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Schöne Bescherung!

Marlango

Köln, Gloria
05.03.2007

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Marlango
Marlango, die Band um die spanische Engländerin Leonor Watling, zählt in Spanien zu den absoluten Erfolgs-Acts. Insofern war es dann nicht verwunderlich, dass die gesamte spanische Kolonie Kölns sich anlässlich dieses Ereignisses versammelt hatte. Natürlich ist die wörtliche Übersetzung von "Beautiful Mess" - einem Titel von Marlango - keineswegs "Schöne Bescherung"; aber irgendwie passt diese unperfekte Beschreibung zum Auftritt von Marlango im Kölner Gloria. Marlango haben es sich auf die Fahnen geschrieben, eben nicht perfekt sein zu wollen. Deswegen heißt ihre Debüt-CD auch treffend "Automatic Imperfection" und deswegen steht das organische Miteinander über allem anderen. Studiotricks, Computerspielereien oder elektronischen Schnickschnack wird man bei Marlango vergeblich suchen.
Der Live-Sound des Sextetts kommt deswegen dem auf der Scheibe vergleichsweise nahe. Aber nicht, weil das alles so steril und leblos ist, sondern weil die Sessions zu den Aufnahmen live im Studio stattfinden und die CD deswegen recht lebendig und organisch geraten ist. Dennoch ist ein Marlango-Gig anders als die CD. Denn während dort noch allerlei Bemühungen unternommen wurden, den Sound nachträglich auszufüllen und abzurunden (z.B. mit einer auf dem Tonträger vergleichsweise prägenden Orgel, die live ganz fehlt), gibt es im Live-Kontext eine klare Linie: Es geht um das Zusammenspiel von Piano, Stimme und Trompete / Flügelhorn (von rechts nach links). Die Rhythmusgruppe und auch die Gitarre stehen hier nicht nur sprichwörtlich in der zweiten Reihe. Neben den Stücken des aktuellen Albums gab es des Weiteren auch bereits einen Vorgeschmack auf kommendes Material sowie einige ausgewählte Coverversionen - darunter das einzige auf spanisch gesungene Stück sowie im Zugabenblock Tom Waits' "Jockey Full Of Bourbon" (der Bandname Marlango basiert auf dem Waits-Charakter Joe Marlango) und Sonny & Chers "The Beat Goes On", das redlich zur Demonstration der Solo-Fähigkeiten der einzelnen Musiker genutzt wurde. Im Zentrum des Geschehens stand aber zweifelsohne Leonor Watling, die sich zum Glück ihren Hauptberuf, die Schauspielerei (z.B. in Almodovars "Habla Con Elle") weniger stark als Leitlinie vorgelegt hatte, als das z.B. Kolleginnen wie Juliette Lewis tun. Ganz ohne sich einstudierter Posen zu bedienen, konzentrierte sich Leonors Performance um das selbstironische Kokettieren mit einer gewissen Unbeholfenheit, die sich allerdings dann immer mehr als Bühnenpersona offenbarte - das passte aber ganz gut, denn auch als Diva will Leonor Watling ja vermutlich nicht perfekt sein. (Ihr schwarzes Taft-Kleid wurde z.B. am Saum mit Klebeband zusammengehalten.) Für die Kommunikation mit dem Publikum sorgte dann allerdings eher Pianist Alejandro Pelayo, der seine kurzweiligen Ansagen von dem befreundeten - des Spanisch mächtigen - Hans übersetzen ließ. Als es z.B. darum ging, das Thema des "Pequeno Vals" (also des kleinen Walzers) mitzupfeifen, meinte er z.B., dass das doch recht einfach sein müsse für ein Volk, das so viele Komponisten hervorgebracht habe, wie die Deutschen.
Musikalisch boten Marlango nicht nur eine klare Linie, sondern auch eine verdichtete Version ihres Sounds. So wurden die Stücke an genau den richtigen Stellen beschleunigt (z.B. beim Titeltrack) bzw. entzerrt - wie z.B. bei "Shake The Moon". Ausgewalzte Live-Versionen hielten sich in Grenzen - was aber auch nicht wirklich Not tat, da es z.B. durch das dauernde, brillante Wechselspiel zwischen Trompete oder Flügelhorn und Gesang genügend Soli und Improvisations-Passagen gab, bei denen Oscar Ybarra, das dritte ordentliche Marlango-Mitglied, auch einmal aus dem Schatten am Bühnenrand hervortreten durfte. Im Prinzip bewegen sich Marlango im gemäßigten Tempo-Bereich am sichersten, zuweilen aber - wie z.B. gegen Ende des ersten Sets, gab es einige Up-Tempo-Nummern (u.a. ein neues Stück namens "Shout"), die für Abwechslung sorgten. Der spezifische Marlango-Stil - eine Art poppiger Trip-Hop-Jazz mit je einer Prise Düsternis und schwarzen Humors ("Twisted And Sick") zeichnete sich im entschlackten, auf das Wesentlichen reduzierten Live-Sound jedenfalls noch deutlicher ab als auf der Konserve. Lediglich bei lauten Passagen - etwa bei der einzigen Rocknummer "My Love", bei der Alejandro Pelayo zur Schrammel-Gitarre griff - hatte Leonor Watling Mühe, sich als Sängerin durchzusetzen. Nun machen ja aber Marlango keine Rockmusik, so dass das Konzept am Ende durchaus aufging. Marlango - und das zeigte sich an diesem Abend - haben als Musikkapelle - trotz aller Referenzen, die wie selbstverständlich in die Musik einfließen - ein sehr, sehr eigenständiges Gesicht und bieten eine interessante Alternative zu den üblichen angelsächsischen Elaboraten. Und das, obwohl in Englisch gesungen und typisch spanische Folklore bewusst ausgespart wird. Das ist salonfähiger Euro-Pop im besten Sinne.

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Surfempfehlung:
www.marlango.net
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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