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Dream Theater
Pain Of Salvation

Oberhausen, Arena
09.02.2002

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Dream Theater
Dream Theater sind bekannt dafür, daß sie keine Angst vor grandiosen Vorgruppen haben, was durch Namen wie Fates Warning, Threshold, Vanden Plas, Emerson Lake und Palmer, Deep Purple oder auch Spock's Beard eindrucksvoll belegt wird. Doch wohl selten wurde eine beeindruckendere, sich gegenseitig nur stärkende und nie schwächende Live-Allianz geschmiedet, wie bei den Dates gemeinsam mit den Schweden von Pain Of Salavation. Ein teilweise schmerzlich-schöner Traum aus Tönen und Farben entstand, in Oberhausen träumten knapp 6.000 Progressive Rock-Fans mit.
In den Traum hineinverzaubert wurde das Auditorium mit dem über die kristallklar ausgesteuerte PA der Arena eingespielten Tape-Intro des Titelstück der aktuelle P.O.S.-Veröffentlichung "Remedy Lane", einem elektrisierenden Instrumental, das in der Art einer Opernovertüre etliche der musikalischen Motive dieses einzigartigen Albums aufgreift und verändert. Wer nur irgendetwas für Progressive Rock und Metal über hat und diese Scheibe - eine Art atemberaubend schönem "musikalischem Grabstein", den P.O.S.-Mastermind Daniel Gildenlöw einer schmerzlich gescheiterten Beziehung gesetzt hat - noch nicht sein eigen nennt, sollte sie sich schnellstmöglich zulegen. Allerdings nur, wenn er es ertragen kann, zunächst mal mehrere Tage nicht mehr vom CD-Player weg zu kommen. Diese Overtüre legte die Latte reichlich hoch für die folgen fünfzig Minuten der schwedischen Ausnahmemusiker. Vom Album, das ihnen in Prog-Kreisen endgültige Heiligsprechung verschafft hatte - "The Perfect Element, Part I" - folgte nun der verzweifelte Aufschrei "Used", was passend in "Fandango", wieder vom aktuellen Meisterwerk, überführt wurde. Die Melodieführung zeigt hier Jazzphrasierungen über einem bedrohlich brummelnden Rhythmusfundament, doch bei aller Komplexität wirken diese so leidenschaftlich hervorgebrachten Kompositionen von Daniel G. vor allem mitreissend und beglückend, wie jeder Blick in die Runde der wohlgefüllten Arena bewies: Strahlende, atemlos gebannte, einfach verblüffte Gesichter beherrschten die Szene.

Überhaupt Daniel G.: Einer der sympathischsten "Stars" der Metalszene überhaupt, begnadeter, stets songdienlich arbeitender Leadgitarrist und völlig unvergleichlicher Sänger, der im einen Moment wie ein Amalgam aus jungem Glen Hughes und Ian Gillan Kopfstimmenschreie wie Lichtschwerter durch den Konzertsaal entsenden kann und im nächsten Moment die halluzinatorischen Beschwörungen der tieferen Parts eines Geoff Tate (Queensryche) noch übertrifft. Weit davon entfernt, nur das aktuelle Album "pushen" zu wollen, wurde nun mit dem rhythmisch vertrackten "Nightmist" des '99er Albums "Entropia" gedacht. Nächste Station war wieder "The Perfect Element", dem mit "Ashes" eine der schönsten Nummern entnommen wurde. "Undertow" wieder vom 2002er Output begeisterte mit mehr als gekonnten Cello-Passagen seitens Daniels Bruder Kristoffer Gildenlöw, was schließlich in das aktuelle "Beyond The Pale" mit seinem schon magisch hineinziehendem Rhythmusgitarrenthema förmlich hineinexplodierte. Nicht nur hier fiel das perfekte Zusammenspiel dieser Truppe auf, besonders hervorzuheben Johan Hallgren an zweiter Gitarre und Drehteufeleien. Hallgren scheint sich bei Konzerten keine zwei Sekunden auf dem selben Quadratmeter der Bühne aufzuhalten... Wenn das alte Wort zutrifft, daß man aufhören soll, wenn es am schönsten ist, haben P.O.S. damit richtig gehandelt, nach "Inside" von der '98er CD "One Hour By The Concrete Lake" die Bühne zu verlassen. Eins scheint sicher - die Dream Theater-Fans, die die Schweden vorher nicht kannten, wurden in dieser Nacht auf eine Entdeckungsreise geschickt, die mit den letzten Takten von "Inside" sicher nicht aufgehört haben wird! Von Zartheit über explosive Ausbrüche und - mehr als alles andere - Intensität wurde hier alles geboten: Eines der weitaus wundervollsten Konzerte, an die unsereinerwelcher sich überhaupt erinnern kann.

