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Konzert-Bericht
 
For the hearts still beating!

Converge
Modern Life Is War/ Sex Positions/ Just Went Black

Bremen, Wehrschloss
13.03.2005
Converge
Mit Converge kam eine der aufregendsten Hardcore-Bands der Jetztzeit ins sympathische Wehrschloss nach Bremen und brachte gleich drei Vorbands mit. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Zusammen sorgte dieses grandioses Package für einen unglaublichen Abend.
Pünktlich um 19 Uhr öffneten sich die Türen und sogleich konnte der geneigte Fan das umfangreiche Bandmerch bestaunen, das zu absolut fairen, heute gar nicht mehr vorkommenden Preisen, angeboten wurde. Just Went Black aus Hamburg eröffneten das Spektakel und wussten das Publikum gleich mit ihrem pathetischen Hardcore zu erreichen. Die Band hatte viele Fans aus ihrer Heimatstadt angezogen und spielte ein solides Set, wobei gerade der Sänger durch Bühnenpräsenz glänzte. Sicher war es ein heftiger Adrenalinkick für die Band, im Vorprogramm der Hardcoreveteranen Converge zu bestehen. Und sie hat es mit Bravour gemeistert! Sehr gespannt durfte man im Anschluss auf Sex Positions sein, die gerade auf Deathwish Records ein famoses Debüt hingelegt hatten. Die progressiven, mit dezenten Elektronikparts versetzten Elemente des Albums traten live ein wenig in den Hintergrund, sodass hier und da ein herrlicher Oldschool-Geruch aufkam. Dass Black Flag hier ihre Duftspur hinterlassen hatten, wirkte ungemein mitreißend. Der Sänger wusste, wie man das Publikum erreicht und es bereitete ihm und der Band kein Problem, dass wohl ein Großteil der Anwesenden die Platte noch gar nicht kannte. Bleibt nur die Frage, weshalb Converge, dessen Sänger ja Miteigentümer von Deathwish ist, diese Band nicht mit auf die komplette Europatour genommen hat. So kam es, dass Sex Positions am nächsten Tag alleine in Hamburg spielten. Die dürfen gerne wiederkommen!

Nach einer nicht allzu langen Pause standen nun Modern Life Is War auf der Bühne. Die kurzfristig für die leider wegen Nachwuchssegen entfallenen Planes Mistaken For Stars eingesprungen waren. Die Herrschaften erinnerten zuerst rein äußerlich an Models aus dem H&M Katalog. Sollte dieser erste Eindruck schlechtes vermuten lassen? Mitnichten! Die auf Tonträger (Reflection Records) etwas langweilig, weil wenig variiert wirkenden Vocals kamen extrem druckvoll und voller Kraft rüber. Die beiden Gitarristen spielten ein derbes Riffgewitter und unterstützten den Sänger in seinen teils heftigen Ausbrüchen ungemein gut. Das Stagediving wurde heftiger - und die Vorfreude auf Converge lag förmlich zum Greifen in der Luft! Und nach einer kurzen Zugabe von Modern Life Is War standen sie plötzlich auf der Bühne.

Jeder schien extrem gespannt, wie Converge die extrem eindringlichen Stücke ihres aktuellen Albums "You Fail Me" live umsetzen würden. Los ging der emotionale Irrsinnstrip gleich mit dem Opener des Albums. Die derbe, ungezügelte Spielfreude der Band nahm sofort jeden in Beschlag. Der Sänger extraordinary Jakob Bannon ließ mit seiner heftigen Extrovertiertheit auf der Bühne nicht ein Fragezeichen bei den zirka 200 Zuschauern aufkommen. Was diese Band nicht nur live so ein Erlebnis werden lässt ist, dass in Hardcore-Kreisen ungewöhnliche Element, der Band Platz zum Spielen zu geben. Der Mann würde auch einen klasse Schauspieler abgeben. Diese Körpersprache, die die Musik so ungemein genau auf den Punkt kriegt, war die purste Augenweide. Jakob Bannon geht nicht nur zur Musik mit ab, sondern leidet auf der Bühne jede Sekunde mit. Hier wirkt nichts aufgesetzt, nein, der Mann weiß wie nur sehr sehr wenige, worum es geht. Das hier eine Therapie vor Publikum stattfindet war ganz offensichtlich. Jeder, der sich genauer mit dem Hintergrund der Texte befasst, weiß, was gemeint ist: Die Message ist positiv. Mach' was, nimm' es nicht hin, agiere, reagiere nicht nur! Das Set war eine gelungene Mischung aus Stücken der Alben "Jane Doe" und "You Fail Me", aber auch ältere Tracks aus der "Petiotining The Empty Sky"-Ära wurden abgefeuert. Der Sound war ungemein gut und die Konversationen mit dem Publikum ("This is a fucking punkrock show! So make good memories otherwise it means nothing") grandios. Stagediving von den Lautsprechern war dringlichst erbeten. Kurt Ballou an der Gitarre zauberte ein so unglaublich mitreißendes Moshgewitter, unterstützt wurde er von einem bestens aufgelegten ("Slayer...") Nate Newton am Bass. Und Ben Koller an den Drums spielte unentwegt absolut abwechslungsreich und arschtretend, dass es eine helle Freude war. Ein Break reihte sich an den nächsten und ganz bestimmt gingen viele mit Gliederschmerzen nach Hause - denn ein ruhiges Stehen bleiben war nicht drin...

