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Konzert-Bericht
 
The Grateful Living Dead Allman Brothers Band

Ryan Adams
Neal Casal

Köln, Kantine
06.10.2006

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Ryan Adams
Kaum zu glauben, aber Ryan Adams hat tatsächlich persönlich in Köln gespielt! Nachdem der letzte Versuch vor fast zwei Jahren aufgrund eines Arbeitsunfalles ins Wasser gefallen war, hatte man ja schon gar nicht mehr an ein "Wiederholungskonzert" glauben mögen. Aber tatsächlich: Um Punkt 19 Uhr (und damit eine Stunde früher, als viele dachten und zwei Stunden früher als ein üblicher Konzertbeginn angesetzt wird) bestieg Neal Casal - selber ein angesehener Songwriter und Ryans Gitarren-Duellpartner in der momentanen Adams-Band The Cardinals - die Bühne, um ein paar akustische Songs zum Besten zu geben. Das Interessante hierbei war, dass Neal anlässlich seiner letzten CD, "No Wish To Reminisce", eigentlich die akustische Gitarre in die Ecke gestellt hatte, um sich ganz der Erforschung für ihn neuer Darstellungsmöglichkeiten mittels E-Gitarre und komplexer Arrangements zu widmen. Hier und jetzt bestand seine "Band" nur aus einem im Kapuzenjäckchen versteckten Ryan Adams am Schlagzeug.
Neben ein paar Steel-Gitarren-Sounds von Cardinals-Spezi Jon Graboff gegen Ende des Vortrages musste das dann ausreichen. Andererseits war das auch wieder kein Problem. Denn beim anschließenden Set von Ryan Adams hatte Neal noch zur Genüge Gelegenheit, E-Gitarre zu spielen und außerdem hatte er Gaesteliste.de ja eh erklärt, dass alle neuen Stücke von "No Wish" quasi in der Tradition seines erklärten Lieblings-Songs "Ocean View" zu sehen seien - d.h.: Ein besonderer Wert auf subtile Harmonieverschiebungen und den Gesang gelegt werde. Wie dem auch sei: Nachdem er zunächst ein paar ältere Stücke (wie z.B. den Casal-Klassiker "Real Country Dark"), dann neue Songs spielte, bearbeitete er schließlich auch das aktuelle Material. Irgendwie, so schien es, lag ihm das besonders am Herzen, denn bei Tracks wie "Lost Satellite" legte er sich geradezu Gänsehaut-erzeugend ins Zeug. Immer wieder erstaunlich ist es aber, wie souverän Neal Casal auch ein größeres Publikum mit der Akustischen in Schach zu halten vermag. Gerade auch angesichts der guten Laune in der Kantine war das schon erwähnenswert. Im Prinzip war das natürlich das Perfekte Intro zu einem großartigen Konzert-Abend.
Das dieser einer werden würde, war dabei gar nicht mal so sicher. Im Soundcheck soll es nur Punk-Musik gegeben haben und der Meister selbst war wohl auch nicht so gut drauf. Hier aber zeigt sich die Größe von Typen wie Ryan Adams. Auch wenn er nur mit ca. 45% seiner Gesamtleistung aufläuft, wie zumindest im ersten Drittel der Show, bietet er doch noch mehr Inbrunst, Sendungsbewusstsein und schiere Präsenz (zumindest stimmlich - sehen konnte man ihn nur selten) als andere mit 150%! Die Strubbelhaare wirr ins Gesicht gekämmt, mit dem Rücken zur Hälfte des Auditoriums und mit einer ausgeklügelten Licht-Dramaturige versehen, die die (wenn überhaupt) von unten oder hinten angestrahlten Protagonisten bestenfalls wie leberkranke Zombies erscheinen ließ, erweckte Adams hier den Eindruck zunächst mal eher für sich aufspielen zu wollen. Dass da Publikum anwesend war, schien ein notwendiges Übel zu sein. Nein, so ein richtig extrovertierter Rockstar ist Adams wirklich nicht. Rein musikalisch war die Show eine großartige Tour de Force durch das Abenteuerland, das sich Adams mit beachtlicher Arbeitswut im Laufe der Jahre zusammenkomponiert hat. Neben einigen Tracks der letzten beiden Rock-Scheiben "Cold Roses" und "Jacksonville City Nights" ("29" blieb wie auch das Frühwerk außen vor) gab es vor allen Dingen neue Stücke und Nicht-CD-Tracks zu hören. Offensichtlich hat sich dabei Adams' Freundschaft zu Phil Lesh, dem legendären Grateful Dead-Bassisten, ziemlich prägend niedergeschlagen. Nahezu jedes Stück wurde von psychedelischem Gitarrengeklimper begleitet, das mal zum jeweils nächsten Song führte, manchmal im Nirvana entschwand oder aber auch schon mal zum Selbstzweck verkam. Adams und Neal Casal lieferten sich dabei fortwährende Gitarrenduelle, wie man sie in dieser Form seit Garcia / Weir nicht mehr gehört hatte. Sehr viel näher kann man den Dead nicht kommen, ohne selbst in die Band einzutreten.

