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Konzert-Bericht
 
Rock im Norden

Hurricane Festival

Scheeßel, Eichenring
23.06.2001/ 24.06.2001
Hurricane Open Air
Eigentlich ist es ein wenig schade, dass der Terminkalender deutscher Veranstalter zwei Open-Air Highlights wie Rock am Ring/im Park und Hurricane/Southside in so kurzem Abstand hintereinander folgen lässt. Eine Sogwirkung des großen Bruders an der Rennsportstrecke, wie nach Rückgang der Zuschauerzahlen im Vorjahr zu befürchten war, setzte sich allerdings nicht fort. Nach einem, im vorigen Jahr auch eher mäßigen Line Up, versprach das diesjährige Event wieder vielversprechendere Acts und weniger Langweiler. Die Fans wussten dies zu schätzen und kamen zuhauf. 40.000 Menschen im Norden, ca. 20.000 im Süden - zumindest auf der wunderschön gelegenen Scheeßeler Sandbahn-Location ist damit auch deutlich sichtbar das Limit erreicht.
Die musikalischen Pilger wurden, das kann man pauschal voraus schicken, weder großen Überraschungen, noch nennenswerten Enttäuschungen ausgesetzt. Bedeutet Party, bedeutet wie in jedem Jahr die eine oder andere Band auf dem Zettel, die man gerne noch einmal im Winter im Club sehen möchte. Tool sind dafür ein gutes Beispiel. Ungewöhnlich genug (und Respekt vor dieser Entscheidung), dass eine Band, die ihre Shows mit Videoprojektionen nicht unwesentlich unterstützt, freiwillig auf eine Headliner Position auf der kleineren Bühne verzichtet und wegen des zu erwartenden Andrangs auf der Hauptbühne auftritt - mit dem Manko einer wesentlich früheren und sonnenüberfluteten Anfangszeit. So verlor natürlich der Gig einiges an Intensität. Interesse dürfte aber das mindeste sein, was zurückblieb. Zu diesem Zeitpunkt hatte man eine Begegnung der ganz anderen Art bereits hinter sich. Mike Patton, fernab jedes Begriffes von Mainstream, erzeugte mit seinem hochkarätig besetzten Projekt Begeisterung, wie völliges Entsetzen in den Zuschauerreihen. Gegen die Krachorgien und lärmenden Attacken Fantomas' ist kaum ein Kraut gewachsen und wehe dem, der von der vorangegangenen Nacht noch nicht wieder recht beisammen war. Hier war sicher nicht der geeignete Platz, seine Wehwehchen auszukurieren. Für geschundene Körper, Geiste und Seelen gab es schließlich am Abend noch zum Ausklang fette Beats und Klänge der neuen Faithless-Scheibe zu goutieren. Nur, wer will wirklich neues hören, und wem kann man dies verdenken, wenn eine Band mit "God Is A DJ" und den meisten weiteren Songs der ersten beiden Alben, Meilensteine in der Open Air Fun-Kultur gesetzt hat. So wurden die neuen Tracks zwar freundlich aufgenommen, konnten dem kollektiven Ausrasten im Best-Of-Part des Konzertes aber nicht annähernd das Wasser reichen. Placebo im Anschluss hatte man nun auch genügend oft gesehen, so man Dauergast war in den Konzertsälen der letzten Monate. Nur schien der Sauerstoff im Überfluss auch einen Brian Molko zu verbalen Ergüssen zu verleiten. Das wunderschöne "Peeping Tom" zum Beispiel geriet zur Hommage an eine "Zeit, in der Voyeurismus noch sexy war". Ein wenig sentimentale Betroffenheit für die Massen an einem lauen Sonntagabend am Ende zweier langer Konzerttage. Nicht verpasst haben wir natürlich außerdem die wiedergekehrten Weezer (rockten das Feld) sowie Iggy "Turnvater" Pop, der brav ein paar Nummern des kommenden Albums vorstellte, um dann aber schnell in die Klassikabteilung wechselte, wie es sich für eine fette Party gehört. Wer es früh aus den Federn schaffte, durfte sich an den lauten Jimmy Eat World erfreuen, während die H-Blockx einfach ihre Zeit hinter sich haben und irgendwie doch nur noch zum Bierholen taugen...

Aber warum waren eigentlich alle so k.o. am zweiten Tag? Lag's denn nur an zu vielen bewusstseinserweiternden Substanzen im Blut, an Sex in viel zu engen Zelten oder dornigen Sträuchern? Nein, es war die abwechslungsreiche, wenn auch durchaus rocklastige Mischung über Tage, angefangen bei den soliden Deftones über die, sich im Heimspiel befindenden Blumfeld (wurden auf der Zeltbühne frenetisch gefeiert) und Fink (mit Grill), bis zu den Queens Of The Stoneage (denen man dennoch den Platz im dunklen, verrauchten Club einfach besser abnimmt). Da mussten sich selbst die famosen Blackmail'schen Soundwände mit einem viel zu frühen 12h-Auftritt begnügen. Sei's drum - wer Aydo und Co. in kleinerem Rahmen genießen wollte, hatte jüngst eh Gelegenheit genug dazu. Und wer wird auch nicht gerne mit "Ken I Die" live, statt vom Cassettenrecorder geweckt. Der Abend im Zelt gehörte dann, nachdem es 5 Sterne Deluxe auf der Hauptbühne noch etwas schwerer hatten ("Ist halt kein HipHop Open Air hier..."), letztlich aber doch die Massen zum Springen brachten, der intelligenten Tanzfraktion. Trotz Beinverletzung erstaunlich aktiv gab's bei Eißfeldt aka Jan Delay Reggae und Fun vom feinsten, gab sich Thomas D. bei seinem Solo-Ausflug irgendwie als nicht ganz von dieser Welt. Ganz ohne die großen Brüder Fanta 4 ging's dann auch nicht, aber ist der "Krieger" immer wieder ein Live-Erlebnis wert.

Was abschließend dann geschah, darf man durchaus als eines der absoluten Festivalhighlights verbuchen. Stereo MCs standen für pure Energie, als hätte es die Pause zwischen "Connected" und heute nicht gegeben. Groove von der fettesten Sorte und ein tanzendes Zelt. Wer diese Briten in diesem Sommer noch sehen kann, sollte alles andere stehen und liegen lassen. Da kann man Kumpel Campino (nichts Neues aus Düsseldorf) auf der Hauptbühne durchaus seinen uniformierten Fanscharen überlassen und, vielleicht ein wenig hochnäsig, doch nicht minder durchgedreht, eines der mitreißendsten DJ-Kollektive (mit fantastischer Live-Unterstützung) feiern. Fazit: ein gelungenes Hurricane- Wochenende, keine wirklich wertmindernden Mängel in der Organisation. Das größte norddeutsche Festival befindet sich im Jahre fünf nach seiner Wiederauferstehung in guter Form und dürfte sich somit endgültig einen festen Platz in der Open Air-Landschaft gesichert haben. Und vielleicht findet sich ja für die zweite Bühne in Zukunft doch auch noch ein größeres Zelt.

Was uns zeitgleich auf dem Schwesterfestival "Southside", ca. 800 Kilometer weiter südlich auffiel, könnt ihr hier lesen!
Text: -Michael Kellenbenz-
Foto: -Pressefreigabe-


 
 

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