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Der alltägliche Wahnsinn

First Aid Kit
Idiot Wind

Düsseldorf, Zakk
15.11.2012

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First Aid Kit
Es ist einfach nichts mehr, wie es mal war! Früher gab es mal feste Regeln im Musikbusiness: Tonträger erstellen, Promo machen, Tour, Burn-Out, nächsten Tonträger erstellen oder Kollabieren. Das ist heute schon ein wenig anders. Bei den Schwestern Klara und Johanna Söderberg - alias First Aid Kit - sah das Schema zum Beispiel ganz anders aus: Tonträger erstellen, Promo machen, Tour, erfolgreich sein, von Conor Oberst und Jack White adopiert werden, berühmt werden, Tonträger nochmal veröffentlichen (dieses Mal aber DeLuxe), noch 'ne Tour machen. Das ist ja im Prinzip recht effektiv - bedeutet aber natürlich auch, dass zwischendrin keine Zeit zum Luft holen bleibt - und noch schwieriger ist es natürlich, neues Material zu fabrizieren. Dennoch war jetzt diese zweite EIGENE Tour innerhalb eines Jahres keineswegs eine Kopie der ersten.
Zunächst mal hatten die Mädels nun ihrerseits jemanden adoptiert und mit auf Tour genommen - und zwar ihre Landsfrau Amanda Bergman, die sich da unter dem Künstlernamen Idiot Wind herumtreibt. "Idiot Wind" ist ja ein Songtitel von Dylan, aber ein seltsamer Name für eine Solo-Künstlerin (Amanda tritt wohl normalerweise mit einem Drummer auf, den sie in Düsseldorf jedoch nicht dabei hatte). Amanda präsentierte sich hier - rein konzeptionell bzw. optisch - als eine Mischung aus Scarlett Johansson und Anja Plaschg (Soap & Skin) und sang intensive, melancholische Piano-Balladen mit kräftiger, aber dennoch im entscheidenden Moment brüchiger Stimme (Fachleute nennen sowas auch gerne "verletzlich"), aber schüchternem Gehabe, zu dem auch passte, dass sie einräumte, nur zwei Stücke auf der Gitarre spielen zu können (eines davon Springsteens "I'm On Fire"). Insgesamt war das ein durchaus vielversprechender - vor allen Dingen aber musikalisch passender - Auftritt, der das Interesse an der weiteren Entwicklung von Idiot Wind geweckt haben dürfte.
Das Erste, was dann auffiel, als Klara und Johanna um Punkt 21 Uhr die Bühne betraten, war, dass es ein neues Backdrop hinter dem Kit ihres Drummers gab, auf dem dann auch gleich psychedelische Hippie-Motive projiziert wurden. Musikalisch hatten die Mädels dann zumindest mal das Programm umgestellt. Präsentierten sie auf der letzten Tour noch ihre Hits und Rausschmeißer zum Anheizen gleich zu Beginn, so wurden "Lion's Roar", "Emmylou" oder "I Met Up With The King" ganz ans Ende des Sets verbannt und der leicht alberne, aber gutgelaunte "Sailor's Song" fand sich gar im Zugabenblock. Tatsächlich konzentrierten sich Klara und Joanna gleich vom ersten Track "In The Morning" an auf die ruhigeren Stücke und präsentierten gar das traditionellerweise rein akustisch am Bühnenrand gegebene "Ghost-Town" (natürlich auf "Düsseldorf" lokalisiert) mitten im Set.

Die Aufgabenteilung bei den Söderberg-Sisters ist dabei klar: Klara ist die vernünftigere der beiden Schwestern und führt das Publikum erläuternd durch das Set und Johanna ist zuständig für politische Agitation ("We dedicate the next song to the support of Free Speech and Pussy Riot"), den Ausdruckstanz, das Headbanging und sonstigen allgemeinen Wahnsinn. Zu den Zugaben begrüßte sie etwa die Fans mit Heavy Metal-Gesten und die Erläuterung, was es auf der neu aufgelegten "Lion's Roar"-CD denn zu finden gäbe (ein Poster, einen Aufkleber, eine DVD mit drei Musikvideos und einem Documentary und - oh my God - drei neue Songs, von denen einer, "Marianne's Son" auch gleich gespielt würde), trug sie im Bette Davis-Stil einer überspannten Filmdiva vor. Der Vollständigkeit halber muss aber auch gesagt werden, dass sie schon weiß, dass das das ziemlich verrückt ist. Jedenfalls musste sie kichern, als Klara nach einer Zugabe in diesem Stil bat. Es ist nämlich des Weiteren so, dass First Aid Kit nicht nur verrückt, sondern eben auch cool sind.

So cool übrigens, dass sie eigentlich darauf verzichten könnten, Cover-Versionen ihrer Idole ins Programm zu nehmen. Dass sie es dennoch tun, zeugt unter anderem davon, dass sie bei allen zwischenzeitlichen Überflügen durchaus selbst auch Fans geblieben sind. So fand sich natürlich auch wieder das Fever Ray-Stück "When I Grow Up" im Programm und als besonderes Bonbon gab es als Zugabe noch Paul Simons "America". Letzteres hatten die Mädels - genau wie im Jahr zuvor im Falle von "Dancing Barefoot" und Patti Smith beim Schwedischen Polar Music Prize - zu Ehren des Preisempfängers vor diesem vorgetragen. Schließlich konnten sich die Damen am Ende gar darauf einigen, dass Paul Simon der beste Songwriter der Welt sei. Dabei ist dieser Song sogar wie für First Aid Kit gemacht, denn die nach wie vor beeindruckend kumulierten Stimmen der Schwestern kamen hier besonders schön zur Geltung - übrigens keineswegs perfekt: Es stimmte hier zwar nicht jeder Ton, aber was sich die Söderbergs harmonisch hatten einfallen lassen, passte wie der Deckel auf den Eimer der Simonschen Komposition. Aber genug der Fachsimpelei: Klara und Johanna hätten auch das Telefonbuch vorsingen können: Die Fans im ausverkauften Zakk hätten sogar dieses mitgesungen. Stattdessen aber bemühten sie sich (erfolgreich) den Songs eine etwas andere Gewichtung zu geben als bislang: "Lion's Roar" etwa kam - Headbanging-Finale und "Seven Nation Army"-Referenz hin oder her - als der astreine Walzer daher, der sich im Indie-Folk-Ambiente bislang eher versteckte und überhaupt reduzierten die Schwestern die Tracks eher als dass sie sie etwa aufbauschten. Was natürlich dem Gesangserlebnis durchaus zuträglich war.

Als dann die Party mit "King Of The World" (dann tatsächlich als Rausschmeißer und mit einem Gastauftritt von Amanda Bergman) zu Ende ging, gab es einzig zu bemängeln, dass die Show mit etwas über einer Stunde recht kurz ausgefallen war. Und es stellt sich im Nachhinein die Frage, warum beim Konzert von Larkin Poe im Sommer an gleicher Stelle eigentlich nicht genau das gleiche - übrigens generationstechnisch breit gestreute - Publikum aufgetaucht war...

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Surfempfehlung:
thisisfirstaidkit.com
www.facebook.com/firstaidkitofficial
twitter.com/firstaidkitband
www.idiotwind.se
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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