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La Mademoiselle est fou.

Camille

Köln, Stadtgarten
18.12.2005

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Camille
Größenwahnsinnige Spinner gibt's ja wahrlich genug im Pop-Business. So richtig wahnsinnige, die dann auch noch eine Vision haben allerdings erstaunlich wenige. Camille aus Frankreich gehört aber zweifelsohne dazu. Ließ bereits ihre letzte - ganz um die einzigartigen stimmlichen Eskapaden aufgebaute - Scheibe, "Le Fil", bereits vermuten, dass das kleine Energiebündel anders denkt als die Kollegen, so wurde das durch dieses Live-Konzert eindrucksvoll bestätigt. Nachdem ein erster Versuch in Köln aufzutreten an einem kurzsichtigen Schaffner gescheitert war, der den Bassisten mit seinem Instrument nicht in den Zug lassen wollte, so lief beim zweiten Anlauf nunmehr alles glatt. Nicht nur der Bass, sondern auch das andere Equipment - darunter eine Basstrommel, ausgehöhlte Kürbisse, ein Akkordeon und jede Menge Gardinenstoff, der kunstvoll über die Bühne drapiert war - ließen dann ein Konzertereignis der besonderen Natur vermuten.
Als Camille dann kurz nach neun kichernd auf die Bühne krabbelte, sich in den Tüll-Gewirren verhedderte und dann kieksend aus einem per Projektion hingezauberten Meer auftauchte, gab's die volle Breitseite in Sachen tongewordener Vorstellungskraft. Denn das Trio - neben dem Bassisten gab es noch einen Pianisten, der auch als Conferencier fungierte - schuf mittels der wenigen Zutaten (ein Klavier und Camilles Sampler waren neben dem Bass die einzigen richtigen Instrumente auf der Bühne) Klangräume, die ihresgleichen suchten. Obwohl Camille hauptsächlich mit ihrer Stimme arbeitet und diese auch recht rhythmisch einsetzt (bzw. missbraucht), ist die Sache dabei doch meilenweit vom Rap entfernt. Denn einerseits singt Camille trotz aller vokalakrobatischen Exzesse eher als sie spricht (das tut sie auch - und zwar nicht zu knapp) und zum anderen verbergen sich hinter allen Skurrilitäten, die beim Körper-Drumming beginnen und beim Hantieren mit CD-Hüllen noch lange nicht zu Ende sind - auch immer wieder erstaunlich ausformulierte Songs. Oder soll man Chansons sagen - denn mit Rockmusik hat das alles natürlich so rein gar nichts zu tun. Und der namensgebende Faden des letzten Albums, der stets präsente Grundton, war natürlich auch während dieses Konzertes zu hören.
Obwohl auch fast alle Tracks des ersten Albums, "Le Sac Des Filles", gegeben wurden. Camille ist eben erfrischend anders. Dazu gehört auch, dass sie das Publikum niemals alleine lässt mit ihren schrägen Witzen, sondern dieses gnadenlos einbezieht. Sei es, dass einfach alle mittanzen oder -singen sollen oder dass ganze Gruppen zur Illustration der Songs auf die Bühne geholt werden - wie z.B. bei der bitterbösen Abrechnung mit "Les Ex". Dazu gab's dann Geschichten über Sachen, die Frauen wirklich in ihren Handtaschen haben, über das Nehmen des Schmerzes anderer und die Eigenarten von Camille selber. So erfuhren wir dann - dank einer zwangsverpflichteten Übersetzerin aus dem Publikum, dass Camille noch nie in ein Waschbecken gepinkelt habe und keineswegs schneller fährt, wenn sie von roten Autos überholt wird. Musikalisch spielte sich das alles zwischen virtuosen Bassläufen, sparsamen Klavierpassagen und in den Sampler gehusteten Zisch-, Brumm-, Knurr-, Quiek- und sonstigen Lauten ab, zu denen Camille dann ihre o.a. Elaborate zum Besten gab, die von den zahlreichen angereisten Franzosen im Publikum z.T. Ton- und Wortgenau mitgesungen wurden. Dazu kullerte, hüpfte und wedelte Camille wie ein wildgewordener Derwisch über die Bühne - angetan in ein abenteuerliches, zusammengeknotetes, spitzenbesetztes kleidungstechnisches Gesamtkunstwerk, aus dem sie sich peu a peu herausschälte. "Mein Ziel ist es, eine lange Karriere im Pop-Business anzustreben", meinte sie eingangs der Show. Und mit einem derart außergewöhnlichen Ansatz könnte ihr das in der Tat auch gelingen. Nun ja: Zumindest in Frankreich.

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Surfempfehlung:
www.camille-lefil.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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