Ganze vier LPs hat das inzwischen in L.A. ansässige Indie-Lounge-Pop Ensemble Pearl & The Oysters vorzuweisen. Das letzte Album "Coast 2 Coast" - dessen Titel sich darauf bezieht, dass Juliette Pearl Davis und Joachim Pollack (das Kern Duo des französisch/amerikanischen Projektes) von Gainsville, Florida nach L.A. umgezogen waren - erschien bereits im April letzten Jahres. Da aber die Band noch nie in Deutschland aufgetreten war, obwohl Pearl aus Paris stammt und dort auch 2017 ihren Partner Joachim kennenlernte, als dieser dort Klassik und Jazz studierte, nutzte die Band dann die Veröffentlichung einer soeben erschienenen Remix-Editon des "Coast 2 Coast"-Albums, um nun im Rahmen ihrer "Europa Express Tour" in Köln ihre erste Deutschland-Tour überhaupt zu starten.
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Worum geht es? Nun: Aufgrund ihrer langen gemeinsamen musikalischen Historie als studierte Jazzer und klassische Musiker - vor allen Dingen aber wegen ihrer Vorliebe für die amerikanische Pop-Kultur, Bossa Nova, "japanische Fusion-Musik der 70er Jahr und piepsige Space-Age-Sounds" - haben Pearl & The Oysters ein Sounddesign entwickelt, das wir hier flapsig als "Lounge-Pop" titulieren, das man aber vor allen Dingen in der gitarren-orientierten Indie-Szene nicht so oft zu Ohr bekommt. Sicher: Auch bei Pearl & The Oysters gibt es eine Gitarre zu hören - aber Gitarrist Adam Paulson hat andere Dinge im Sinn als Grunge-Riffs oder Power-Chords. Stattdessen gibt es psychedelische Funk-Sounds, swingende Rhythmen und geradlinige, Jazz-Soli zu hören. Überhaupt dreht sich das Set-Up bei Pearl & The Oysters um etwas ganz anderes als Gitarren. So arbeitet Joachim hinter einem mächtigen Fender-Rhodes-E-Piano, dem eine Yamaha Spielzeugorgel ebenso aufgeproft wurde wie jede Menge quietschende, pfeifende, zwitschernde und blubbernde Synthie-Höllenmaschinen. Über solche verfügt auch Pearl, die zusätzlich dann noch eine ziemlich prägende Querflöte und diverse Percussion-Instrumente spielt. All das führt dann zu einem kunterbunten, schillerndem Sound-Design, das in seiner verspielten Art zum Träumen einlädt und in mancher Spongebob-Folge nicht unangebracht wäre. (Wozu dann auch der P&TO-Song "Mermaid Parade" thematisch gut passt.) Auf die Frage, ob sie ihre Songs vielleicht von vorneherein als Urlaubs-Musik konzipierten, antworteten Pearl und Joachim nach der Show, dass sie vor allen Dingen gerne reisten und deswegen den Zuhörer auf diese Reisen mitnehmen wollten - zumindest im Geiste. Ohne Frage gelingt ihnen das dann auch - nicht zuletzt deswegen, weil sie ihre Songs - so Pearl - eh über Orte schreiben, an denen sich selbst wohl fühlen. Das sind dann nicht notwendigerweise Städte, sondern Landmarken wie z.B. die "Pacific Ave.", die "Space Coast", der "Moon Canyon Park" oder aber das "Osteroid Asteroid Resort" - ein virtueller Themenpark, in dem Pearl & The Oysters fereinst ihren Projektnamen fanden.
Auf dem Album "Coast 2 Coast" waren etliche Gäste dabei - darunter Laetitia Sadier von Sterolab, Juliettes Vater, der als Jazzmusiker ein Vibraphon beisteuerte oder der Multiinstrumentalist Riley Geare (der u.a. für Caroline Rose oder La Luz arbeitete). Die waren natürlich auf der Tour nicht zugegen - aber dennoch erweckten Pearl, Joachim, Gitarrist Adam und die beiden französischen Rhythmus-Musiker dann aufgrund des umtriebigen Sound-Gewusels auch in Köln den Eindruck eines Kleinorchesters mit 70s Flair. Dabei präsentierten sich Pearl und Joachim als munter plaudernde Performer, die dem Publikum das Gefühl vermittelten, bei guten Freunden im Wohnzimmer zu Gast zu sein. Eine Technik, die insbesondere Pearl einsetzt, um ihre Anspannung zu übertünchen - wie sie sagt. Von Anspannung war da nun aber wirklich nichts zu spüren. "Was heißt denn eigentlich das 'schön' im 'dankeschön'?", fragte Pearl etwa ins Rund. Joachim, der in Paris ja klassische Musik studierte - und sich dabei einige deutsche Fachbegriffe angeeignet hatte, klärte Pearl diesbezüglich auf - und ließ sich noch lobend über das Restaurant Pfeffermühle aus, in dem die Band zuvor gespeist hatte. Eine Pfeffermühle sei aber doch nichts, was man in der klassischen Musik verwende, fragte Pearl erstaunt. Das nicht, räumte Joachim ein, es gäbe jedoch einen musikalischen Fachbegriff namens "Teufelsmühle", der eine harmonische Sequenz bezeichne, bei der sich verschiedene Akkordfolgen miteinander verzahnt in die Höhe schraubten. So ging das munter hin und her. Zwischendurch gab es dann auch Musik - bis nach einer Stunde dann schon wieder Schluss war und sich die Musiker dann lange Zeit bitten ließen, bevor sie das Set mit einer Version des LP-Tracks "Candy" beendeten.
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