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Konzert-Bericht
 
Feuer, Milch & Whiskey

Lera Lynn
Fil Bo Riva

Berlin, Musik & Frieden
09.06.2016

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Lera Lynn
Die zweite Staffel der Fernsehserie "True Detective" ist ein Stück brillant besetztes TV-Kino mit glaubwürdigen Charakteren, exzellenter Musikauswahl, einer lebensnah inszenierten Beliebigkeit, mitreißender Dramaturgie und mehr tragischen Umständen und Toten als in einer durchschnittlichen Shakespeare-Tragödie zu finden sind. Damit ist sie der ersten Staffel in mancherlei Hinsicht sogar überlegen. Das Problem dabei ist: Mit einer solchen Meinung steht man sehr schnell alleine da, denn insbesondere die Damenwelt bemängelt vor allen Dingen das Fehlen von Matthew McConaughey als Hauptdarsteller. "Ganz alleine bist du nicht", beschwichtigt indes Josh Grange, der Produzent, Co-Autor und musikalische Partner, mit dem Lera Lynn eng zusammen arbeitet und der sie auch bei ihrem Deutschland-Debüt als Musiker unterstützt, "es gibt noch ein oder zwei andere, die denken, wie du." Dazu gehört Lera Lynn freilich nicht - und das, obwohl sie selbst doch eine kleine Rolle in der Serie gespielt hat und dortselbst Songs vorträgt, die sie selbst und Rosanne Cash sowie mit dem Musikproduzenten T-Bone-Burnett zusammen geschrieben hat, der sie eigens ausgesucht hatte, sich an dem Soundtrack der Serie zu beteiligen, nachdem er ihre EP "Living In The Sun" gehört hat. Und dennoch: Auch wenn sie die Serie nicht so berauschend findet, ist sie letztlich mit den Songs des Soundtracks überhaupt erst einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden, und so wunderte es denn auch nicht, dass die Fans im Berliner Musik & Frieden zunächst mal wegen dieser Songs aufgeschlagen waren, um mal zu sehen, was Lera Lynn live zu bieten hat. Ach ja: Ein paar Tage zuvor hatte Lera das aktuelle Album "Resistor" veröffentlicht, das sie nun auch in unseren Breiten als Recording Artist flächendeckend etablieren sollte.
Den Support durften zunächst mal die Berliner Lokalgrößen Fil Bo Riva absolvieren. Der in Italien aufgewachsene Wahl-Ire und nun Wahl-Berliner spielte (angeblich, weil der Drummer nicht bezahlt werden konnte) in abgespeckter Form im Duo-Format auf akustischer Basis seine recht eigenwillig konstruierten, psychedelisch angehauchten Folk-Songs und trug diese mit einer charakteristischen Reibeisen-Stimme vor. Am Ende flocht er dann noch den von Scott McKenzie berühmt gemachten John Phillips-Song "San Francisco" in sein Oeuvre ein. Das war alles soweit ganz okay - auch wenn das sparsame Setting etwas vom Reiz des Materials ablenkte - ABER: Egal aus welchen Gründen sollte man niemals sagen, dass ein ein eigener Song nicht so gut sei. Niemals.
Schließlich betraten dann Lera Lynn und Josh Grange die Bühne. Wer denn die zweite "True Detective"-Staffel gesehen hat, der bekam hier dann ungefähr das geboten, was es auch in der Serie zu hören gab: Ein im Vergleich zu den phantastisch arrangierten LPs eher asketisch angerichtetes, aber extrem effektiv inszeniertes, atmosphärisches Americana-Noir-Dreamscape-Setting nämlich. Das Erfolgsgeheimnis ist dabei ganz einfach zu erklären (und das ist ja auch irgendwie schön, dass so etwas mal möglich ist), denn es besteht schlicht und ergreifend aus Bariton-Gitarren. Das sind tiefer als normal gestimmte elektrische Gitarren mit einem fleischigen Sound (etwa solche von Gretsch) und mehr Bass-Saiten als Ersatz für konventionelle Saiten, wie sie auf üblich aufgezogene Gitarren anzutreffen sind. Diese Instrumente ermöglichten es Lera und Josh - quasi ohne zusätzliche Effekte -, einen beeindruckend druckvollen und fülligen Twang Sound hinzulegen, der wie gemacht ist für jenes düstere Nachtschatten-Setting, das Lera für ihren Sound bevorzugt. (Und dass sie damit keinen Spaß versteht, zeigen Titel wie "Fade Into The Black" recht deutlich.)

