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Konzert-Bericht
 
"In Museumsqualität"

Ken Stringfellow

Andorra la Vella, Apolo AND
24.01.2009
ken Stringfellow
Reisen gehört zu den Dingen, die Ken Stringfellow im Gegensatz zu einigen seiner anderen Laster nie abgeschüttelt hat. Besonders Kleinstaaten haben es ihm dabei angetan. 2006 spielte er in Liechtenstein, im Jahr darauf war er in Luxemburg zu Gast, und 2008 waren Malta und Israel an der Reihe. Für dieses Jahr sind Auftritte in Albanien und Mazedonien im Gespräch, doch den Auftakt 2009 machte das siebzehntkleinste Land der Erde, Andorra. In einem atmosphärisch dichten ehemaligen Jazzclub in der Hauptstadt Andorra La Vella fand Stringfellow nicht nur ein aufmerksames Publikum vor, sondern statt eines elektronischen Keyboards sogar einen echten Konzertflügel. Der stand auf der sorgsam mit einer goldenen Kordel abgesperrten Bühne, was ihn gleich zu Beginn des Konzerts zu der augenzwinkernden Bemerkung veranlasste, dass es an diesem Abend Ken Stringfellow "in Museumsqualität" zu bestaunen gäbe.
Ken Stringfellow
Viereinhalb Jahre ist es inzwischen her, dass der Amerikaner aus Paris sein letztes reguläres Solowerk, das ausgezeichnete "Soft Commands", veröffentlicht hat, und langsam hat er selbst auch genug von den Songs, wie er uns nach dem Konzert gestand. Beim Auftritt im Apolo machte sich das auf zweierlei Art und Weise bemerkbar: Zum einen suchte er bei vielen der häufig gespielten Songs nach neuen Interpretationsmöglichkeiten, betonte hier ein Wort anders oder schrie dort eine Zeile geradezu heraus. Eine Herangehensweise, die man beispielsweise auch von Bob Dylan kennt, und ähnlich wie bei der Singer / Songwriter-Ikone war auch bei Stringfellow das Ganze mal mehr und mal weniger von Erfolg gekrönt. Anders ist schließlich bekanntlich nicht immer zwangsläufig besser. Was bei "Find Yourself Alone" beispielsweise ganz ausgezeichnet funktionierte, mochte bei "Any Love" nicht so recht gelingen. Zum anderen präsentierte Stringfellow in Andorra eine Reihe neuer Songs. Das folkige, Mundharmonika-verzierte "110 Or 220 V", das seine Übersiedlung von Seattle nach Paris thematisiert, gab's gleich zu Beginn zu hören, und auch die anderen beiden neuen Nummern zeichneten sich durch viel Text und inhaltliche Schwere aus: Bei "Shit Talkers" schien er den Text praktisch auf der Bühne neu zu durchleben, so intensiv, so heavy war sein gesanglicher Vortrag, und auch beim Refrain-losen "Saviour's Hands" legte er alles, was seine leicht erkältungsgeschwächte Stimme zu bieten hatte, in den wortreichen Text.

Weil aber schließlich Samstag war, gab sich Stringfellow redlich Mühe, auch einige weniger schwer verdauliche Songs ins Programm zu nehmen: Die Schmusenummer "Let Me Do" zum Beispiel, die er nicht nur Ben Gibbard und Zooey Deschanel widmete, sondern mit einem amüsanten Monolog über Nicolas Sarkozy einleitete. Dem Gelächter nach zu urteilen hatten sich die wenigsten Anwesenden bisher darüber Gedanken gemacht, dass aufgrund der alten Sitte, dass das französische Staatsoberhaupt gleichzeitig auch den Titel des Prinzen von Andorra führt, Carla Bruni die Prinzessin des Zwergstaats sein müsste! Zum Schluss seines eindreiviertelstündigen Auftritts machte Stringfellow dann sogar noch einen Schlenker zum Repertoire der Posies, wenngleich "Please Return It" in der Lounge-Piano-Version kaum als die Rockhymne zu erkennen war, die den Song zu einem der größten Hits der Band gemacht hat. Richtig sattelfest klang das Klavierspiel bei dieser offensichtlich improvisierten Version übrigens nicht, dafür war der Gesang umso eindringlicher.

Ken Stringfellow
Für die Zugaben wurde es dann geradezu experimentell. Bei "Reveal Love" bestritt Stringfellow die erste Hälfte am Flügel mit Mikro, um dann den zweiten Teil mit Gitarrenbegleitung, aber ansonsten unverstärkt mitten im Publikum zu singen. Das wunderschöne Judee Sill-Cover "Crayon Angels" spielte er am Bühnenrand kauernd, weil der Mikroständer inzwischen kollabiert und auf "Sitzhöhe" zusammengeschrumpft war... Nach dem willkommenen Neil Young-Cover "Tell Me Why" hätte dann eigentlich Schluss sein sollen, aber weil sich ein Zuschauer noch "Solar Sister" wünschte, spielte Stringfellow den Posies-Klassiker kurzerhand auch noch. Oder besser: Er massakrierte ihn, den nachdem er die erste Hälfte noch ganz regulär - sprich: ohne Mikro, mitten im Publikum stehend - gesungen hatte, hängte er dem verdutzten jungen Herrn, der sich den Song gewünscht hatte, ungefragt das Saiteninstrument um den Hals, um das Solo am Flügel zu spielen und sich aus dem Publikum dabei an der Gitarre begleiten zu lassen, bevor er den Zuschauer den Rest des Songs alleine weiterspielen ließ und dabei kreuz und quer durch den Club rannte... Will meinen? Es war ein ganz normales Ken Stringfellow-Konzert mit der üblichen Mischung aus Unterhaltung, Genie und Wahnsinn!
Surfempfehlung:
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www.myspace.com/kenstringfellow
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Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-


 
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