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Thursday Night Live

Ken Stringfellow
Cristina Donà

Köln, MTC
16.12.2004

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Ken Stringfellow
Dass dies kein ganz normaler Konzertabend werden würde, ließ sich bereits im Vorfeld an eindeutigen Zeichen erkennen. Schon beim Soundcheck schaltete Meister Stringfellow in den Comedian Mode, spielte Cover Versionen von den Beach Boys und "Stairway To Heaven" und kritisierte auf poetische, aber unverständliche Weise die layouttechnischen Defizite des von Gaesteliste.de bereitgestellten Bühnenpianos (wir nehmen unsere Tourpräsentationen eben ernst!). Beim anschließenden Essen erläuterte er dann die Lebensgewohnheiten blinder, wurmfressender Amphibien und zog Telefonnummern, eMail-Adressen und Weinsorten aus dem Internet (wozu er seinen Mac-Laptop in seltsamen Positionen durch den Raum führte, um das Signal einfangen zu können).
Als es dann - unnötig spät - endlich losging, verlangte Ken gleich zu Beginn nach einem Cuba Libre (was sonst - zumindest auf dieser Tour - erst nach der Show passiert) und überraschte dann gleich nach dem ersten regulär gespielten Stück mit einer überlangen und nur in Ansätzen verständlichen Parodie auf den griechischen Liberace Yanni "in der Hölle", die sich dann thematisch durch den ganzen Abend zog und letztlich auch das Publikum mit einbezog. Irgendwann zwischendurch wurde auch eine Erklärung für das eher exaltierte Verhalten gegeben: Die Nacht zuvor hatte er im norwegischen Bergen im gleichen Hotel wie Motörhead verbracht - aber nicht geschlafen. Demzufolge war Ken an diesem Tag "nicht ganz beisammen", wie er en passant auch einräumte, aber ziemlich aufgedreht.

Zum Glück begann die Show relativ normal. Cristina Dona, die den akustischen Support für Ken spielte, gehört zur seltenen Spezies der italienischen Songwriterinnen - die tatsächlich auch englisch können. Zumindest, wenn's um's Singen geht. So richtig erklären kann sich Cristina, die nur gebrochen Englisch SPRICHT, das selbst nicht - aber wenn sie singt, würde niemand darauf tippen, dass sie aus Italien stammt. Egal: Die Songs ihres aktuellen, selbstbetitelten Albums, auf dem sie praktisch ihr vorletztes, italienisches Werk nochmals in englisch aufgenommen hatte, wirkten so ganz ohne die phantasievollen, abwechslungsreichen Arrangements von Produzent Davey Ray Moor (Cousteau) dann doch ein wenig spröde - obwohl Cristina zweifelsohne eine großartige Sängerin ist. Aber als Person wirkt sie ein wenig unsicher und doch extrem zurückhaltend. So singt sie zwar inbrünstig, aber mit geschlossenen Augen. Erst als sie das Publikum um Erlaubnis bat, einen Song auf Italienisch singen zu dürfen, taute sie ein wenig auf. Es gab dann das mit Robert Wyatt zusammen geschriebenen Stück "Goccia" - was Tropfen heißt. (Es ist dies aber ein spezieller Tropfen, "der nicht fällt", wie sie uns erläuterte, weil dies eine Metapher sei).

Nach Cristinas solider, aber nicht besonders aufregendem Auftakt, brach dann das Stand-Up-Pandemonium Ken "I'm so funny I could kill myself" Stringfellow über das unvorbereitete Publikum herein. Kurz nach der Yanni-Einlage und einem weiteren "ordentlichen" Song (es könnte "You Drew" von der neuen Scheibe "Soft Commands" gewesen sein - aber Überblick und Ordnung war nicht das, was an diesem Abend Priorität hatte) gab's eine weitere Comedy Einlage namens "Meet The Audience". Ken stellte sich mit einem Mikro in den Raum und forderte ihm geeignete Opfer aus dem Auditorium auf, sich mit ihm in puncto Wortwitz und Schlagfertigkeit zu messen. Müßig zu erwähnen, dass das Publikum hier dauerhaft zweiter Sieger blieb. Ein Wort übrigens an jene, die vor Ort waren und denen die scheinbar harten Attacken in Richtung einiger Mädels rechts der Bühne dann doch etwas seltsam erschienen: Das waren die Tourbegleiterinnen von Cristina Dona, mit denen sich Ken auf einem vertraulich-persönlichen Level balgte.

