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Konzert-Bericht
 
Das muss man meinen

Hanna Leess

Köln, Die Wohngemeinschaft
19.11.2016

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Hanna Leess
Es gibt Künstler, die in Live-Auftritten wohl nur eine Möglichkeit sehen, Werbung für ihre gerade erschienene Scheibe zu machen, und es gibt solche, die offenbar mit der Bühne verwachsen zu sein scheinen und im Live-Auftritt die eigentliche Berufung sehen. Hanna Leess gehört zweifelsohne zur letztgenannten Kategorie. Noch bevor ihre - im Nachhinein betrachtet treffend betitelte Debüt-CD "Dirty Mouth Sweet Heart" - in den Läden stand, tourte sie als Support von Damien Rice durch unsere Lande und präsentierte schließlich auf dem Reeperbahn Festival am Tag der Veröffentlichung ihr Material erstmals in eigener Sache. Nun ist sie - mit derselben zweiköpfigen Band aus ihrer Wahlheimat Berlin - auch auf ihrer ersten Headliner-Tour unterwegs.
Worum es Hanna geht, wird ziemlich schnell deutlich - einfach indem sie sich mit einer Hingabe, Inbrunst und Ernsthaftigkeit in ihr Material stürzt, die angesichts dessen, dass sie sich als Person so überhaupt nicht ernstzunehmen scheint und für jeden selbstironischen Spaß zu haben ist, dann doch irgendwie überrascht. Die CD ist dabei nur ein grober Anker, um den herum Hanna ihre Show aufbaut. Zwar wurden alle Tracks, die sich auf der CD finden, auch gespielt, aber vieles, was da von der Bühne quoll, hatte man so vorher noch nicht gehört. Das galt sowohl für die soulig swingende Emulation der bekannten Stücke, wie auch für jene - etwa Single-B-Seiten oder andere Nicht-LP-Tracks -, die Hanna ziemlich spontan zusätzlich aneinanderreihte. Es gab zwar eine Setlist - diese diente aber offensichtlich nur als Anhaltspunkt. Alles, was Hanna und ihre Jungs vortrugen, kam jedenfalls extrem organisch, spontan und glaubwürdig rüber. Interessant bei der ganzen Aktion ist dabei der Umstand, dass sich Hanna & Co. bei den Live-Arrangements - die sich oft zwischen Swing, Rhumba, Soul und Blues bewegen - sehr stark von den Vorgaben der CD-Aufnahmen entfernen, was der Sache ein unglaublich authentisches Live-Feeling verleiht. Dabei überrascht die Band dann durch eine erstens bemerkenswert subtile Lautstärke und zweitens dadurch, dass die Herren etwa voller Begeisterung ohne Mikrofone mitsingen (etwa bei Hannas auch als Video vorliegendem Song "My God Knows How To Cry"). Laut wurde es gar nicht - aber dennoch können Hanna & Co. auch mal aufdrehen und Songs wie z.B. "Punk Love" dann zumindest als Country-Hoedown präsentieren.
Bei all dem kommt Hanna selbst wie eine Interpretin rüber, die das alles schon seit 30 Jahren macht (was ja nicht gut sein kann, da sie selbst noch nicht so alt ist (auch wenn sie auf ihrer Facebook-Seite kolportiert, dass diese 1769 gestartet wurde)). Das liegt vor allen Dingen an der nonchalanten Art, mit der sie da fast verspielt über die Saiten ihrer Telecaster-Gitarre huscht und eine lange Spielpraxis erahnen lässt und natürlich an der markanten, Whisky-heiseren Gesangsstimme, die gerne auch mal in den entscheidenden Augenblicken effektiv und Joplin-like wegbricht und auf diese Art auch irgendwie altersweise klingt. Wie gesagt nimmt Hanna die Musik bei all dem schon sehr ernst - während sie sich an ansonsten ohne Punkt und Komma um Kopf und Kragen redet; etwa, indem sie von ihren Drogen-Erfahrungen in der Wüste berichtet oder davon wie sie im besoffenen Kopp den Sohn von Curtis Mayfield angellalt hatte, wie sie mit ihrer Unfähigkeit, die Gitarre zu stimmen kokettiert - oder auch jener, die Bühne ordentlich zu dekorieren, mit ihren Deutsch-Kenntnissen witzelt, sich mit ihren Jungs und dem Publikum auf Teufel komm raus amüsiert und keine Gelegenheit ausnutzt, sich über sich selbst lustig zu machen. "Rieche ich etwa?", fragt sie ihren Drummer, nachdem sie sich so richtig in Rage gespielt hatte, "wenn, dann ist aber kein Essensgeruch dabei - das ist alles animalisch." Der subtile Witz, der auch in ihren Lyrics zu finden ist, macht jedenfalls auf der Bühne einem breiter angelegten Angriff auf die Lachmuskeln platz, der Hanna Leess’ Shows - auf grundsympathische Art - zu den unterhaltsamsten und lustigsten ihrer Art geraten lässt. Wie gesagt: Ohne dass dabei die Musik etwa zu kurz käme.

Hanna selbst hat mal gesagt, dass man einen Song auch meinen muss, wenn man ihn denn schon schreibt. Das gilt auch für den Vortrag: Hanna meint ihre Songs mit jeder Faser ihres Seins. Aufgrund der o.a. Comedy-Eskapaden und aufgrund des beachtlichen Repertoires an Songs sind Hanna Leess-Konzerte recht lang. Deswegen war es schon mal gut, dass kein Support-Act hinzugebucht worden war. Mit den Zugaben mussten sich Hanna & Co. jedoch sputen. Da sie hierzu ihre Gitarre wieder zum Stimmen an den Bassisten weiterreichen musste, setzte sie sich deswegen spontan ans Piano und intonierte - durchaus überzeugend - Curtis Mayfields "People Get Ready" - das von den Jungs dann nonchalant aufgegriffen wurde. Am Ende dürfte dieser Abend dann als bestmögliches Live-Entertainment in der Erinnerung verbleiben. Was will man mehr?

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Surfempfehlung:
hannaleess.com
www.facebook.com/hanna.leess
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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