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Das Ying und Yang des Herzens

Jadea Kelly
Ryan O'Reilly

Duisburg, Privatkonzert
20.01.2018

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Jadea Kelly
Wie genau der Ire Ryan O'Reilly und die Kanadierin Jadea Kelly nun aneinandergeraten sind, lässt sich so genau auch nicht mehr rekonstruieren. Jedenfalls führte diese Zusammenkunft zu einer fruchtbaren Kollaboration, die zum einen dazu beitrug, dass man an gemeinsamen Songs arbeitet (wenn sich die Zeit dazu findet) und dass man andererseits gelegentlich gemeinsam auf Tour geht. Nach 2014 waren Ryan und Jadea nun also wieder gemeinsam unterwegs und machten auch in Duisburg bei einem Privatkonzert Station.
"Es gibt übrigens einen Grund dafür, warum wir nicht öfter auf Tour gehen", erklärte Ryan, der mit den Songs seines neuen Albums "I Can't Stand The Sound" den Abend eröffnete, "das ist mir heute wieder klar geworden, denn Jadea kann ganz schön nerven." So richtig ernst gemeint war das sicherlich nicht - denn was sich neckt, das liebt sich -, allerdings haben Jadea und Ryan schon eine recht spezifische Art von Humor, auf den man sich als Zuhörer erst mal einlassen muss. "Wir haben uns auf dieser Tour jetzt auch besser kennengelernt", erklärte zum Beispiel Jadea bei ihrem Auftritt (den sie zusammen mit ihrem Gitarristen Tom Juhaus absolvierte), "was hauptsächlich daran liegt, dass Ryan immer hereinplatzt, wenn ich mich gerade umziehe. Wir wissen also so ziemlich alles über uns."

Nun sind weder Ryans noch Jadeas Songs wirklich lustig, aber beide sind wahre Meister daran, die Geschichten, die den jeweiligen Songs zugrunde liegen, auf unterhaltsame Art dem Publikum zu vermitteln. Es wird also viel geredet und gelacht, bei Shows mit Ryan und Jadea. Was aber ausdrücklich nichts ausmacht, denn zum einen hat man so als Zuhörer die Möglichkeit, tiefer als gewöhnlich in die Gedankenwelten der Protagonisten eintauchen zu können und zum anderen geraten die Shows - trotz der beschränkten Möglichkeiten eines Solo-Auftrittes - so betont kurzweilig und informativ. Ryan O'Reilly ist dabei einer jener Songwriter, die ihre persönlichen Gedankengänge dazu nutzen, diese in poetischer Form auf eine universelle, metaphernbehaftete Ebene zu hieven, zu der dann auch der Otto Normalhörer einen Zugang finden kann. Ryan meint zu diesem Thema sogar, dass er beim Schreiben seiner Songs gar nicht so sehr an den Zuhörer denke. Auch das ist nicht böse oder verächtlich gemeint, sondern bedeutet, dass Ryan, indem er sich auf seine Sichtweise beschränkt, umso überzeugender und glaubwürdiger agieren kann. Seine - gerne auch mal von seiner katholischen Herkunft inspirierten - Elegien kommen daher (auch im Solo-Setting) betont persönlich, intim und berührend daher. Kein Wunder eigentlich, dass er seine Songs fast durchgängig mit intensiv zusammengekniffenen Augen, mit einer großen Ernsthaftigkeit und einer fast fühlbaren Inbrunst vorträgt. Dafür, dass das dann nicht zu viel wird, sorgen dann die erwähnten, gut gelaunten Ansagen und Hintergrund-Stories zu den Songs. Nur mal als Beispiel: "Make It Holy" entstand auf einer Autofahrt im Stau, in dem sich Ryan zunächst darüber aufregte, dass es einfach nicht weiter ging. Als dann aber die Krankenwagen und Polizeifahrzeuge anrückten, sei ihm klar geworden, dass es da durchaus Personen gäbe, die wirkliche Probleme haben könnten (und vielleicht sogar in Lebensgefahr wären) - was seine eigenen Gedanken dann deutlich relativierte. Gerade diese Fähigkeit, vom banalen Detail auf das universelle Ganze schließen und dabei zu einem philosophischen Resümee kommen zu können, zeichnet ihn als Songwriter aus. Zugegebenermaßen leben seine Songs im Solo-Vortrag dabei eher von ihrer konzeptionellen Kraft als von der musikalischen Darbietung, die sich hier eben zwangsläufig auf das Notwendige beschränken muss.

