämlich im Stau zwischen Köln und München, wo die Kanadier am Tag zuvor gespielt hatten. Auch die Support-Band, The Rogers Sisters aus New York, waren noch nicht da. Doch Metric und die Rogers Sisters sind eben Musiker und keine aufgeblasenen Pop-Ikonen wie Pete Doherty, und so wurde dann halt ausgeharrt und nicht einfach abgesagt. Das sollte sich noch lohnen.
Zunächst trafen die Rogers Sisters ein - und absolvierten den schnellsten Soundcheck der Musikhistorie: Nach drei Akkorden und etwa zehn Sekunden war der Spuk bereits vorbei: "Okay, it's fun so far..." meinte Laura Rogers, die Drummerin und jüngere Schwester von Jennifer Rogers und warf ihre Drumsticks in die Ecke. Mittlerweile - es ging bereits auf 22 Uhr zu, war nämlich tatsächlich der Fahrer mit der Backline eingetroffen und man ging daran, das abenteuerliche Metric-Equipment aufzubauen. Das hatte es in sich. Neben insgesamt drei Keyboards, die ja auch erst mal verkabelt werden wollten, hatte Gitarrist Jimmy Shaw ein Effekt-Pedal mitgebracht, das ungefähr 20 Effekte auf zwei Ebenen versammelte und mit einer ausführlichen Bedienungsanleitung bedruckt war. Das, so sollte sich im folgenden zeigen, war aber auch notwendig und zeitigte beeindruckende Ergebnisse.

Doch zunächst durften The Rogers Sisters zeigen, was eine rechte Independent Harke ist. Das Trio hat sich auf seinen Tonträgern dem Ausloten von Extremen zwischen alternativem Schrammelpop und (nicht zuletzt aufgrund Bassist Miyuki Furtados Dominanz auf der Debüt CD "Three Fingers") einer Art Dance-Pop-Ästhetik verschrieben. Doch es darf ohne Zweifel attestiert werden, dass die Sisters live in ganz andere Dimensionen vorstoßen. Wo die vorwiegend strukturfreien Elaborate auf Tonträger - mit all ihren repetitiven Elementen und der unerbittlichen Motorik - spröde, irritierend und ermüdend wirken können (jedenfalls dann, wenn man sich als Hörer nicht darauf konzentriert), so macht das auf der Bühne alles Sinn. Die Rogers Sisters wissen aus den minimalen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln das Bestmögliche herauszukitzeln.

Freundlichkeit oder Kommunikationsdrang gehören zwar nicht dazu - dafür aber sehen die Roger Sisters ziemlich cool aus, wissen, wie man sich sexy bewegt (um Missverständnissen vorzubeugen: Damit ist hauptsächlich wieder Bassist Furtado gemeint) und überzeugen durch Wucht und Präsenz. Zwar gibt es auch hier mehr Slogans als Texte und mehr Effekte als Strukturen, aber man kann dem Vortrag des Trios eine gewisse dynamische Dominanz nicht absprechen. Das ist typischer, dreckiger New York Underground - aufs Notwendigste reduziert und gerade deshalb besonders effektiv. Ein Beispiel: Während Laura Rogers sich mit stolpernder Eleganz selbst überholt und Furtado auf höchst lebendige Weise den Rhythmus umspielt - ohne sich allzusehr um die richtigen Töne zu kümmern, steht Frontfrau Jennifer Rogers entweder mit geschlossenen Augen oder mit dem Rücken zum Publikum da und attackiert ihr Instrument mit minimaler Notwendigkeit (zuweilen gar, ohne mit der linken Hand überhaupt Akkorde zu greifen). Für die kurze Spielzeit eines typischen Support-Slots jedenfalls, war das genau das Richtige. Die Rogers Sisters sind der klassische Fall einer typischen Live-Band, die Scheiben nur aus der Notwendigkeit heraus machen.

