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Nevermore

Michael Hurley

Solingen, Steinenhaus/ München, Substanz
24.09.2002/ 29.09.2002
Michael Hurley
Michael Hurley ist der Prototyp des "Musicians Musician". Das bedeutet: Von den Kollegen der songwritenden Zunft wird der ca. 63-jährige Veteran des Low Fi Hillibilly abgöttisch verehrt und durch Coverversionen geadelt (Chan Marshall, Sue Garner oder Rich Mason sind nur einige seiner bekennenden Fans). Das breite Publikum hat den sperrigen Meister aber bislang eher ignoriert. Das ist auch nicht weiter schwer, denn der unstete Lebenswandel des vagabundierenden Eigenbrötlers und die daraus resultierenden erratische Veröffentlichungspraxis machen es zu einem Abenteuerspiel, an seine Scheiben heranzukommen. Nicht mal ihm selbst gelingt das lückenlos. Beim Konzert im Solinger Steinenhaus kam gar einer ca. 40 anwesenden Fans mit einer seltenen Scheibe an, für die er $ 500 bezahlt hatte. Schon alleine aus diesen Gründen sollte der Besuch eines der dann auch eher seltenen Konzerte von Snock (wie er sich auch schon mal nennt) zur Pflichtübung für Freunde abenteuerlichen Songwritings gehören. Und das bekam man bei diesem Konzert denn auch gleich im Bündel geboten.
Michael Hurley
Ähnlich wie im Leben so hat auch im Vortrag der Herr Hurley einen ganz eigenen Stil gefunden. Er groovt quasi direkt aus dem Herzen und spielt impulsiv aus der momentanen Eingebung heraus. Dazu stampft er mit dem Fuß einen imaginären Rhythmus (der nicht unbedingt mit dem auf der Gitarre vorgetragenen einhergeht) und singt die Strophen gerade so wie es ihm einfällt - aber nicht unbedingt dort, wo sie vom Versmaß her hingehörten. Da er zudem auch konsequent auf Ansagen oder Setlist verzichtet, machte er es dem begleitenden Bassisten, Dave Reisch, nicht eben einfach. Dieser löste die Aufgabe indes mit Bravour und gab so manchem Song erst eine erkennbare Gestalt. Das mag sich jetzt unprofessionell und stümperhaft anhören - mit solchen Begriffen kommt man aber einem Michael Hurley nicht bei. Denn was sich hier vollzieht, ist dermaßen losgelöst von den üblichen Regeln des Rock-Business (mit dem Michael eh nichts am Hut hat), dass es zuweilen überhaupt nicht nachvollziehbar ist - was aber gerade seinen Reiz ausmacht. Hier ist jemand, der musikalisch mit sich im Reinen ist und vollkommen selbstverständlich agiert, ohne sich um störende Konventionen zu scheren. Dabei muss eines klar sein: Hurley ist ein ausgezeichneter Gitarrist, ein sehr guter Sänger und ein noch besserer Songwriter - das Wankelmütige des Vortrages rührt einzig von den festgefahrenen Hörgewohnheiten DER ZUHÖRER her. Lässt man sich indes auf die Welt des Michael Hurley ein, gibt es ein einzigartes Erlebnis. Dann fällt auch gar nicht weiter auf, dass Michael's Humor zuweilen so speziell ist, dass er schon gar nicht mehr komisch erscheint. Dabei hat er an witzigen Texten so einiges zu bieten. "Catfish, Catfish on the bottom, I'm up here with the blues, I've got 'em" radebrecht Hurley in einem seiner Songs. An anderer Stelle singt er von furzenden Pferden, Beagle-Hunden, die sich auf die Ohren treten und Hyänen, die Zebra-Ärsche zum Mittagessen zu sich nehmen. Überhaupt wimmelt es in Michael's Stories von seltsamen Tiergeschichten: Er singt von wilden Gänsen, Spechten, Wölfen und Werwölfen, dass es eine Freude ist. Das mag sicherlich auch daher rühren, dass der Künstler auch Kinderbücher und Comics verfasst. Mit derselben Inbrunst singt er aber auch über die Kunst des Rauschmittelanbaus, über die Starvation-Army oder Woody Woodpecker. Daneben gibt es immer wieder wunderschöne, hochmelodische und auch vertrackt-verspielte Songs, wie z.B. "Glass Of We Can Do" oder "Wild Goose". Dazwischen streut er auch seine alten "Hits" wie "I Paint A Design", "Cars, Jars & Guitars" oder "Werewolf" ein - und eine Coverversion, ("Have I Told You Lately That I Love You") gab es auch.

