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Anwalts Liebling

Vonda Shepard
Peter Stuart

Bonn, Museumsplatz
23.06.2002

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Vonda Shepard
Es war ein wunderschöner Sommerabend im verträumten Bonn und eigentlich ein perfekter Abend für einen Biergartenbesuch. Wieso fanden sich ausgerechnet an diesem Tag also ca. 5.000 vorwiegend weibliche, zahlende Zuschauer(innen) ein, um sich ausgerechnet Vonda Shepard anzuschauen? Das deutsche Volk ist manchmal wirklich schwer zu begreifen! Es lag allerdings zweifelsohne einzig und alleine daran, daß besagte Zuhörerinnen offensichtlich allesamt Ally McBeal als angestrebtes Idealbild in ihrem Unterbewußtsein mit sich trugen, denn jedes Mal, wenn Vonda "Ally" oder "McBeal" oder "Ally McBeal" sagte, ging ein begeistertes Jauchzen durch's Auditorium. Beinahe entschuldigend meinte die löwenmähnige Protagonistin dann aber, daß sie ja mittlerweile ja doch so ungefähr neun CDs veröffentlicht habe und es bei dieser Show doch mehr als bloß Ally McBeal Songs zu hören geben werde.
Immerhin veröffentlichte Vonda bereits '89 - und dann schon nach einer beachtlichen Karriere als Background-Sängerin und Studiomusikerin - ihr Debüt. Und der Titel "Baby, Don't You Break My Heart Slow" - die Hymne der Ally-Generation, die an diesem Abend auch besonders enthusiastisch beklatscht und mitgesungen wurde - fand sich bereits auf eben diesem Album (und drei weiteren). Aber egal: Der Erfolg sei ihr mal gegönnt, denn anders als andere angesagte Chanteusen dieser Couleur - z.B. Anastacia (mit der Vonda ja den Gary Wright Track "Love Is Alive" auf einem der Ally-Soundtracks aufnahm) - hat Vonda Shepard durchaus mehr zu bieten als einen Hit-Song und Füllmaterial zur Unterpolsterung von Gesangskoloraturen.
Peter Stuart
Aber der Reihe nach: Eröffnen durfte das Konzertereignis der Singer/Songwriter Peter Stuart. Dieses war ein weiterer Glücksfall für den Mann aus Long Island, der sich seine Reputation bereits mit Hilfe eines anderen bekannten Acts, den Counting Crows - bei denen er als Roadie begann - erspielt hatte. Auf die Bemerkung hin, daß ein Vonda Shepard Konzert normalerweise ja nicht so unbedingt die offensichtliche Wahl für eine Gaesteliste.de Berichterstattung gewesen sei, meinte Peter nach dem Konzert: "Normalerweise wäre ich da auch nicht hingegangen." Anders sieht das natürlich aus, wenn man selber spielen muß. Peter meisterte den Opening Act mit Bravour. Das liegt vor allen Dingen daran, daß sich der Troubadour in zahllosen Konzerten eine bemerkenswert selbstsichere Stage-Persona erarbeitet hat, die es ihm ermöglicht, selbst auf einer großen Bühne, wie es die vom Museumsplatz nun mal ist, nicht verloren zu wirken. ("Die Bühne kleiner machen", nennt das der Musiker.) Ganz im Gegenteil: Über den Fotografengraben hinweg gelang es ihm mühelos, mit dem Publikum einen entspannten Dialog anzuzetteln. Peter erzählte, was er an diesem Tag und am Abend vorher so alles gemacht hatte, machte kleine Witze über Lenny Kravitzens Posen und im improvisierten Mittelteil von "Everything Falls Apart" brachte er neben Kommentaren zu Britney Spears auch seine Meinung über Fußball und Bro'Sis unter. Irgendwie mochte man dem Mann da gar nicht mehr abnehmen, daß er ein akademischer Songwriter sei, wie er selbst meint. Jemand mit solch einer guten Beobachtungsgabe scheint zum Songwriter geradezu prädestiniert. Musikalisch verlegte sich Peter natürlich auf die Up-Tempo Stücke seines aktuellen Albums "Propeller" - "Roll Me Over" etwa. Seine diffizil arrangierten Balladen sind nicht so der rechte Stoff, um ein Publikum mit neutraler Erwartungshaltung zu begeistern. Ehrlich gesagt, sind das seine rockigeren Nummern auch nicht, da selbst diese noch ziemlich komplex sind. Peter machte aber das Beste daraus und arbeitete viel mit großer musikalischer Geste - d.h. weitausholende, kräftige Akkorde und rhythmisch simplen Strukturen. So gelang es ihm gar, das Publikum zum Durchklatschen eines ganzen Songs zu bewegen. Seine Rolle als Anheizer erledigte Peter Stuart jedenfalls mit Links und mit Bravour. Das machte neugierig auf die geplante Tour mit Band, die Peter im Herbst durchführen will.