Doch da gab es ja auch noch... die Headliner! Das von P.O.S. mehr als nur "angewärmte" Publikum machte einen kollektiven Luftsprung, als sich die New Yorker Dream Theater mit dem Motiv "Open Your Eyes, Nicholas" und dem grandiosen Fanfaren des ungekürzt über 70 Minuten währenden Magnum Opus "Metropolis Part II" lauthals in Erinnerung brachten. Mit dem Brocken waren alle Anwesenden dann auch erstmal 20 Minuten vollauf beschäftigt... Noch ein Dynamikschüppchen nachgelegt wurde mit "Burning My Soul" vom Frühwerk "Falling Into Infitiy". Gefolgt vom noch mehr rockigen als proggigen "The Killing Hand", das sogar vom '89er träumerischen Debüt stammt. Hier schien uns der von Jahr zu Jahr an Erfahrung wie an Gewicht zulegende Sänger James LaBrie noch etwas hinter seinen generell unbestrittenen Fähigkeiten zurückzubleiben: Die ganz hohen Lagen "hingen" etwas. Doch dann kam ja schon "One Last Time", die ultimative Ballade von "Met. II", die für den singenden Weichkäse ebenso wie seinem vom Dauergehopse doch schon reichlich Wirkung zeigenden, völlig hingegebenen Publikum einige Verschnaufmöglichkeiten mit sich brachte. Das frühe Traumalbum "Images And Words" war heute abend durch das vor allem durch ein schneidendes Solo von Gitarrist John Petrucci bemerkenswerte "Under A Glass Moon" vertreten. Außerdem immer wieder verblüffend, mit welcher Sauberkeit diese ehemaligen Musikstudenten irrwitzig komplizierte Unisono-Passagen in einem Tempo runterreißen, mit dem viele andere nicht mal Arpeggien hinbekommen.

Das nächste Kapitel hieß "Lifting Shadows Off A Dream" vom "Awake"-Album, und nahm sinnvollerweise das Tempo vom durchgetretenen Bodenblech wieder etwas zur Halb-Ballade zurück - perfekte Einstimmung für "Surrounded", die neben "Wait For Sleep" wohl schönste ruhige Nummer, die diese musikalischen Topathleten überhaupt im Programm haben. Das Publikum dankte es, tobte und sang mit, daß die Arena zitterte. Diesen Teil beschloss "Fatal Tragedy", wieder von "Met. II", wobei John "I need more frets!"-Petrucci teilweise etwas zu leise abgemischt zu sein schien, aber auch auffiel, wie großartig der mittlerweile bereits dritte Keyboarder der Träumerle, Jordan Ruddes in das derzeitige Band-Konzept passt. Mit "The Great Debate" tauchte nun das erste Stück vom wohl noch nicht allzu vielen Fans vertrauten akutellen Silberling "Six Degrees Of Inner Turbulence" auf: Völlig abgefahrenes Intro, dann etwas ausgebremst von technischen Schwierigkeiten mit LaCamenberts Mikro, das sich dennoch zu einem Triumph entwickelte, der allerdings wie diese gesamte Scheibe eher kühler, als herzwärmender Natur ist. Die sich nun anschließenden Solopassagen dienten vornehmlich dazu, die schon nicht mehr zu toppenden Instrumentalartistik von u.a. Ruddes und Petrucci zu demonstrieren. "Scarred", wieder von "Awake", beeindruckte primär durch ein weiteres Petrucci-Prachtsolo. "Blind Faith", wieder von "Six Degrees", brachte einen leider wieder zunehmend mit Problemen in Extremlagen kämpfenden LaBrie, was sich leider auch bei "Lines In Sand" von "Falling Into Infinity" fortsetzte (hier sprang allerdings das Publikum sofort als Freunde und Helfer tatkräftig bei).

Rezensent gesteht: Für ihn ist P.O.S. der "wahre Headliner" und völlig unabhängig von Plattenverkäufen, Charts und (Un-)Bekanntheit eine der forderndsten und beschenkendsten, schlicht allerbesten Bands des Planeten. Dementsprechend abwartend ("Na, zeigt mal, wie ihr DA gegen an könnt") war die Haltung den ebenfalls sehr geschätzten Dream Theater gegenüber. Beim folgenden "Pull Me Under" vom Album "Images And Words" war es mit jeglicher Zurückhaltung allerdings vorbei - und auch das Publikum schien sich mehrheitlich in Berserker zu verwandeln. Das Teil ist einfach eine geniale Metal-Vollbedienung. Und als Petrucci die noch zum Finale hin in Metallica's "Master Of Puppets" (mit achtbaren Versuchen von LaBrie) abkippen ließ, schien es um den Verstand des Auditorium mehrheitlich geschehen... Nach ZWEIKOMMAFÜNF Stunden Edelmusik die erste Zugabe: "Home" von "Met. II". LaBrie scheint erholt. Dann vom gleichen Progmonster "The Spirit Carries On". Die Arena ist ein Meer aus Feuerzeugen. Kleinere Umbesetzungen (ohne Wechselbank!) für "Take The Time" von "Images": La Brie und Mike Portnoy teilen sich das Drumset während Portnoy singt, Petrucci und Rudess übertreffen sich gegenseitig mit zwei der druckvollsten Soli des Abends. Sie kamen, sahen und gaben über drei Stunden vom Feinsten, was Progressive Rock und Heavy Metal derzeit überhaupt zu bieten haben. Und dann noch DIESE "Vorgruppe". Oft formuliert und oft gelesen, zugegeben, doch nie war es so wahr: Ein Ausnahmekonzert.

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Text: -Klaus Reckert / Stephan Kunze-
Foto: -Stephan Kunze-

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