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Preisgekrönt eigensinnig

Bob Dylan

Düsseldorf, Mitsubishi Electric Hall
13.04.2017
Bob Dylan
Bob Dylan macht, was er will. Eigentlich ist das überhaupt keine neue Erkenntnis, doch weil beim Gastspiel der amerikanischen Singer/Songwriter-Kultfigur in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle viele vom Gewinn des Literaturnobelpreises aufgescheuchte "casual fans" dafür sorgen, dass die Mehrzweckhalle anders als bei seinen früheren Auftritten an gleicher Stelle trotz dreistelliger Ticketpreise bis auf den letzten Patz gefüllt ist, gibt es an diesem Abend deutlich mehr Menschen, die nervös auf ihren 100-Euro-Sitzen herumrutschen und mit steigender Verzweiflung darauf warten, endlich mal ein Lied zu erkennen. Natürlich wird auch dem Maestro der plötzliche Popularitätsschub nicht entgangen sein. Programmtechnisch Rechnung trägt er ihm - natürlich! - dennoch nicht. In Düsseldorf stammt ein Großteil der Lieder aus den letzten zehn Jahren.
Um Punkt 20.00 Uhr geht das Saallicht aus und die spärliche Beleuchtung auf der Bühne an. Wie schon in den vergangenen Jahren tauchen auch dieses Mal sieben riesige alte Filmscheinwerfer Dylan und seine seit vielen Jahren unveränderte Band aus Könnern in ein diffuses Licht, das man vielleicht auf einem Filmset der 40er-Jahre, aber ganz sicher nicht bei einem Rockkonzert im Hier und Jetzt erwartet. Das allerdings passt ganz ausgezeichnet zum altmodischen Sound, dem Dylan seit seiner Großtat "Love & Theft" im Jahre 2001 Schritt für Schritt nähergekommen ist und der in den zuletzt in schneller Folge veröffentlichten Alben mit Sinatra-erprobten Swing- und Crooner-Coverversionen seinen folgerichtigen, wenngleich bei vielen alteingesessenen Fans wenig geliebten Gipfel erreichte. Unbeirrt und ja, auch ein bisschen störrisch folgt Dylan an diesem Abend seinen Visionen, streift dabei allerdings nur ganz gelegentlich all das, was ihn erst zur lebenden Legende gemacht hat. Deutlicher als zuvor macht sich inzwischen auch sein Alter bemerkbar. Der fast 76-jährige Tausendsassa gibt in Düsseldorf sein Bestes, klingt aber inzwischen fraglos so alt wie er ist.

Vielleicht auch deshalb hat er im Vergleich zu den Vorjahren seinen Aktionsradius noch einmal eingeschränkt und geht mit seinen Ressourcen spürbar sparsamer um. Seinen schwarzen Flügel verlässt er nun nur noch selten in Richtung Bühnenmitte, wo er - unerwartet lässig - den Mikroständer Elvis-like fest im Griff hat. Freie Hände braucht er heute nicht mehr, denn zur Gitarre oder zur Mundharmonika zu greifen verkneift er sich genauso, wie auch nur ein einziges Wort an die Zuschauer zu richten. Seine Wünsche ans Publikum übermitteln derweil die Sicherheitskräfte. Wer auch nur daran denkt, sein Handy aus der Tasche zu nehmen, hat schneller den Taschenlampen-Lichtkegel der Securities im Gesicht, als er "Ich wollte doch nur meiner kranken Frau zu Hause eine SMS schreiben" stammeln kann.

Das derzeit 21 Songs umfassende Programm variiert anders als in früheren Jahren inzwischen von Abend zu Abend nur noch in Nuancen, dennoch hat sich Dylan seine alte Unberechenbarkeit auf der Bühne erhalten. Statt der Setlist krempelt er heute einfach regelmäßig die Arrangements der Lieder um, die er seit Jahren allabendlich spielt. Manchmal gewinnt er so eigentlich längst totgespielten Klassikern neue Seiten ab - "Tangled Up In Blue" hatte schon lange nicht mehr so viel Drive, so viel Klarheit -, bei "Things Have Changed" will das galoppierende Schlagzeug dagegen nicht so recht zur feinsinnigen Ironie des Textes passen, und auch "Long And Wasted Years" hat viel von der Energie eingebüßt, die es bei seiner Premiere vor vier Jahren noch hatte. Die Handvoll Crooner-Cover setzt die Band kompetent in Szene, ihre zerbrechliche Kunstfertigkeit geht auf dem langen Weg bis in die hinterste Ecke der Halle allerdings oft verloren. Nur "That Old Black Magic" mit seinem rasanten Schlagzeugeinsatz bleibt wirklich haften.

Doch auch wenn sich Dylan klanglich mit jedem Jahr weiter von jeglichen Zugeständnissen an den Zeitgeist entfernt und seinen Sound inzwischen so verdichtet hat, dass die Band immer weniger Raum zur solistischen Entfaltung hat, deckt er doch immer noch eine große Bandbreite ab. Um die Verweise auf Blues, Folk, Americana, Chanson und Rock'n'Roll mitzubekommen, muss man allerdings schon sehr genau hinhören. Eine Aufgabe, der nicht alle, die nur gekommen sind, um Dylan von der Bucketlist zu streichen, gewachsen sind - etwa der Anlageberater, der auf dem Heimweg in der S-Bahn am Handy erzählt, Dylan habe kein einziges altes Lied gespielt. Dabei waren mit "Don't Think Twice, It's All Right", "Highway 61 Revisited", "Desolation Row" und bei der Zugabe mit "Blowin' In The Wind" und "Ballad Of A Thin Man" gleich eine Handvoll Greatest Hits aus den 60ern im Programm - wenngleich zugegebenermaßen in zumeist ambitionierten Neuarrangements.

Der Applaus am Ende ist vielleicht auch deshalb eher verhalten, die Stimmung auf dem Weg nach draußen wenig euphorisch. Dylan selbst wird das, wie so vieles in den mehr als 50 Jahren einer langen, einzigartigen Karriere, herzlich egal sein. Dass er sich auf den letzten Metern seines Künstlerlebens noch einmal ändert, steht jedenfalls nicht zu erwarten. Wie singt er doch im programmatischen "Why Try To Change Me Now"? "Let people wonder, let 'em laugh, let 'em frown". Zumindest das ist ihm bei seinem Konzert in Düsseldorf problemlos gelungen.

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www.bobdylan.com
facebook.com/bobdylan
Text: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-


 
 

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