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Konzert-Bericht
 
Nachhaltig

Alex Henry Foster & The Long Shadows

Quarantine Concerts, Montreal
14.06.2020
Alex Henry Foster
Kurz vorab: Hierbei handelt es sich nicht um einen üblichen Konzertbericht, sondern eine Berichterstattung über Quarantäne-Konzerte im Rahmen der andauernden Corona-Situation.

Natürlich ist auch der Kanadier Alex Henry Foster von der Corona-Situation schwer gebeutelt. Sogar doppelt und dreifach. Nachdem Alex im letzten Jahr mit seiner Band The Long Shadows auf dem Reeperbahn Festival mit den unglaublich intensiven Live-Shows das Publikum sozusagen im Sturm erobert hatte und Rembert Stiewe von Glitterhouse-Label zu dem Tweet "Jesusmariaundjosef. Alex Henry Foster. Was für ein geiler Wahnsinn." motivierte, sah die Zukunft für das kanadische Kleinorchester eigentlich recht goldig aus: So tourte Henry zunächst als Support-Act für die Psychedeliker von ...And You Will Know Us By The Trail Of The Dead. In diesem Jahr sollte er dann auf dem Orange Blossom Festival von Glitterhouse auftreten - das aber natürlich ebenso wie die anschließende Europa-Tour abgesagt wurde.

Da war es aber sozusagen schon zu spät, denn Alex & Co. betrachten sich mittlerweile sozusagen als Mitglieder der OBS-Familie. So steuerte er dann auch gerne die Performance des Songs "The Hunter (By The Seaside Window)" zum OBS-Ersatz-Stream am Pfingst-Wochenende bei - und nun folgte noch eine ziemlich spezielle Zugabe. Alex und seine Musiker haben sich im heimatlichen Montreal - wo sie auch gemeinsam im Lockdown sitzen - in einer alten Kirche ein Studio namens The Upper Room eingerichtet, aus dem unter anderem auch gelegentlich Live-Performances gestreamt werden können. (Und zwar in einer ausgezeichneten Qualität). So zum Beispiel ein vollständiges Konzert am 23.05.2020.

Bei der Aktion vom 14.06.2020 ging es jedoch um etwas anderes, wie der Long Shadows-Bassist (und Maître d' in Bandangelegenheiten) Jeff in einer Einspielung erklärte. Das Studio ist nämlich mehr eine Art Hauptquartier für die Band. So wird hier das gesamte AHF-Merch hergestellt und auch die anderen Unternehmungen aus dem AHF-Imperium - wie z.B. Buch- oder Foto-Projekte koordiniert. Dabei dient das Studio nicht nur für Band-Rehearsals (die es bei den Long Shadows in klassischer Form allerdings nicht gibt) und Performances eingerichtet, sondern enthält neben konventionellem Aufnahme-Equipment auch eine technische Einrichtung zur Herstellung von Direct-To-Vinyl-Aufnahmen. Und zwar von der Aufnahme über die Produktion bis hin zur Fertigung des Artworks im Siebdruck-Verfahren.