Wie gut Peters Art, mit dem Publikum zu spielen tatsächlich war, konnte man dann sehr schön sehen, als Vonda Shepard die Bühne betrat. Ihre Anekdötchen und Witzchen wirkten nämlich wesentlich aufgesetzter und distanzierter. Dafür hatte sie aber die richtigen Moves und Grooves drauf, um dem Publikum so richtig einzuheizen. Shakhira hat das "Hipswinging" also keinesfalls erfunden. Wohldosiert wechselte sie zwischen ihrem Instrument, dem Piano, Solo-Vorträgen im Stehen sowie dann doch eher fragwürdigen Show-Einlagen mit Bongos und Gitarre. Ihre Stärke zeigt Vonda Shepard übrigens weder bei Rock-Nummern, noch bei den erwartungsgemäß pflegeleichten Balladen, sondern bei den poppigeren Up-Tempo-Nummern. Das meint jetzt aber nicht die mit der ganzen Maschinerie des beliebigen Mainstream-Treatments zugekleisterte Cover Version des natürlich aus Ally McBeal bekannten 62er Exciters-Klassikers "Tell Him" (von Bert Russell Berns, der auch "Twist & Shout" schrieb), den sie zur Zugabe bot, sondern ihre eigenen Stücke - wie etwa "Rainy Day", ein Track vom kommenden Album oder "Marry Me" (?), der Song um einen vergeblichen Heiratsantrag. Hier konnte Vonda Shepard ihr zweifelsohne vorhandenes Händchen für attraktive, eher gewagte Harmonien ausleben, die ein ausgezeichnetes Backdrop für ihr voluminöses Soul-Organ boten. Bezeichnenderweise verpfufften dann aber gerade die standardmäßigen Rhythm'n'Blues-Stampfer (das o.a. "Füllmaterial") im Nichts. Zum Beispiel das ebenfalls im Zugabenteil gegebene "Natural Thing" von Aretha Franklin (die ja auch immer ihre liebe Not mit der Songauswahl hat). Es kommt eben doch auf den Song, und nicht bloß auf die Stimme an. Mit der Auswahl von Cover-Versionen tat sich Vonda eh schwer: Dylans "Don't Think Twice, It's All Right" (ursprünglich auf "The Freewheelin' Bob Dylan" von 1963) als verklärte Akustik-Soul-Ballade zu bringen, war sicherlich nicht die beste Idee. Am besten funktionierte das Konzept immer dann, wenn die richtige Balance zwischen Vokal-Darbietung, Songmaterial und Arrangement gefunden wurde - wie z.B. bei dem hinreißend dargebotenen "The Wildest Times Of The World" von "It's Good, Eve", wo eine richtig schöne Südstaaten-Gospel-Stimmung aufkam. So richtig rocken kann Vonda dann auch nicht. Obwohl die Band ordentlich Druck machen konnte, geriet z.B. "Naivité" - obwohl oder weil Vonda hier selbst zur Gitarre griff - zu einer prätentiösen, endlosen Schweinerock-Sülze, die nun wahrlich nicht mitreißen konnte. Ganz anders beim letzten Stück des offiziellen Sets, "Searching My Soul", zu dem Peter Stuart noch einmal auf die Bühne gebeten wurde, dem Stück einen Tritt in den Allerwertesten versetzte und auch die zweite Stimme sang. So, um es jetzt noch mal ausdrücklich zu sagen: Trotz der o.a. Mankos war das doch ein recht schönes Konzert mit vielen überraschenden Höhepunkten und - bis auf die geschmäcklerischen Abzüge in der B-Note - auch ohne wirkliche Ausfälle. Und auch wenn man sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, daß Vonda Shepard mit dieser Tour vor allem ihre Karriere in die Nach-Ally-Zeit retten wollte, muß man sagen: Hut ab, das war vor 10 Jahren nicht abzusehen gewesen.

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Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-

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