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Double Date

Nilüfer Yanya
Sinkane

Köln, Luxor
30.10.2019

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Nilüfer Yanya
Als Nilüfer Yanya im April dieses Jahres kurz nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums "Miss Universe" zum ersten Mal in Köln aufgetreten war (damals noch im kleineren Blue Shell), ging es noch darum, den eigenwilligen Mix aus jazzigen Arrangements, New Wave-Sounds, Indie-Songstrukturen und Nilüfers inzwischen zum Trademark gewordenen stoisch/souligen Gesangsstil auch beim deutschen Publikum zu etablieren. Inzwischen hat Nilüfer ihren Status als angesagte Indie-Queen auf einer weiteren Headliner-Tour festigen können und nachdem das Blue Shell weiland aus allen Nähten geplatzt war, hatte man nun das viel größere Luxor gebucht, in dem Nilüfer & Co. nun den vorletzten Gig ihrer Tour spielte. Obwohl der Club am Ende gut gefüllt war, war er indes im Vorfeld keineswegs ausverkauft gewesen.

Das hatte die Veranstalter erfreulicherweise auf die Idee gebracht, die Show kurzfristig mit dem - ebenfalls nicht ausverkauften - Konzert der New Yorker Combo Sinkane zusammenzulegen, die am gleichen Tag in der Domstadt gebucht waren. Da die Sache musikalisch durchaus nicht inkompatibel war (und sich die Zuschauer somit auch nicht mit einer unpassenden Support-Band auseinandersetzen musste), gab es auf diese Weise zwei vollwertige Shows zum Preis für eine! Warum wird so etwas eigentlich nicht öfter gemacht?

Den Anfang machten Ahmed Gallab und seine Band Sinkane, die somit endlich mal die Möglichkeit hatten, das aktuelle Album "Dépaysé" ausführlich live zu präsentieren, nachdem im Frühjahr ein Auftritt beim Orange Blossom Festival wegen eines Sturms vorzeitig abgebrochen werden musste. Als schwarzer, muslimischer US-Bürger mit sudanesischen Wurzeln ist Ahmed Gallab aus nachvollziehbaren Gründen eher an einer ernsthaften, politischen Auseinandersetzung mit musikalischen Mitteln als an oberflächlicher Unterhaltung interessiert. Und so wurden die Agitprop-Nummern des neuen Albums - ebenso wie die spirituellen Selbstfindungssongs der Vergangenheit - dann auch mit einer kompromisslosen No-Nonsense-Attitüde präsentiert. Nicht, dass das Publikum dabei nicht unterhalten wurde - aber irgendwelchen Blödsinn, coole Sprüche oder belanglosen Smalltalk darf man bei einem Sinkane-Konzert nicht erwarten. Stattdessen dominierten mächtige Grooves, coole Gitarrenlicks, treibende Poly-Rhythmen (teilweise mit afrikanischen und karibischen Vibes) und ein immens konzentriert und inbrünstig agierender Ahmed Gallab, der seine extrem tight agierende, spielfreudige Band einerseits immer wieder befeuerte, den einzelnen Musikern anderseits aber auch immer wieder Raum gab, sich zu entfalten. Deswegen steht Ahmed auch nicht als Frontmann in der Mitte und betrachtet Sinkane heutzutage definitiv nicht mehr als Solo-Projekt (wie früher), sondern als Band, deren Power und Lebendigkeit er mittlerweile auch auf den CD-Produktionen einsetzt. In Köln gab es nun eine mitreißende Show, die mit der vielschichtig zur Schau gestellte Energie in angenehme Weise an die großen Zeiten von Sly & The Family Stone oder War erinnerte - auch was die Inhalte betrifft, mittels derer Gallab seine Sympathie für Randgruppen aller Art demonstriert und dabei auch nicht davor zurückschreckt, zur Revolution aufzurufen. Das passierte im letzten Drittel der Show, in dem sich die Musiker zunächst bei dem älteren Track "Favorite Song" jamsession-artig in Trance spielten und sich anschließend bei dem pulsierenden "Ya Sudan" in epischer Form verwirklichten und mitten im Song auf John Lennons "Revolution" umschwenkten und den Beatles-Klassiker nahtlos ins eigene Tun einbanden. Um den Groove stimmungsmäßig nutzen zu können, beendeten Sinkane die Show dann mit einer gleichfalls mitreißenden Version der angedeuteten Prince-Hommage "Telephone" vom letzten Album "Life & Livin" it" (bei der Keyboarderin Elenna Canlas ihren großen Auftritt hatte) anstatt - wie geplant - mit dem relaxteren "Mango". Kurzum: Alleine schon deswegen, weil das, was Ahmed und Sinkane machen, heutzutage nicht mehr so oft anzutreffen ist, hat dieses Projekt alle Aufmerksamkeit verdient. Wer in etwa nachvollziehen möchte, wie sich Sinkane live anhören, dem sei die aktuelle EP "Gettin' Weird (Alive at Spacebomd Studios)" empfohlen, auf der einige "Dépaysé"-Tracks live im Studio neu eingespielt wurden.
Mit einer gewissen Distanziertheit präsentierten sich im Folgenden Nilüfer Jana, ihre musikalische Partnerin Jazzi Bobbi und ihre beiden Musiker dem Kölner Publikum. Und zwar in mehrerlei Hinsicht: Während zuvor bei Sinkane die Bühne mit dem umfangreichen Instrumentarium der Band geradezu zugepflastert war, übte sich Nilüfer in Minimalismus. Sie selbst brauchte nur einen kleinen Verstärker und stand dann in deutlichem Abstand zu ihren über die ansonsten leere Bühne verteilten Musiker - insbesondere des am linken Bühnenrand hockenden Drummers. Das gehörte aber zum Konzept - denn so präsentiert sich Nilüfer eigentlich immer, wenn es der Platz zulässt.

