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Geht nicht gibt's nicht

Cari Cari

Köln, Yuca Club
27.10.2019

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Cari Cari
Wer das in London residierende, aber seit der Veröffentlichung des Debüt-Albums "Anaana" eigentlich unablässig reisende, österreichische Duo Cari Cari zuletzt bereits bei den vielbejubelten Festival-Auftritten im Sommer erlebt hatte, der dürfte mitbekommen haben, dass für es für Alex Köck und Stephanie Widmer Performance-technisch gerne etwas mehr sein darf. So hatten sie z.B. auf dem At The B-Sites-Festival im Köln und auf dem Reeperbahn Festival bereits mit riesigen (von Stephanie entwickelten) Backdrops und Bühnenbauten beeindruckt, die nun auch Teil der Show auf der ersten regulären Headliner-Tour zum Tragen kommen sollten.
Der Kölner Yuca Club war nun aber dummerweise tatsächlich der kleinste Club, den Cari Cari auf der Tour zu bespielen hatten. "Alles haben wir nicht reingekriegt", meinte dann auch der Tourbegleiter auf die Frage hin, wie das denn vor Ort gedacht sei. Mit dem Aufbau und der Installation der Bühnenbauten und dem anschließende Soundcheck waren Alex, Stephanie und das Team dann auch über zwei Stunden beschäftigt. Freilich: Man wollte den Fans ja auch etwas bieten. Und als sich diese Fans dann im ausverkauften Yuca Club versammelten ("Wir hatten schon gerätselt, wie hier 250 Leute reinpassen sollen - aber es ist ja aufgegangen", kommentierte Alex das dicht gepackte Auditorium) erwartete diese eine zwar abgespeckte, aber immer noch beeindruckende psychedelische Vulkanlandschaft mit aufgehender Sonne, Räucherstäbchen und Stroboskop-Basis. Logisch, dass man hier dann auch gleich auf einen Support-Act verzichtet hatte, denn der hätte auf der Bühne des Yuca Club nun wirklich keinen Platz mehr gefunden.

Als die Show dann kurz nach 20 Uhr los ging, wurde recht schnell deutlich, wohin die Richtung gehen würde. Unterstützt von Drummer Ivo Thomann hatten Alex und Stephanie das ganze Programm von vorneherein als cineastisch inspirierte Rock-Revue angelegt. Dazu gehörte dann vor allen Dingen eine ausgeklügelte Beleuchtungsdramaturgie mit dem tüchtig von hinten angestrahlten, zentralen Blutmond in der Bühnenmitte (das hatte gerade noch so funktioniert, da man die notwendigen Scheinwerfer kurzerhand im Backstage-Bereich aufgestellt hatte) und ebenfalls eine Vielzahl von eingespielten Sound-Bits aus Spielfilmen, die die eh schon recht hörspielartigen Effekte, die Cari Cari in ihrer Musik verarbeiten noch mal unterstützten.

Neues Material in dem Sinne gab es nicht zu hören - was ja auch nicht verwunderlich ist, denn seit "Anaana" erschienen ist, ist das Duo ja quasi pausenlos unterwegs. Das sollte aber nicht bedeuten, dass Alex und Stephanie einfach das bekannte Programm in unveränderter Manier mechanisch herunterspulten. Denn offensichtlich haben Cari Cari offensichtlich immer noch Spaß an den Songs des Debüt-Albums - und auch jenen der vorangegangenen EP, deren erster Titel "Dear Mr. Tarantino" immer noch zur Legendenbildung des Projektes beiträgt und mit immer neuen Anekdötchen unterfüttert wird. Momentan sieht es wohl so aus, dass ihre Songs zwar in vielen Filmen, Fernsehserien und Werbespots zum Einsatz kommen, das ultimative Ziel - ein Spot in einem Tarantino-Film - aber noch nicht erreicht ist; aber immerhin jetzt erste von Mittelsmännern vermittelte Kontaktdaten zur Verfügung stehen.