Am 14.06.2020 ging es nun darum, den Song "Lavender Sky" - in Kooperation mit dem Orange Blossom Festival - live zu performen und zu streamen - aber gleichzeitig auch auf Vinyl mitzuschneiden, um im Anschluss daran eine limitierte Maxi-Single für Hardcore Fans zu produzieren. Das heißt: Alex & Co. spielten bei dieser Gelegenheit nur einen einzigen Song. Wer allerdings schon mal eine AHF-Live-Performance gesehen hat, der weiß, dass das nicht viel bedeutet, da alle AHF Songs im Prinzip nur Sprungbretter für episch ausufernde, improvisatorische, musikalische Entdeckungsreisen sind. Natürlich musste darauf geachtet werden, dass diese Performance nicht die technischen Spezifika einer LP-Produktion sprengte (und insofern nicht länger als ca. 20 Minuten dauern dürfte), ansonsten gab es aber natürlich kein Halten. Jede Live-Performance von AHF & Co. ist eine einmalige, nicht reproduzierbare Moment-Erfahrung, die - abhängig von der Tages-Stimmung - immer wieder neue Darstellungsformen bietet. So auch hier: Mit der Version, die Alex zuvor auf der LP "Windows In The Sky" veröffentlicht hatte, hatte diese Live-Performance dann auch kaum noch etwas zu tun. Mal abgesehen von gewissen formalen Absprachen (so beginnt der Song mit einem Synthie-Puls und mit Geigenbögen gestrichenen Gitarren-Sounds) entwickelte der Song eine sich zum Orkan steigernde Dynamik, die zwischendurch zwar versöhnlich abflaut, aber mit einem intensiven politischen Appell zur aktuellen Lage implodierte. Sogar an den Texten hatte Alex also weiter gearbeitet, um die aktuellen Sentimente einfließen zu lassen.

Wie das Ganze funktioniert, erläuterte Alex anschließend in einem ausführlichen Interview mit Tourbegleiterin und Fotografin Stephanie. Hier erläuterte Alex seine Philosophie und führte aus, dass es bei seinen Live-Performances immer nur um den jeweiligen Moment und die damit verbundenen Emotionen in einem schöpferischen Prozess gehe. Deshalb sei keine Live-Performance wie die andere, deshalb seien die Stücke auch stets so lang und deshalb gäbe es auch keine Setlists oder Proben mit der Band - schon alleine deswegen nicht, weil man nicht immer wieder denselben Prozess durchlaufen wolle. Andererseits lassen sich so aktuelle Stimmungen aufgreifen und in die Performances einarbeiten. Alex und sein Gitarrist Seth haben sich etwa überhaupt erst über ihre gemeinsame Arbeit für soziale Projekte wie Amnesty International kennengelernt und es ist Alex wichtig, solche Aspekte auch in der Musik zum Ausdruck zu bringen. Dabei sei es wichtig, seinen eigenen Zorn - etwa über aktuelle Missstände - im Zaum zu halten, da es Alex noch nie gelungen sei, etwas Positives aus Zorn zu erschaffen. Stattdessen gehe es darum zuzuhören, zu lernen, auf die Zukunft zu schauen - und letztlich positive Akzente zu setzen. Oder wie er es formulierte: "Das kleine Licht am Ende der Dunkelheit zu verkörpern, dem man folgen könne." Das sei dann auch die Motivation für diese Performance gewesen - und so etwas könne man ja auch gar nicht proben. Zusammengefasst hat Alex diese Empfindungen seit gestern in seinem aktuellen Facebook-Profilfoto in der aus aktuellem Anlass neu entstandenen Textzeile "We're No Strangers When We Kneel Together" - und damit ein schönes Beispiel geliefert, wie sich Nachhaltigkeit auch in der Musik mit überschaubaren Mitteln realisieren lässt.

Leider ist die angesprochene Vinyl-EP (die neben der Live-Performance noch zwei andere Versionen des Songs "Lavender Sky" enthält) inzwischen ausverkauft - kann aber ab Freitag dann auch auf den üblichen Portale gestreamt werden. Alex bedankte sich dann abschließend noch bei seiner neuen "Orange Blossom Familie" und kann es kaum erwarten, dann beim kommenden Orange Blossom Festival im Mai 2021 aufzutreten.
Surfempfehlung:
www.facebook.com/Orangeblossomspecialfestival/videos/802967506902869/UzpfSTE4NzAyNjE1ODg2MjE0Mjo1ODY0OTA4NTg5MTU2Njg
www.facebook.com/alexhenryfosterofficial
alexhenryfoster.com
alexhenryfoster.bandcamp.com
www.instagram.com/alexhenryfoster
twitter.com/umitohanasuhito
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-

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