Natürlich sind aber weder Adams noch Casal Garcia oder Weir und so freute es dann auch zuweilen, wenn sie sich dermaßen anstachelten, dass regelrechte Allman Brothers-Orgien daraus erwuchsen. Das führte dazu, dass, von einigen dezidiert knapp kalkulierten Rausschmeißern wie z.B. "Magnolia Mountain" abgesehen, der Pop-Faktor überschaubar blieb und einige Tracks zu viertelstündigen, mit Improvisationen angereicherten Epen ausuferten. Das war schon alles sehr abgehangen und cool. Und: Eine Scheibe in dieser Art hat Adams ja auch noch nicht gemacht - wäre ja mal eine Maßnahme. Für die Band war diese Herangehensweise nicht ganz einfach, da sie wie Jazzmusiker auf die Muse achten mussten, die den Meister gerade küsste. Besonders der "neue" Bassist, Chris Feinstein, hatte es dabei nicht ganz einfach, da er tatsächlich nur den Rücken Adams zu sehen bekam und immer wieder über dessen Schulter lugen musste, um erahnen zu können, was er denn wohl im Schilde führte. Für das Publikum war das natürlich alles sehr spannend und aufregend, denn selten bekommt man schließlich Musik so taufrisch zubereitet, wie in einem solchen Fall. Wie gesagt: Adams selbst schien das Ganze zunächst mal als lästige Pflichterfüllung zu begreifen. Im Laufe der Show taute er dann aber auf und gab sich Mühe, ein besonders ausgewogenes Programm zusammenzustellen. Neben Live-Favoriten wie "Dear Chicago" und der erwähnten CD-Tracks gab's dann auch jede Menge neues Material zu hören (angeblich hat Adams ja schon wieder mehrere CDs fertig). Schließlich, nach mehreren Anläufen, gelang Adams bei "Blue Hotel" dann auch das erste wirklich runde Solo des Abends und das brachte dann den Knoten endgültig zum Platzen. Nun sah man ihn allen ernstes auch mal lächeln. Die Kommunikation mit dem Publikum beschränkte sich zwar auf ein paar unverständlich ins Mikro gemurmelter Ansagen (woran auch einige unglaublich lautstark grölende, besoffene Holländer nicht ganz unschuldig waren), aber es ging ja hier schließlich nicht um Verbrüderung, sondern um Musik. Und die gab's bis zur letzten möglichen Minute.

Bereits um 22 Uhr war nämlich Schicht, denn die Disko musste angefahren werden. Immerhin: Es wird ja auch von Adams-Konzerten gemunkelt, die der Meister nach 45 Minuten beendet habe. Das in Köln gehörte zweifelsohne nicht dazu, Und auch wenn in Bezug auf Virtuosität und "sauberes Spielen" hier durchaus noch Möglichkeiten nach vorne offen blieben: Faszinierend war die Sache schon irgendwie. Die nächste Ryan Adams-Scheibe wird übrigens nicht von ihm selber stammen, sondern von Label-Kollegen Willie Nelson. Adams produzierte dessen kommendes Album "Songbird" und die Cardinals spielen auch mit. Wie aus gut zu unterrichteten Kreisen zu erfahren war, ist Neal Casal ganz stolz darauf, dass er Willie Nelson ein Stück auf der Gitarre beigebracht habe. "Songbird" erscheint im November.

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Surfempfehlung:
www.ryan-adams.com
www.ryanadams.de
de.wikipedia.org/wiki/Ryan_Adams
www.ryanadams.org
www.nealcasal.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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