Kommen wir aber mal zum musikalischen Teil. Zwar könnte man nicht wirklich sagen, dass Alex und Stephanie ihren Stil perfektioniert hätten (denn gerade um Perfektion geht es bei Cari Cari ja nun wirklich nicht), aber im Laufe der Zeit sind beide deutlich selbstbewusster geworden. Alex etwa haut gerne mal echte Schweinerock-Soli aus seiner Gitarre, greift gelegentlich auch zu einem echten Bass (während die Basssounds ja ansonsten eher vom Synth kommen) und zelebriert seine Doppelrolle als musikalischer Derwisch und nonchalanter Conferencier sichtlich. Und insbesondere Stephanies Gesangsbeiträge sind im Laufe der Zeit immer wichtiger, voluminöser und intensiver geworden. Und dann gab es ja auch noch die Special Effects. Damit sind jetzt gar nicht Stephanies Einlagen an selbstgebauten Digeridoos oder der Maultrommel geworden (die sind mittlerweile zu liebgewonnenen Freunden geworden), sondern das, was sich Cari Cari ansonsten noch ausgedacht hatten. Da waren zum Beispiel die beiden Vulkane auf der Bühne. Diese hätten - so Alex - eigentlich Feuer speien sollen, wofür man eigens einen Hobby-Pyrotechniker engagiert hatte, der auch mal für Rammstein gearbeitet habe. Allerdings habe man dabei nicht die deutschen Feuerschutzbestimmungen bedacht, weswegen die Vulkane jetzt nur dampfen dürften. Dafür implementierte Setphanie aber eine eigenen, analogen pyrotechnischen Effekt: Sie zündete nämlich eine Kerze an. Und dann war da noch der Mitsing-Hit "Mapache". Dieser beginnt ja schon seit jeher mit ein paar Zeilen aus dem Sonny & Cher-Stück "Bang Bang". Zu diesem Behufe hantierte Stephanie nun mit einer Art Digeridoo-Kanone, deren Sinn erst zum furiosen Finale deutlich wurde. Da nämlich stieg Alex ins Auditorium und stachelte das Publikum an, auf Ansage zum geeigneten Zeitpunkt kollektiv "Mapache!" zu brüllen. Und beim letzten Mal schoss Stephanie dann mit ihrer Kanone Papierherzen ins Publikum. Da muss man ja auch erst mal drauf kommen. Zu Ende ging diese grandiose Show dann mit einer ziemlich geradlinigen Duo-Version von Dylans "Don't Think Twice", die Stephanie dann mit einem mundgeblasenen Bläsersatz verzierte. Jetzt sind wir aber alle mal gespannt, wie das weitergehen wird mit Cari Cari, denn irgendwie besser machen könnte man das, was sie in Köln zu bieten hatten, sicherlich nur schwerlich.

Cari Cari
NACHGEHAKT BEI: CARI CARI

GL.de: Sagt mal, wie seid ihr denn überhaupt auf die Idee gekommen, zusammen zu musizieren? Ihr scheint ja doch sehr verschiedene Persönlichkeiten zu sein.

Alex: Ich war in einer Band und Stephanie hatte ein Solo-Projekt gehabt. Sie ist als Support für meine Band aufgetreten und ich war total begeistert und habe ihr gleich angeboten, in meinem Tonstudio ein Album oder was auch immer für sie aufzunehmen. Irgendwie habe ich es dann aber geschafft, dass ich mich in ihre Band reinreklamiert habe.

GL.de: Und wie kam es dann zu dem wilden "anything goes" Stilmix, der ja schon sehr eigen ist?

Alex: Ich denke das hängt damit zusammen, wie das alles angefangen hat. Ohne dass ich Stephanie jetzt beleidigen will - aber als wir anfingen, war sie die totale Dilettantin. Drei Wochen nach dem wir uns getroffen haben, hat sie z.B. zum ersten Mal hinter einem Schlagzeug gesessen. Das war also gar nicht so geplant.

Stephanie: Ich habe übrigens noch nie irgendetwas gelernt. Ich habe mir alles selber beigebracht und so meine eigenen Sachen komponiert. Ich habe mir zwar vorstellen können, dass ich mal so erdige Trommelsounds haben will, aber das nie umsetzen können. Als wir aber aufeinander getroffen sind, hat das auf ein Mal alles Sinn gemacht.

Alex: Sie hat dann auch gesagt: "Wie geil wäre das denn, wenn wir da jetzt ein Digeridoo einsetzen." Da habe ich erst gesagt, dass das ja überhaupt nicht ginge und sie hat gefragt, wieso nicht. Und da habe ich mich dann gefragt, wieso denn eigentlich nicht. Und seither ist das unser Ding: Immer wenn wir das Gefühl hatten, dass wir das jetzt nicht bringen könnten, dann haben wir gerade das dann extra gemacht.

GL.de: "Geht nicht", gibt's also nicht. Ist es dabei von Vorteil, dass ihr gar nicht den Eindruck vermittelt, dass ihr solche Anarchisten seid? Ihr seht ja eher wie ein sensibles Folk-Duo aus.