Grandioser Höhepunkt war der Titeltrack des aktuellen Albums. Was hier abging, kann wohl nur schwerlich in Worte gefasst werden. Dieser, die Synapsen glühend machende, Track alleine war den Abend wert. Nach gut 50 Minuten, was für Converge Verhältnisse schon sehr lang ist (wer die DVD kennt weiß, was gemeint ist), war das reguläre Set beendet. Sie ließen aber nicht lange bitten und feurerten noch drei Zugaben ab, die ebenso begeistert aufgenommen wurden. Danach war auch der härteste Fan in Bremen glücklich. Nur eine Frage blieb: Woher nimmt die Band diese unglaubliche Energie, dem Hardcore diese Inovationsschübe zu geben? Live als auch auf Platte? Ein ziemlich einzigartiges Phänomen! For the hearts still beating!


Converge
NACHGEHAKT BEI: CONVERGE

Vor dem Konzert in Bremen traf sich Gaesteliste.de mit Converge-Boss Jacob Bannon und sprach mit ihm über sein Label, seine Band, sein Soloprojekt und ein Erdnussbutter-Sandwich...

GL.de: Das neue Converge-Album wurde entgegen der letzten Platten ja nicht auf Equal Vision, sondern auf Epitaph veröffentlicht. Fühlt ihr euch zu Hause?

Bannon: Ja, sehr. Die Leute von Epitaph leisten sehr gute Arbeit. Sie sind "independent", aber dennoch etabliert. Sie wissen genau um das, was den Künstlern wichtig ist, geben dir die Unterstützung, die du heutzutage leider nicht mehr all zu oft bei kleineren Labels bekommst. Was Promotion und Presse angeht, machen sie einen verdammt guten Job. Für uns ist es eine Ehre, zwischen all den interessanten und vielen Bands und Künstlern aufgehoben zu sein, Nick Cave, The Locust, Sage Francis. Es ist wirklich toll.

GL.de: Und ihr habt nicht eine Sekunde daran gedacht, "You Fail Me" auf eurem eigenen Label zu veröffentlichen?

Bannon: Hmmm (denkt einige Sekunden nach), nein. Das wäre zu schwierig für uns gewesen. Death Wish ist ja lediglich ein kleines Label. Wir arbeiten gerade mal mit sieben Leuten dort. Wir hätten gar nicht die Kapazitäten dafür gehabt. Selbst finanziell wäre das gar nicht möglich gewesen, herzustellen, zu promoten. Nein. Wir möchten gleich fair zu all unseren Bands sein, möchten die Labelarbeit so gut machen, wie es irgendwie nur geht. Das wäre mit Converge schlecht möglich gewesen. Es ist gut, eine gewisse Distanz in diesen Dingen zu bewahren.

GL.de: Wie siehts mit deinem Soloprojekt Dear Lover aus?

Bannon: Nun, das ist ein wenig anders. Ich werde es wohl auf Death Wish veröffentlichen. Im Gegensatz zu Converge ist dies einfacher, weil es sich in einer komplett anderen Größenordnung abspielt. Es ist überschaubarer und vom Arbeitsaufwand wesentlicher leichter auf dem eigenen Label zu realisieren. Ich bin sicher, Epitaph hätten es auch gemacht, aber ich möchte dieses Album so eng wie möglich persönlich halten, wenn ihr versteht, was ich meine.

GL.de: Gibt's denn schon Pläne für ein VÖ-Datum?

