NACHGEHAKT BEI: CLOVES
GL.de: Wie bist du denn auf die Idee gekommen, dich ausgerechnet Cloves zu nennen?
Cloves: Ja, das mit dem Namen ist schon komisch. Ich habe mir den ausgesucht, noch bevor ich für das Projekt zu schreiben angefangen habe. Ich suchte nach einem Begriff, unter dem ich meine Musik wie in einer eigenen kleinen Welt erschaffen konnte. Es war dann auf einem Trip nach Bali, wo ich eine Menge Cloves geraucht habe. (Cloves sind in dem Fall in Indonesien populäre, parfümierte Zigaretten, die neben Tabak und Frucht-Extrakten auch Nelkenöl enthalten - dafür aber keine chemischen Zusatzstoffe.) Ich fand das damals cool - jetzt bin ich mir aber nicht mehr so sicher, weil Cloves ja schließlich auch Gewürznelken oder Knoblauch sein können.
GL.de: Wo siehst du denn deine musikalischen Wurzeln?
Cloves: Das ist eine massive Frage - denn eigentlich sind meine musikalischen Wurzeln mein ganzes Leben. Ich habe mich deswegen zur Musik hingezogen gefühlt, weil ich nie gut darin war, mich anderen gegenüber auszudrücken und darüber zu reden, wie ich mich fühle. Wenn ich das hingegen in einem Song aufschreiben kann, dann brauche ich es ja nicht auszusprechen. Für mich war das eine Möglichkeit mit meinen Gefühlen umzugehen, ohne direkt mit jemand darüber sprechen zu müssen. Denn ich mag es nicht, mich anderen gegenüber zu öffnen. Für mich war das ein ganz schön weiter Weg - weil ich immer auf der Suche war - zum Beispiel danach, warum ich eigentlich Musik mache.
GL.de: Das heißt also, dass du eher eine Songwriterin als eine Musikerin bist?
Cloves: Sagen wir mal so: Ich betrachte mich als Künstlerin, die sich eben durch das Schreiben von Songs ausdrückt. Das Schreiben war also für mich immer der wichtigste Aspekt. Als ich dann anfing Musik zu machen, habe ich mich gefragt, wieso ich überhaupt Musik mache - und das hat dann mein Interesse an visuellen Dingen und anderen Kunstarten geweckt. Ich entwickele mich langsam dahin, dass ich ein rundes Paket schnüren kann. Für mich ist Kunst eine Art Stimmung und ein Gefühl.
GL.de: Was hat dich denn musikalisch inspiriert?
Cloves: Meine Inspirationen sind alle ähnlich - ich habe mich immer schon für 90er Bands wie Mazzy Star oder Radiohead interessiert; alternative Rockmusik also. Als ich dann begonnen habe, selber Musik zu machen, habe ich mir überlegt, wie ich diese denn produzieren und klingen lassen könnte. Ein guter Song ist dabei für mich auch ein Gefühl. Ich bin die kritischste und snobistischste Person, wenn es um Musik geht. Wenn mir etwas nicht gefällt, dann lasse ich es liegen. Aber ich analysiere Musik nicht, sondern gehe immer nur nach meinem Bauch. Was mich etwas fühlen lässt - egal ob gut oder schlecht - das ist für mich gut.
GL.de: Du singst ja - wie du sagst - über dein eigenes Leben. Hast du dir schon überlegt, wie du das in der Zukunft handhaben willst?
Cloves: Ja, das habe ich. Ich möchte meine Fähigkeiten schon in dem Sinne ausbauen, dass ich irgendwann in der Lage bin, aus verschiedenen Perspektiven zu schreiben. Das schätze ich nämlich sehr. Die wirklich guten Songwriter können Songs für andere Leute schreiben und sich dann in diese hineinversetzen. Das ist eine Fähigkeit, die ich auch erlernen möchte, denn immer nur über mich zu schreiben, ist ja auch ein wenig anmaßend. Und ich möchte mal gerne etwas in Sachen Filmmusik machen - weil ich mich da auch in ein anderes Konzept hineinversetzen müsste.
GL.de: Wie siehst du dich selbst als Sängerin?
Cloves: Als ich begann, selbst Songs zu schreiben, habe ich mich für großartige Sängerinnen wie Aretha Franklin begeistert. Mir war aber klar, dass ich das, was diese machten, selbst nicht machen konnte - einfach weil ich nicht diese große Stimme habe. Da habe ich mir dann überlegt, was ich machen könnte, um meine eigenen Vorstellungen verwirklichen zu können und bin dann auf die Idee gekommen, mit Melodien zu arbeiten, die für mich wie Achterbahnen sind. Meine Musiklehrer hatten immer gesagt, dass ich die Stücke, die ich damals vortrug, nicht richtig sänge. Ich habe dann immer gesagt, dass ich die Songs aber nun mal so empfände, wie ich sie singe.
GL.de: In deinen Songs scheint das Thema "wasting away - verschwenden" besonders wichtig zu sein. Hast du das Gefühl, dass wir in Zeiten leben, die stumpf machen - oder geht es um deine eigenen Erfahrungen?
Cloves: Beides, würde ich sagen, Offensichtlich beeinträchtigen die Zeiten, in den wir leben, uns alle. Aber dann geht es auch um mich. Ich leide öfter mal an Depressionen und frage mich dann, warum ich mich eigentlich an diesem düsteren Ort befinde. Das ist doch eine Verschwendung meines Lebens, oder? Das ist ein bisschen komisch mit mir, denn selbst wenn ich deprimiert bin, weiß ich doch das Leben sehr zu schätzen.
GL.de: Und warum hast du das Album nach dem letzten Song, "One Big Nothing" genannt?
Cloves: "One Big Nothing" ist für mich wie ein Fotoalbum, das man durchblättert und sich dann an die Sachen erinnert, die man sieht. Jeder der Songs ist ein Teil meines Lebens der letzten drei Jahre. Und diese Jahre waren nicht leicht für mich. Ich habe darum gerungen, mein Selbstbewusstsein zu entwickeln und dabei musste ich einige für mich schwierige Zeiten überstehen. Es war also schwer die Songs so zusammenzustellen, dass ich am Ende mit einem guten Gefühl darauf zurückblicken konnte und für mich ein positives Resümee ziehen konnte. Das hat auch ein bisschen mit dem Erwachsenwerden zu tun und der Frage, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Ich bin jetzt stärker als vorher und kann mich dem nächsten Kapitel zuwenden.
GL.de: Das heißt aber nicht, dass dein Leben ein einziges, großes Nichts ist, oder?
Cloves: Nein, nein, nein - ganz und gar nicht. Ich muss aber zugeben, dass ich das öfter gefragt werde.