Alex: Das passiert uns öfter. Kennst du die Mighty Oaks? Die haben mit uns auf einem Festival in Darmstadt gespielt und wir haben uns kurz vorher gut unterhalten und das Tratschen angefangen, was voll nett war. Und die meinten dann auch nachher, dass sie gedacht hätten, wir würden dann Singer-Songwriter-Sachen machen und waren ganz erstaunt, dass wir sie weggeblasen haben. Also scheinbar ist da tatsächlich so eine Diskrepanz da.

GL.de: Ein bisschen Unberechenbarkeit kann ja auch nicht schaden.

Alex: Genau - was mich vorher in meiner Band immer gestört hatte, war, dass da fünf Burschen waren - außer mir alles sehr gute Musiker -, die alles perfekt machen wollten. Ich selbst habe auch immer elektronische Musik gemacht, wo du diese unbegrenzten Möglichkeiten hast, immer wieder Sachen hinzuzufügen - und da war ich nie happy mit. Mich hat die Herangehensweise von Stephanie total begeistert, einfach ohne Ahnung alles auszuprobieren. Das war so befreiend und wurde dann zu unserem Standard. Zum einen als Minimalismus: Nur etwas hinzufügen, wenn es notwendig ist und alles wegzunehmen, was nicht notwendig ist. Und auf der anderen Seite solche Experimente zu wagen. Das ergibt dann eine wilde Melange aus allen unseren Einflüssen.

GL.de: Und was wären diese Einflüsse?

Alex: King Lizzard & The Lizard Wizard zum Beispiel. Gar nicht von der Musik her, sondern von der Haltung her. Die sind sehr frei und verpacken das, was sie machen, visuell sehr gut. Außerdem haben die mal gesagt, dass sie nie an nur einem Album arbeiten - und das gefällt mir sehr.

Stephanie: Ich mag tatsächlich viel Filmmusik aus den 70ern. Zum Beispiel von Horror- oder alten Kung Fu-Filmen. Das hat immer eine ganz eigene Stimmunb.

Alex: Ich finde es auch immer gut, wenn Stimmen eingefangen werden. Kennst du "Hell Awaits" von Slayer? Das hört sich an, als wärest du gerade in der Hölle. Das ist schon sehr cool.

GL.de: Woher wisst ihr denn, was als Song für euch funktioniert?

Stehpanie: Für mich gibt es immer so einen Sweet Spot, den ich nicht so genau festmachen kann. Ich spüre dann, dass das genau das ist, was ich möchte und das löst dann irgendetwas bei mir aus - dass ich zum Beispiel durchs Studio springen kann; nicht weil ich mir einrede das tun zu müssen, sondern weil es so aus mir heraus kommt.

Alex: Wir müssen nicht zeigen, dass ich ein guter Gitarrist bin oder Stehanie eine gute Drummerin ist, sondern es geht darum, dass wir etwas spüren. Heutzutage ist ja sowieso immer alles stromlinienförmiger oder optimiert und da ist es besser, wenn wir sagen, dass es für uns funktioniert, wenn wir etwas spüren und sagen können: "Geil!" Das hat dann für uns auch immer eine filmische Note. Dass unsere Musik dabei in Filmen vorkommt, hat sich eher so ergeben. Das hat angefangen mit so Hollywood-Serien und jetzt sind wir auch bei einer Guinness-Werbung mit "Anaana" vertreten.

GL.de.: Welche Pläne gibt es musikalisch für die Zukunft? Wird vielleicht wieder alles auf Null gesetzt?

Alex: Na, es gibt sehr viele Ideen, die rumschwirren und das kann sich in mehrere Richtungen entwickeln. Ich sehe zum Beispiel, dass das vielleicht ein bisschen rockiger wird. Der Blues spielt auch ein große Rolle. Ich bin neulich drauf gekommen, dass fast alle Musik, die uns beiden gefällt, auch auf dem Blues wurzelt. Ich bin ein sehr großer Purist beim Blues. Womit man mich jagen kann, ist dieser 80er Jahre polierte Blues mit riesen Schlagzeug-Soli und sowas. Ich stehe eher auf Muddy Waters, Missisppi Delty Blues und Robert Johnson.

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Surfempfehlung:
www.caricariragazzi.com
www.facebook.com/caricarimusic
www.youtube.com/watch?v=DEvc-1dZ6hk
www.youtube.com/watch?v=jYIdRYBZaPE
Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-


 
 

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