Das ist der Grund, warum Jadea Kelly nicht alleine auftritt, sondern mit ihrem Gitarristen Tom Juhaus, der auch auf ihren Scheiben mitwirkt und der mit seiner E-Gitarre und seinem Pedal-Board für eine stilistisch breit gefächertes und atmosphärisch weit gestreute Basis sorgt, die dem musikalischem Stil, den Jadea seit ihrer vorletzten CD "Clover" (und natürlich auf dem aktuellen Werk "Love & Lust") bevorzugt, durchaus entgegen kommt. Denn die Kanadierin Jadea Kelly ist keine typische Folksängerin, sondern eine Musikerin, die mit Klang und Produktion durchaus eigenständige Ergebnisse deutlich jenseits klassischer Americana-Emulationen erzielt. Jadea ist auch weniger eine Geschichtenerzählerin, sondern vermittelt ihre Gedanken lieber mit Metaphern, Aphorismen und Bildern - wobei sie indes nie auf Details verzichtet, sondern auf konkreten Gegebenheiten und Fakten aufbaut. Da es sich bei "Love & Lust" um ein "Breakup-Album" handelt, kamen die Songs im Duo-Format natürlich eher melancholisch und getragen daher. Jadeas Talent, die gebotene Ernsthaftigkeit im Vortrag mit zum Teil haarsträubenden, selbstironischen Anekdötchen und dem ständigen Geplänkel mit Ryan O'Reilly aufzuheitern, kam dabei gerade recht. Da das Thema "Love & Lust" aber für Jadea mittlerweile abgeschlossen ist, gab es mit dem neuen Song "Make Peace With It" auch bereits einen versöhnlicheren Ausblick auf das nächste Album. Neben Tom Juhaus bat Jadea auch noch mal Ryan O'Reilly auf die Bühne, mit dem zusammen sie dann einige gemeinsam fabrizierte Elaborate zum Besten gab. Am Ende jedenfalls blieb so ein ebenso unterhaltsamer wie informativer wie kurzweiliger Konzertabend in Erinnerung. Und zudem versprach Jadea auch, dass das nächste Album (das sie "Roses" nennen will) auch musikalisch wieder etwas lebensfroher sein solle.

Jadea Kelly
NACHGEHAKT BEI: JADEA KELLY

GL.de: Was war denn eigentlich die Grundidee des Albums "Love & Lust"?

Jadea: Die Inspiration für dieses Album waren gebrochene Herzen. Wir wollten etwas wie "Jagged Little Pill" von Alanis Morrisette machen. Etwas Wütendes, Gebrochenes. Das hatte etwas Heilendes für mich, so dass ich die Herzschmerz-Sache hinter mir lassen konnte. Ich habe das Album zusammen mit meinem Gitarristen Tom Juhaus und dem Produzenten Stew Crookes produziert und es war wie eine Art Therapie für mich.

GL.de: Nun ist das Album aber doch eher sanftmütig und gelassen - und nicht wild und laut?

Jadea: Ja, das war aber keine Absicht. Ich bin nur keine Person, die am Gefühl des Hasses festhalten kann. Ich mag auch keine Konfrontationen. Es geht ja nicht nur um Herzschmerz und Wut auf dem Album, es geht auch um Vergebung und Hoffnung. Und auch um Reife. Ich bin sozusagen aufgewachsen, als ich dieses Album gemacht habe und habe auch etwas über mich selbst gelernt und über die menschliche Verwundbarkeit.

GL.de: Obwohl das Album viele Metaphern und Aphorismen enthält, ist es doch auf der anderen Seite gespickt mit persönlichen Details. Ist das notwendig?