Metric gehören in ihrer Heimat Kanada bereits zu den Superstars, spielen z.B. mit den Stones zusammen und sind eigentlich bereits Besseres und Größeres gewohnt als mittelgroße Clubs wie den Prime-Club. Und so wunderte es nicht, dass sich dann eine gewisse Rockstar-Energie einstellte, als die Bühne für die Band parat gemacht wurde - die sich vor allem in einer professionellen Unaufgeregtheit und Effektivität bemerkbar machte. Und so gelang es dann im größten Trubel den komplexen Bühnenaufbau zu realisieren und die Soundmaschinerie durchzuchecken. Im Vorfeld bereits hatte es die Runde gemacht, dass Metric wohl zu den besten Live Bands der Jetztzeit zählen sollen. Um es kurz zu machen: Es stimmt.

Gerade erst war das zweite Metric-Werk, "Live It Out", hier erschienen (übrigens nahezu zeitgleich mit dem Re-Issue ihrere ersten CD, "Old World Underground, Where Are You Now?"), da legte das Quartett eine Show hin, die wieder einmal dazu beitrug, den Ruf Kanadas als Heimat der zur Zeit besten Band-Projekte zu festigen. Und das mit einem durchaus nicht typischen Ansatz. Wo der Einsatz von Keyboards im Live-Kontext - insbesondere bei Rockbands - ja eher verzichtbar erscheint, waren sie hier integraler Bestandteil des Konzeptes. Mehr noch: Der Keyboard-Anteil (zuweilen spielten Frontfrau Emily Haines und Jimmy Shaw gleichzeitig), war wesentlich größer als auf Tonträger - ohne dass dies etwa von der beeindruckenden Power zehrte, die Metric ausströmte. Auch die Gimmicks (z.B. französisch gesprochenen Texte oder spaßige kleine Intros), die auf der Scheibe für Abwechslung sorgen, wurden im Live-Vortrag weggestrichen - wie auch die Disco-Einflüsse, die das Metric-Werk ansonsten wie ein roter Faden durchzieht. "Poster Of A Girl", z.B., ging hier als straighter Rocksong durch. Metric gelang es tatsächlich, ihr Oeuvre im Live-Kontext auf eine ganz andere Ebene zu hieven. So beschränkten sich Emily (die natürlich die klassische Körpergröße von Rock-Sängerinnen von unter 1,65 m nicht überschritt) und ihre Jungs nicht darauf, einfach die sicheren Hits ihrer Scheiben so kraftvoll und schnell wie möglich herunterzuhecheln, sondern ließen sich viel Zeit damit, die Tracks durch Intros, Outros und spannungsgeladene Effektpassagen zu sezieren und dann der Stimmung entsprechend wieder zusammenzusetzen. Auch eher balladeske Nummern wie das düstere "Ending Start" gehörten zum Angebot. Dass aber Metric vor allen Dingen eine Rockband sind, daran blieb keine Sekunde ein Zweifel. Songs wie das mitreißende "Monster Hospital" bildeten daher das Rückgrat der Show. Emily Haines ist dabei die Frontfrau schlechthin. Mit cooler Grandezza zelebriert sie sich selbst als Posen-Queen - ohne dabei allerdings in die übertriebene Gestik vieler US-Bands mit Stadien-Erfahrung abzudriften: Wenn Emily herumhüpfte wie ein Derwisch, ins Publikum kletterte und von dort aus in Richtung der Bühne weiter sang oder sich theatralisch mit gen Decke gerichtetem Mikro auf den Boden legte (wie z.B. beim grandiosen Finale, der Feedback-Orgie "Dead Disco"), dann machte das Sinn und funktionierte auch im intimen Club-Ambiente ganz prächtig - ohne aufgesetzt oder peinlich zu wirken.

Überhaupt entstand der Eindruck, dass den vier Musikern die Performance ebenso am Herzen liegt, wie die Songs selber. Und dass alle vier grandiose Techniker sind, schadet natürlich auch nicht wirklich. Was die Sache dann noch von US-Bands mit ähnlichem Erfahrungslevel absetzte, war der Eindruck der Unbekümmertheit, mit dem Metric bei allem Kalkül zur Sache gingen. Ob sich das im Laufe der Entwicklung so beibehalten lässt, ist natürlich alles andere als sicher, im Moment aber gilt: Metric gehören tatsächlich zu den besten Live-Acts der Jetztzeit.

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Surfempfehlung:
www.ilovemetric.com
www.myspace.com/metricband
www.therogerssisters.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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