Ach ja: Musik gab's zwischendurch tatsächlich auch. Entweder mit seiner beeindruckend kunstvoll gezimmerten Spezial-Gitarre oder am "stabförmigen" Piano sitzend, überzeugte Ken als versierter, brillanter Musiker und beeindruckender Sänger. Als langjähriger Bühnenveteran und gesuchter Musikant (außer als Solo-Künstler ist er schließlich als Mitglied bei den Posies, Big Star und R.E.M. tätig) haben seine technischen Fähigkeiten mittlerweile ein dergestalt beiläufiges Level erreicht, dass ihm nahezu alles möglich ist. Und wenn dann mal was schief geht, wird halt ein Witz daraus gemacht. Eine Erkenntnis, die man aus dieser Show (und wohl auch der gesamten Tour) mitnehmen kann, ist die, dass Kens Stücke in den sparsamen Solo-Arrangements tatsächlich eher gewinnen. Während der Songwriter Stringfellow ein sicheres Gespür für interessante und ungewöhnliche Melodien und Harmonien hat, wirken seine Arrangements ja zuweilen ein wenig ziellos, verspielt und beinahe ungelenkt. Nicht so hier: Seine Versionen von "Uniforms", "Cyclone Graves" oder "Death Of A City" kamen gleich zum Thema und wirkten teilweise - trotz allen Humbugs - regelrecht bewegend. Auf jeden Fall aber eindringlicher als auf CD. Ergänzt wurde die eh nicht vorhandene Setlist durch einige Wünsche aus dem Publikum - wie z.B. die Posies-Nummer "Grant Hart", die Ken zu einigen komödiantischen Betrachtungen über das Alter nutzte. "Age doesn't matter if you're young" war eine Erkenntnis aus dieser Ecke.

Der Höhepunkt der Show kam jedoch - nach ca. zwei Stunden - aus einer ganz anderen Richtung. Zu dem seiner Frau gewidmeten Stück "Je vous en prie" bat Ken nochmals Cristina auf die Bühne und dieses inbrünstig vorgetragene Duett rührte dann wirklich zu Tränen. Das war ziemlich cool, da die Sache beim Soundcheck noch mit Textbüchlein einstudiert wurde. Als Ken dann zu Beginn der dritten Stunde seines Sets dem Eindruck erlegen war, dass er eigentlich fertig sei, verlangte das bis dahin verbliebene Publikum aber beharrlich nach mehr. Es folgte dann ein Zugabenblock mit vollkommen ernst gemeinten (und gar nicht mal so schlechten) Versionen von "Moon River" und "There's A Kind Of Hush" (Herman's Hermits). "Jetzt bin ich aber tot und frei von irdischen Bürden", lachte Ken anschließend dämonisch, legte sich demonstrativ auf die Bühne, angelte sich das Mikro und forderte im Liegen zum CD-Kauf und abschließendem Umtrunk auf. Fazit: Hier erlebte man ein Mal einen durchaus respektablen Künstler am Rande des Möglichen. Stringfellow Intimus Carsten Wohlfeld wies noch mal ausdrücklich darauf hin, dass das nicht immer so sei - interessant war dieses einmalige Erlebnis aber allemal. Auch wenn die Sache gegen Ende deutlich an Schwung verlor und die Witze durch die Häufungen auch nicht wirklich besser wurden: Ken Stringfellow ist schon ein lustiger Musikant.

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Surfempfehlung:
www.kenstringfellow.com
www.cristina-dona.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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