Jadea: Ja. Der zentrale Song des Albums ist für mich "Maria". Sie ist eine reale Person, die auch tatsächlich so heißt. Sie hatte eine lange Affäre mit meinem damaligen Partner. Letztlich ist sie aber auch nur einfach eine Frau, die sich in jemanden verliebt hat. Ich finde es schön, dass ich meine eigenen Gefühle, mein gebrochenes Herz betreffend, auf diese Weise in meine Kunst umsetzen kann und dadurch vielleicht anderen Leuten helfen kann. Für mich ist es wichtig, wenn Songs mit konkreten Namen daherkommen. Dolly Parton hatte "Jolene" und Norah Jones hat "Mariam" und es geht dabei immer um diese "andere Frau" und die Geheimnisse, die sie umgibt.

GL.de: Was ist denn das Ausschlaggebende bei einem Song?

Jadea: Da geht es mir immer um Aufrichtigkeit und die Texte. Ich betrachte mich nicht als Top 40-Songwriter - obwohl ich sowas für andere Leute schon mache -, aber für mich selbst geht es immer um eine ruhige musikalische Landschaft mit viel Raum und einer schönen Atmosphäre und wenn ich aufnehme, dann möchte ich immer auch ein bestimmtes Gefühl einfangen.

GL.de: Ist die Umgebung dabei ausschlaggebend?

Jadea: Nun, ich komme von einem Ort namens Prince Edward County in der Provinz Ontario in der Nähe von Toronto. Das fühlt sich wie eine Insel an - obwohl es keine ist. Es gibt dort aber viel Wasser, was vielleicht zu den Wasser-Referenzen auf dem Album geführt haben mag. Als das, was auf "Love & Lust" beschrieben wird, passierte, habe ich mich bei meinen Eltern in einer kleinen Hütte versteckt und diese Songs geschrieben - daher mögen wohl die Wasser-Bezüge kommen. Es ist wichtig flüssig zu sein.

GL.de: Was sind die wichtigsten musikalischen Inspirationen?

Jadea: Nun, ich denke andere Songwriter. Es gibt in Toronto eine großartige musikalische Gemeinschaft. Aber auch die Natur ist mir wichtig als Inspirationsquelle. Ich arbeite auch als Künstlerin mit getöntem Glas und mache Lampen, Glas-Gitarren und Verzierungen und sowas. Das ist ein Ausgleich für mich, beruhigt und inspiriert mich auch. Für meine geistige Gesundheit ist es eigentlich wichtig an einem ruhigen Ort zu Leben. Allerdings bin ich nach der Geschichte erst mal nach Nashville gezogen und momentan habe ich eigentlich gar keinen festen Wohnsitz.

GL.de: Warum heißt das Album eigentlich "Love & Lust"?

Jadea: Ich denke, dass "Liebe" und "Lust" zwei ziemlich gegensätzliche Konzepte sind. Sie sind auch widersprüchlich, da sie auch zusammen existieren können. "Liebe" und "Lust" sind wie das "Ying" und "Yang" des Herzens. Und sie repräsentieren auch die beiden weiblichen Charaktere auf dem Album. Was ich daraus gelernt habe ist, dass es mehr im Leben gibt als Liebe und Herzschmerz und dass man auch die Einsamkeit genießen kann und alleine zurechtkommen kann.

GL.de: Ist das Thema damit erst mal angeschlossen?

Jadea: Ich denke schon. Es wird auf dem nächsten Album mehr zu Tanzen geben, mehr Freude und mehr Hoffnung. Das nächste Album soll auf jeden Fall meinen Zustand widerspiegeln - und jetzt bin ich schon seit einer längeren Zeit sehr glücklich, denn die Ereignisse von "Love & Lust" liegen nun schon drei Jahre zurück. Ich habe mich jedenfalls weiter entwickelt. Das nächste Album wird demzufolge "Roses" heißen und sehr leidenschaftlich sein.

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Surfempfehlung:
www.darthjadea.com
www.facebook.com/darthjadea
www.ryanoreilly.uk
www.facebook.com/ryanoreillyband
Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-

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Mehr über Jadea Kelly:
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