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Konzert-Bericht
 
Korg im Winterschlaf

CATT

Quarantine Concerts, Berlin, Festsaal Kreuzberg
19.11.2020

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CATT
Kurz vorab: Hierbei handelt es sich nicht um einen üblichen Konzertbericht, sondern eine Berichterstattung über Quarantäne-Konzerte im Rahmen der andauernden Corona-Situation.

Einen Tag vor der Veröffentlichung ihres Debüt-Albums "Why, Why" erfüllte sich die Berliner Songwriterin Catharina "Catt" Schorling - mit Unterstützung des Teams des Festaals Kreuzberg - einen eigentlich kaum realisierbaren Wunsch: Eine Record-Release-Show mit Live-Charakter mitten im zweiten Corona-Lockdown. Natürlich durfte es kein Publikum geben und natürlich musste mit dem notwendigen Mindestabstand gearbeitet werden - aber auf diese Weise ergab sich zumindest die Möglichkeit für Catt, die Songs des Debüt-Albums, an dem sie bereits seit Anfang des Jahres gearbeitet hatte, endlich ein Mal alle zusammen live aufzuführen (davon einige sogar zum allerersten Mal).
Für Fans der smarten Songwriterin, die Catt ggf. schon ein Mal live erlebt hatten und die sie vielleicht auch schon von ihren zahlreichen Kollaborationen mit oder Zuarbeiten für Kat Frankie, Niels Frevert, Balbina, Judith Holofernes oder Alin Coen kannten, gab es sogar noch einen Bonus-Aspekt, denn Catt trat nicht - wie zum Beispiel bei ihrem Stream-Gastspiel beim c/o pop-Festival - alleine auf die Bühne, sondern mit einer Band, die aus Drummer Michèl Almeida, Bassist/Violinist Paul Rundel und Gitarrist Felix Remm (die Catt auch auf ihrer LP punktuell unterstützt hatten) bestand.

Aber der Reihe nach: Nachdem Catt im letzten Jahr mit ihrer Debüt-EP (bzw. eigentlich Mini-LP) "Moon" bereits die Herzen aller Freunde jazzig/poppiger Singer/Songwriter-Sounds im Sturm genommen hatte, setzt sie jetzt mit ihrer Debüt-LP "Why, Why" noch mal deutlich eins drauf und präsentiert sich als eine der zugleich musikalisch abenteuerlustigsten und lyrisch ambitioniertesten englischsprachigen Songwriterinnen unserer Breiten und Tage. Im Dekor ihrer aktuellen Videoproduktion zu dem vorab als Single veröffentlichten Song "Willow Tree" präsentierte sich Catt nun im Festsaal Kreuzberg mit ihrer Band, um die komplette LP erstmals Song für Song live zu aufzuführen. "Ich fühle mich eigentlich ganz wohl unter so vielen Monden", meinte sie dann zwischen zwei Songs mit Bezug auf das Bühnenbild in der bis auf die Musiker und die Filmcrew leeren Konzerthalle. "Hier passen ansonsten 1.300 Zuschauer rein", erklärte sie die befremdliche Situation, sich das Publikum nun vorstellen und darauf hoffen zu müssen, dass irgendwie irgendwo schon klatschen werde.

Die besondere Situation führte dann auch dazu, dass sich Catt der Aufgabe mit sympathischer Nervosität widmete. Allerdings - so stellte sie zwischenzeitlich fest - schienen ihre zuweilen stotternden Loop- und Sample Geräte sogar noch aufgeregter zu sein, als sie selbst (und der Korg-Synthesizer sich sogar schon im Winterschlaf zu befinden). Die Sache ist nämlich die, dass Catt normalerweise ihre Arbeit ganz alleine verrichtet und mit den besagten Loop-Stations, Effektgeräten und Samplern ihre dann wieder bemerkenswert vielseitigen Arrangements während des Auftrittes mit Piano, Vocals, Body-Percussion-Effekten und nicht zuletzt Trompete und Posaune Schicht für Schicht aufbaut. Tatsächlich waren dann jene Stücke, bei denen sie ihre Musiker wieder von der Bühne schickte, sogar spannender als die eher konventionell inszenierten Band-Nummern. Freilich: Nummern wie "Surface" oder "How Can I Become" entfalteten dann (in diesem Fall durch Matthias klassisches Gitarrensolo) zuweilen eine klassische, hymnische Pop-Grandezza, die sie alleine nicht so effektiv hätte reproduzieren können.
Viel braucht Catt im Allgemeinen aber eigentlich gar nicht, um glücklich zu sein (bzw. zu machen). Dafür gibt es Gründe: Etwa die sorgsam durchdachten Kompositionen, die virtuose Handhabung der Instrumente, der emotional einnehmende Gesang und nicht zuletzt die leicht fahrige, aber anmutige Art, in der sie ihre Performance mit weit ausholenden, grazilen Gesten untermalt. Besonders gut gelang das bei dem Track "I Don't Know How To Talk To You", bei dem Catt eine ganze Band emulierte. Der Vorteil dieses Ansatzes ist dann der, dass Catt flexibel auf auftretende Probleme reagieren kann. Weil nämlich zum Beispiel der Korg-Synthesizer bei dem Track "Mistaken" im Winterschlaf lag (= nicht funktionierte), während das zuvor kunstvoll aufgebaute Sample-Backing munter weiterlief, wechselte sie nonchalant ans Piano und spielte ein beeindruckend inspiriertes neoklassizistisches Solo. Freunde echter Live-Musik kamen trotz der befremdlich-sterilen Situation ohne Publikum dann auch auf ihre Kosten, denn Catt und ihre Musiker nutzten die Gelegenheit, um mehrere Male das Songformat mit inspirierten Jam- und Impro-Passagen aufzulockern. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass zu dem Zeitpunkt ja noch niemand Vergleiche mit den Studio-Produktionen anstellen konnte (denn das Album erschien ja erst Stunden nach der Show).

Ein Wort zur Lage der Nation richtete Catt dann noch mit der Ansage des Songs "You Are Here" an die Zuschauer: Die Songs seien ja eigentlich im Februar und im März entstanden, bevor die Krise richtig los ging. Und trotzdem spüre sie, dass diese auf magische Weise plötzlich ganz neu zur aktuellen Situation passten. "Das ist wahrscheinlich das Schöne an Musik, dass sie ihre Bedeutung je nach Situation ändern kann, je nachdem was man gerade braucht", schlussfolgerte sie anschließend. Catts Musik ist jedenfalls diesbezüglich vielseitig einsetzbar, da sie trotz der persönlichen Note Vieles für Jederfrau und -mann bietet.

Eine "Why, Why"-Tour ist natürlich geplant - wir werden aber natürlich abwarten müssen, wie sich die Lage entwickelt. Mit dieser Show vermittelte Catt aber schon mal einen guten Eindruck davon, was sie auf der Bühne zu leisten imstande ist.

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Surfempfehlung:
www.catt-music.com
www.facebook.com/musicbycatt
www.facebook.com/musicbycatt/videos/
www.youtube.com/watch?v=A21KhiPrpKY
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigaben-


 
 

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