Was hingegen die künstlerische Distanz betraf: Es war deutlich zu spüren, dass die Band am Ende einer längeren Tour stand und nicht mehr mit einem besonderen Sendungsbewusstsein, sondern einer gewissen Abgeklärtheit und coolen Routine zu Werke ging. Freilich passte auch das zu der Musik von Nilüfer, denn diese ist ja in klassischer Manier auf "Cool" angelegt. Die Frau, die aufgrund ihres Gesangstils des Öfteren (und nicht ganz zu Unrecht) mit Sade verglichen wird, hatte sich aber gegenüber der letzten Tour ein geändertes Setting überlegt. Nicht, indem sie lauter neue Tracks im Angebot gehabt hätte (wann hätte sie die auch schreiben sollen?), sondern indem die Setlist mit etlichen Nicht-LP-Tracks gespickt war wie z.B. "Golden Cage", "Thanks For Nothing" oder auch dem Pixies-Cover "Hey". Das alles wurde unaufgeregt, aber immens elegant und effektiv mit virtuoser Leichtigkeit präsentiert. Wie üblich trugen die Beiträge von Jazzy Bobbys Saxophon-Akzenten immens zur Wirkung des Ganzen bei - und wieder stellte sich die Frage, wieso gerade die auf der LP herausgefiltert wurden.

Der Kontakt mit dem Publikum bezog sich auf das absolut notwendige Minimum. Lust zu quatschen hat Nilüfer also immer noch nicht. Interessant war dann die im Vergleich zu ihrem letzten Besuch andere musikalische Ausrichtung, denn jegliche Rock-Anwandlungen sparte sich die Band komplett. Ganz im Gegenteil: Stattdessen legte Nilüfer es scheinbar darauf an, gerade die Up-Tempo-Nummern - sogar das an anderer Stelle schon mal als "Punk-Hymne" angewendete "In Your Head" - zu entschleunigen und ähnlich entspannt zu strukturieren wie von vorneherein auf diese Weise angelegten Tracks wie "Safety Net" oder "The Unordained". Kraftlos war das allerdings nicht, denn die Dynamik ließ sich Nilüfer dann doch nicht nehmen - wie etwa die zur Powerballade mutierte Zugabe "Heavyweight Champion" zeigte. Auch wenn das ganze Konzert auf diese Weise eher den Charakter eines Arbeitssieges hatte: Alleine durch die mittlerweile beeindruckend selbstsichere Bühnenpräsenz Nilüfers und die nuancierte, virtuose Darbietung begeisterte die Show in musikalischer Hinsicht auf jeden Fall. Und die (überwiegend weiblichen) Fans lieben Nilüfer ja eh - egal was sie nun macht oder nicht.

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Surfempfehlung:
www.niluferyanya.com
www.facebook.com/niluferyanya
www.sinkane.com
www.facebook.com/SinkaneRa
www.youtube.com/watch?v=dPtDly5GrnA
www.youtube.com/watch?v=6EqGhU7U2H8
www.youtube.com/watch?v=CnCTDau5Sd4
www.youtube.com/watch?v=0fzO3YM012o
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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