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Hell Yeah!

King Hannah
Camille Camille

Köln, Helios37
04.04.2022

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King Hannah
Keine Bange: Hannah Merrick und Craig Whittle haben den Untertitel ihres Jugenderinnerungs-Tracks "Go-Kart Kid" von ihrem Debütalbum "I'm Not Sorry, I Was Just Being Me" nicht geändert (der heißt immer noch "Hell No!" - weil der Hund ja den Handgriff des besungenen Go-Karts abgekaut hatte) - aber das, was wohl jedem der faszinierten Zuschauer bei dem Köln-Debüt des für Live-Shows zum Quartett aufgebohrten englischen Duo-Projektes King Hannah nach der Show im Helios37 in den Sinn gekommen sein müsste, dürfte dann doch ein begeistertes "Hell Yeah" gewesen sein. Denn mit King Hannah hat endlich mal eine angesagte Indie-Band die Bühnen betreten, die erst mal handwerkliche Grundlagen gelegt und sich musikalisch ein faszinierend effektives, solide ausformuliertes Konzept überlegt hatte - bevor es daran gehen konnte, sich gemeinsam der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Den Support bei der ersten King Hannah-Headliner-Tour hatte die in Leipzig ansässige, belgische Songwriterin Camille Camille ergattert, die solo einige Tracks ihres Debüt-Albums "Could You Lend Me Your Ears" vortrug. Sie selbst nennt ihre Musikrichtung "Melancholic Soothing Folk" (und das war dann so ziemlich das Gegenteil dessen, was King Hannah im Folgenden präsentieren sollten) - obwohl sie ihre Songs auf einer elektrischen Ibanez-Gitarre vortrug. Camille nennt eine kristallklare Sirenenstimme mit echten High Lonesome-Qualitäten ihr Eigen (auch wenn sie mit Country musikalisch gar nichts am Hut hat) und eine bemerkenswert selbstsichere, unpeinliche Bühnenpräsenz obendrein. Das passte zu ihrem geradlinig intensiven No-Nonsense-Vortrag, der reich an emotionaler Aufrichtigkeit und arm an aufdringlichem Showmanship ist. Dass Camille die zerbrechlichen Songs ihres Debüts teilweise in Schweden mit Produzent Anders Langford aufgenommen hat, erklärte dann vielleicht auch die sehnsüchtig / melancholische Note der meisten ihrer Tracks. Zudem hatte sich auch Camille Camille ein interessantes dramaturgisches Konzept zurechtgelegt - nämlich indem sie die meditativeren, ambientmäßiger angelegten Songs am Anfang des Sets platzierte und sich später dann den rhythmisch ambitionierteren Stücken wie "Atlas" (dem einzigen Track auf der LP mit Drums) oder melodischeren Songs wie "Strawberry Moon" oder "Short Rain Song" zuwandte. Insgesamt dürfte Camille Camille mit dieser Show offene Türen bei allen Freund(inn)en lyrischen Mädchen-Selbstfindungs-Pops eingerannt haben. Und von denen schien es tatsächlich einige im Publikum gegeben zu haben, denn Camille bedankte sich ausdrücklich für die gespannte Aufmerksamkeit im Auditorium und die anschließende echte Begeisterung der Fans.
Mit meditativer Zurückhaltung haben Hannah Merrick und Craig Whittle nun tatsächlich nichts am Hut. Ganz im Gegenteil: Hier waren offensichtlich Leute am Werk, die genau wussten, was sie taten. Das kommt nicht von ungefähr, denn bevor sich Hannah und Craig zusammengefunden hatten, hatten sie bereits langjährig in eigenem Namen Erfahrungen sammeln können und nun unter dem Moniker King Hannah (den sich Hannah ausgesucht hatte, weil er ihrer Meinung nach einfach cooler klingt als Queen Hannah) das Beste aus ihren beiden Welten zusammengefasst. Für die Live-Präsentation ihrer mit psychedelischer Lässigkeit ausformulierten Kaputnik-Blues-Epen hatten sie sich ein ebenso einfaches, wie effektives Konzept ausgedacht: Alle Tracks - seien es der unerbittlich dräuende Opener "A Well-Made Woman", das druckvolle Springsteen-Cover "State Trooper", das monumental an- und abschwellende "The Moods That I Get In" oder das abschließende, erstaunlich melodische und songorientierte "It's Me And You, Kid" funktionierten nach demselben, unerbittlichen Prinzip: Der jeweilige Tracks wurde eher tastend - und manchmal dräuend - angetäuscht. Dann setzte Hannahs zuweilen lasziver, zuweilen unterkühlter und zuweilen emotionaler Gesang ein - und dann gab es einen ohrenbetäubenden Generalangriff auf alle bis dahin noch nicht eingebundener Sinne in Form brachialer Gitarrenorgien, jeder Menge kontrollierten Feedbacks, psychedelischer Soli und treibender Jam-Sessions. Keine Frage: King Hannah verstehen etwas von Dramaturgie, Overdrive-Effekt-Pedalen, Wah-Wah und stoisch/cooler Effektivität. Auf dem Nerdlevel interessant dabei war dann der Umstand, dass Craig Whittle meisterlich seine Effektpedale bediente, während Hannah ihre Gitarre ohne die Miene zu verziehen vollkommen clean spielte (was einen netten Effekt ergab). Die aus Bassist Olly Gorman und Drummer Jake Lipiec bestehende Rhythmusgruppe agierte dabei nur oberflächlich betrachtet als Statisten aus dem Hintergrund. Denn Ollys Pedal-Board für seinen fünfsaitigen Bass war fast noch größer als das von Craig Whittle und Jake hatte nicht nur eine Bass-Drum von der Größe eines mittleren Vorortes, sondern steuerte auch elektronische Rhythmusakzente bei. Schade eigentlich nur, dass aufgrund der Länge der Live-Versionen nicht mehr als 11 Tracks Platz auf der Setlist fanden und außer der Nummer "Creme Brulée" - weiland die Debüt-Single von King Hannah - die EP "Tell Me Your Mind And I Tell You Mine" außen vor bleiben musste.

Insgesamt begeisterten King Hannah als eine Band, die nicht durch Hype, Bühnenshow oder aufgesetzte Hipness zu überzeugen suchen, sondern durch konsequente musikalische Effektivität und handwerkliche Kompetenz. Mitreißend war das auf jeden Fall trotz allem - auch wenn auf der Bühne in Sachen Entertainment eigentlich wenig lief. Nur eines mochte man kaum glauben: Dass Craig und Hannah keinerlei Beziehungen zum Blues haben - wie sie selbst sagen -, obwohl sie doch im Prinzip dem Gefühl nach auf die klassischen Tugenden dieses Genres aufsetzen (wenn auch eben mit Overdrive im Breitwand-Sound).

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Surfempfehlung:
kinghannah.bandcamp.com
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www.facebook.com/camillecamillehoney
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www.youtube.com/watch?v=P25G7YtBk_g
www.youtube.com/watch?v=nnj8MOFsRWM
www.youtube.com/watch?v=tZpzUprsRts
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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