Natürlich ließ es sich der Sänger Michael Hurley nicht nehmen, bei einigen Tracks gehörig zu jodeln (oder soll man besser sagen: Jaulen, denn immerhin ging es um den "Coyote", der in "Pail of Peyote" gefressen hatte). Oder aber, der Mann überraschte mit einem Tenor, der sich zuweilen in High-Lonesome Gefilde schraubte. Dass Michael die Gelegenheit NICHT dazu benutzte, das neue Album, "Sweetkorn" besonders hervorzuheben, überraschte angesichts der Tatsache, dass das ja die übliche Vorgehensweise gewesen wäre, nicht besonders. Immerhin gab es "End Of The Road" in einer ziemlich langen Version. Michaels Selbstverständnis wurde auch bei einer der wenigen Stories deutlich, die er zwischen seinen Songs einstreute: Dies sei ein Song, der in Richmond, Virginia, spiele, der Stadt, aus der ja Edgar Allan Poe stamme, und wo er - Hurley - mal gewohnt habe. Dort habe er Edgar mal in einer Bar getroffen und der habe ihn gefragt, ob er nicht mal eines seiner Gedichte zu einem Song machen könne, woraufhin er eingewilligt habe. Den Song ("Oregon") habe er in Dur geschrieben, obwohl das Treffen mit Edgar Allan Poe eher ein Moll-Erlebnis gewesen sei. Dennoch, Edgar sei ein guter Freund von ihm, ebenso wie Woody Woodpecker. Das erzählte Michael, ohne eine Miene zu verziehen oder auch nur die Stimme zu erheben. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. So ist er nun mal, der Michael Hurley: Nimm mich so, wie ich bin oder hör doch Formatradio!

Michael Hurley
...ein paar Tage später in München...

Der Club2 ist tot, lang lebe der Club2, denn auch nach seinem Ende als Ausnahme-Venue, das bei Musikern und Gästen gleichermaßen Kult-Status erlangte, bringen Ivi und Tobi die interessantesten Acts als Veranstalter nach München. Zum Beispiel Michael Hurley, der sich heute Abend im geräumigen Substanz die Ehre gibt. Sehr gelassen besteigt er mit seinem Begleiter die Bühne und hat schon bevor er die erste Saite anschlägt das Publikum ganz an seiner Seite. Und all jene, die sich vor einem traurigen Abend mit einem Idol, das seinen Zenit längs gesehen hat, fürchteten, atmeten beruhigt auf. Tatsächlich sollte Snock einen seiner besten Auftritte in München abliefern. Alles, was in Solingen beobachtet und erlauscht wurde, trifft auch hier zu. Sehr viel Improvisation und Spontaneität im Vortrag zeichnet Hurleys Gesang und Gitarrenspiel aus, das war schon Anfang der 90er so. Was neu erscheint ist eine Diszipliniertheit und Straightness, die Hurley zu neuer Meisterschaft und so nicht gekannter Intensität verhilft. Vor der Bühne, wo sonst der Konzertbesucher herumsteht bzw. -tanzt, verbreiten heute Tische und Bierbänke Saloonflair, allerdings gibt es weder Kartenspiel noch Wirtshausrauferei - ganz im Gegenteil: Alles hockt stumm und ist ganz Ohr. Überall glänzende Augen und glückliche Gesichter - eine auffallend gemischte Schar von Bewunderern - und Hurley dankt's mit ausführlicher Zugabe.

Surfempfehlung:
www.robotwisdom.com/jorn/hurley.html
www.michaelhurley.de
www.snockonews.com
Text: -Ullrich Maurer (SG) / Dirk Ducar (M)-
Fotos: -Ullrich Maurer (SG) / Jörg Conrad (M)-

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