Bei dem Konzert gab es nun einen gesunden Mix aus allen Veröffentlichungen Leras - also auch von ihrer ersten, noch etwas konventioneller gehaltenen LP "Have You Met Lera Lynn", dem zweiten Album "The Avenues", der o.a. EP, dem Soundtrack und natürlich dem neuen Album "Resistor". Zwei ausgezeichnete Cover-Versionen - Bruce Springsteens "Fire" (Feuer ist auch so ein Lera-Leitthema) und eine abenteuerlich zerdehnte, aber immens effektiv wieder zusammengesetzte Slow-Core-Variation von "Ring Of Fire", der Lera und Josh durchaus ganz neue Aspekte abgewinnen konnten. Josh hatte im Vorfeld versucht, Lera Lynn auf die Mentalität des deutschen Publikums einzustimmen. Dennoch schien sie am Ende überrascht über den Umstand, dass man sich hierzulande erst alles artig anhört und anschließend klatscht. Die Performance selbst war dann von einer beeindruckenden Professionalität gekennzeichnet. Zwar sagt Lera von sich selbst, dass sie keine Virtuosin sei, aber dass es jemand fertig bringt, etwa während des Singens die Gitarre zu stimmen, sieht man auch nicht alle Tage. Gelegentlich wurden dann noch Loops oder Beats einbezogen, um das Klangbild etwas fülliger zu gestalten (gleichwohl dank der erwähnten Bariton-Gitarren kaum etwas zu fehlen schien). Und dann war da noch diese spezifische Art von Südstaaten-Humor zu beobachten: "Wir spielen jetzt einen Song, der richtig Spaß macht", kündigte Lera etwa "Little Ruby" vom "Resistor"-Album an - nur ist das im Wesentlichen ein Blues; wenn auch mit einem ironischen Text. "Und das hier lässt uns an zu Hause denken", erklärte die gebürtige Texanerin schließlich und hielt eine Flasche Bourbon-Whiskey hoch, "wir kommen nämlich aus Tennessee, falls wir das noch nicht erwähnt haben sollten." Worauf Lera damit auch anspielen wollte, war dann der folgende Song "Whiskey" vom Debütalbum. "Das ist der erste Song, den Lera jemals geschrieben hat", erläuterte Josh, "da war sie neun Jahre alt." (Das ist dann ein wenig übertrieben: Lera schreibt erst Songs seit sie 14 ist und hat nach der Highschool mit dem Profi-Business angefangen.) "Sowas passiert dann eben, wenn man den Whiskey schon mit der Muttermilch serviert bekommt," ergänzte Josh noch. "Das kann man auf jeden Fall spüren", bestätigte Lera das dann auch. Ein Foto im Sleeve ihrer ersten Scheibe zeigt Lera zudem mit einem Glas Whiskey am Steuer eines Autos sitzend. Das gehört wohl halt einfach so, in den Südstaaten.

Beendet wurde das Konzert dann mit weiteren "True Detective"-Songs und dem bereits erwähnten Johnny Cash-Cover. Am Ende musste Lera Lynn den begeistern Fans dann noch versprechen, demnächst auch mal eine ordentliche Tour in unseren Breiten zu absolvieren, denn das Interesse hierfür scheint ja wohl durchaus gegeben.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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