Bannon: Ich hoffe, ich schaffe es im Sommer. Gerade habe ich zu viel zu tun, die Labelarbeit, die Artwork-Geschichten sowohl fürs Label als auch in anderen Bereichen, Converge etc. Ich habe bisher noch nicht die Zeit gefunden, das Mixen zu beenden. Aber ich hoffe, dass ich nach der Converge-Tour Zeit finden werde, mich wieder darauf zu konzentrieren und es abzuschließen.

GL.de: Was haben wir denn soundtechnisch zu erwarten?

Bannon: Nun, der Sound wird wenig mit dem von Converge gemein haben. Es ist minimalistischer, melancholischer, ein wenig episches Songwriting. Leute, die es bisher gehört haben, sagten so etwas wie traurige Musik, oder zogen Vergleiche zu den früheren Swan Sachen heran. Irgendwo zwischen Singer / Songwriter und elektronischer Musik. Ich denke minimalistisch / depressiv trifft es am besten.

GL.de: Entgegen dem ersten Converge-Album sind "Jane Doe" und "You Fail Me" ja wesentlich emotionaler und intensiver ausgefallen...

Bannon: Wir versuchen durch unsere Musik immer das auszudrücken, was uns gerade umgibt, ein Lifesound sozusagen. Und natürlich wollen wir in Bewegung bleiben, besser werden, uns weiterentwickeln. Daher haben wir auch bei dem letzten Album viel mehr Aspekte auf das Songwriting gesetzt.

GL.de: Eure Musik hat, und jetzt entschuldige, falls das ein wenig pathetisch klingt, immer authentisch, ehrlich gewirkt. "You Fail Me" wirkte zuerst sehr schwermütig, aber nach mehrmaligem Hinhören fiel auf, dass es eigentlich gar nicht so schwermütig ist...

Bannon: Nun ja, im Zuge der oft zu findenen Überproduziertheit gehen die wichtigsten Dinge verloren. Wir machen Musik, nicht nur um der Musikwillen, sondern benutzen es als eine Form des Ausdrucks. Es läuft so verdammt viel schief, du wirst zurückgeworfen, verletzt. Aber letztlich liegt es immer in deiner Hand, morgens aufzuwachen, diese Dinge selbst in die Hand zu nehmen, und dein Leben zu ändern. Converge ist für mich eine Art Ventil, die Frustrationen rauszulassen. Es gibt so viele Möglichkeiten, das Leben zu ändern, Sachen rauszulassen, nur haben leider die wenigsten Menschen ihr persönliches Ventil gefunden. Umgeworfen werden und immer wieder aufstehen, dir die Kraft holen, die andere dir genommen haben. Darum geht es hauptsächlich in "You Fail Me". Es ist, und da habt ihr vollkommen recht, ein dunkles Album, aber auch ein sehr Positives.

GL.de: Irgendwelche Pläne für die Zukunft?

Bannon: Wir haben mit unseren langjährigen Freunden von Cave In angefangen, ein Album aufzunehmen. Sozusagen als EINE große Band: Zwei Drumsets, drei Gitarren, zwei Bässe. Fünf Songs sind schon aufgenommen, nur ist es auch hier wieder schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen. Jeder hat so seine Projekte am laufen und ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wann wir das Album zu Ende bringen werden. Klar ist aber, dass es nur als Projekt zu betrachten ist. Mehr nicht.

Die folgende Frage wollten wir nicht durch eine Übersetzung zerstören. Außerdem kann man sich die "Question Of The Week" (siehe Link unten) auch anhören.

GL.de: One last question: When you were a child, did your mother ever cut off the crust of your peanutbutter sandwich? [Jacob lacht. Andreas treibt es die Schamesröte ins Gesicht und den Spruch aus dem Mund: "Bad Question"]

Bannon: Did my mother ever cut off the crust of my peanutbutter sandwich? Yeah (Jacob lacht und klatscht in die Hände) Shit, do...do I have to answer that question?

GL.de: No.

Bannon: Then [lacht wieder] I'd like to leave it as a mystery.

Surfempfehlung:
www.convergecult.com
www.modernlifeiswar.net
www.sexpos.net
www.justwentblack.com
www.myfilestash.com/userfiles/hellyeah/questionoftheweek.mp3
Konzert: -Andreas Müller-
Interview: -Andrea Wienck / Andreas Müller-
Fotos: -Andrea Wienck-

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