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Konzert-Bericht
 
Beharrlich surfend im Wahnsinn

Klez.e
Decorder

Köln, Blue Shell
05.09.2006
Klez.e
Nach dem Support für Kashmir im Februar und der gemeinsamen Tour mit Delbo im Juni ist dies bereits das dritte Mal in diesem Jahr, dass die Berliner Band Klez.e das Kölner Publikum mit ihrer Anwesenheit beehrt. Diese Beharrlichkeit scheint sich auszuzahlen: Zumindest ist das Blue Shell für einen Dienstagabend und trotz unangemessen hohem Eintrittspreis recht gut besucht. Vielleicht ist dies aber auch darauf zurückzuführen, dass die Band für ihr vor drei Wochen erschienenes Album "Flimmern" durchweg positive Kritik erhielt und nun endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die sie schon lange verdient hätte.
Die Vorband an diesem Abend, Decorder, gehört eigentlich schon zum Inventar des Blue Shells. Da es sich um ein Heimspiel handelt, stoßen die neuen Lieder, die sie an diesem Abend vorstellen, durchaus auf einiges Interesse seitens des Publikums. Leider wird hier der Schwachpunkt vieler deutscher Bands deutlich: Die Musik ist nett, unauffällig und es stört nicht im Geringsten, dieser Band eine halbe Stunde lang zuzuhören. Aber: aufregend, mitreißend, einzigartig zu sein, das ist etwas anderes.

Zum Glück sind es genau diese Eigenschaften, die Klez.e auszeichnen. Schon alleine das Eröffnungsstück "Strandlied", sicherlich eines der gelungensten deutschsprachigen Lieder der letzten Zeit, vermag es, einen alles rundherum vergessen zu lassen und einen in eine vollkommen andere Zeit zu versetzen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass man bereit ist, sich darauf einzulassen. Und das sind leider nicht alle Leute, die sich im Blue Shell eingefunden haben. Die Band hat mit dem berühmten Kölner Medienstadtproblem zu kämpfen: Man ist hier, um sich sehen zu lassen, Leute zu treffen und sein Bier zu trinken. Wenn das Gespräch mit dem Nachbarn interessanter ist, gerät der Auftritt einer Band schon einmal in den Hintergrund. In diesem Fall geschieht dies zwar vollkommen zu unrecht, aber der kontinuierliche Lärmpegel, der aus dem langem Raum von hinten nach vorne dringt, ist gerade bei ruhigen Stücken wie "Tag im Fall" und "Die Essenz" schwer zu ignorieren (das dies, auch in Köln, nicht zwingend so sein muss, zeigte zum Glück der Auftritt der Band drei Monate zuvor im Subway).

Ganz unschuldig ist die Band jedoch auch nicht an dieser Situation. Für das Publikum ist es schwer, eine Verbindung zu den Menschen auf der Bühne aufzubauen, wenn ausgerechnet der Sänger, auf den sich meistens alles konzentriert, fast den gesamten Auftritt lang große Teile seines Gesichts einfach hinter seinen Haaren versteckt. Man merkt es Tobias Siebert (auch bekannt als Gitarrist der großartigen Band Delbo und Produzent von Gruppen wie Hund am Strand) an diesem Abend an, dass die Frontmannrolle für ihn manchmal doch noch etwas ungewohnt ist. Auch die Kommunikation mit den Konzertbesuchern funktioniert nicht wirklich. Aber warum viele Worte verlieren, wenn die Musik doch für sich spricht.

Von dem neuen Album "Flimmern" werden bis auf eine Ausnahme alle Lieder live gespielt (das mit Abstand schwächste Lied "Standard" fällt zum Glück aus dem Set hinaus), und dabei wird klar, dass die Band einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht hat. Die Musik ist schnörkelloser und direkter als früher, das Zusammenspiel funktioniert und jedes Bandmitglied trägt seinen Teil zum Gelingen des Abends bei.

Positiv fällt auf, dass der Gesang, bei früheren Konzerten und dem ersten Album eine Schwachstelle, immer sicherer wird. Und als sich für einen kurzen Moment doch alle Beteiligten sowohl auf als auch vor der Bühne zusammentun und gemeinsam "Wir sind alle nur zum Leben hier" rufen, dann ist das schon fast ein kleiner Stadionrockmoment. Die Zugabe "Surfen im Wahnsinn" verdeutlicht noch einmal all das, was diese Band ausmacht: Die Stimmung wechselt hier genauso wie Tempo und Lautstärke, und nachdem das Lied einen immer weiter und weiter in einen Sog gezogen hat, ist es schon fast grausam, wie nach acht Minuten schlagartig alles vorbei ist, das Licht angeht, der DJ ein beliebiges Lied einer britischen Hypeband auflegt und die Konzertbesucher in die Wirklichkeit zurückgestoßen werden.

Es bleibt spannend, was die Zukunft für Klez.e bringen wird. Als Nächstes steht eine Tour im Vorprogramm von Madsen an. Ob das wirklich sein muss, bleibt fraglich, aber vielleicht hilft der Weg raus aus den Clubs und rein in die Hallen der Band, sich einem breiteren Publikum zu öffnen.

Surfempfehlung:
www.klez-e.de
www.myspace.de/kleze
www.decorder.de
Text: -Christina Ocklenburg-
Foto: -Carsten Wilhelm-


 
 

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