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Konzert-Bericht
 
Nackte Tatsachen

Patrick Wolf

Berlin, Astra
01.10.2009

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Patrick Wolf
Provokation und Selbstdarstellung gehören zum Pop-Business wie die Butter auf das Brot und wie der Zucker ins Bonbon. Ohne diese Zutaten spielt sich heutzutage selten etwas auf der Bühne ab. Patrick Wolf, der beide Dinge in sich vereint wie kaum ein anderer, hat auch bei seinem Konzert in Berlin nicht davor Halt gemacht, seine Fähigkeiten auf diesen Gebieten beachtlich in Szene zu setzen und vor dem neugierigen Publikum zur Schau zu stellen. Gebührenden Anlass dazu, gab es in Form seines im Juni veröffentlichten Albums "The Bachelor", das er nun samt Band im Rahmen seiner gerade gestarteten Europa-Tour live vorstellte.
Rein optisch gesehen, wirkte das Astra Kulturhaus bereits von außen wie der ideale Ort, um dem bevorstehenden Live-Spektakel beizuwohnen. In der Dunkelheit kaum wahrzunehmen und einen düsteren, dreckigen Charme versprühend, öffnete der Veranstaltungsort seine Türen und zog einen in das von innen weitaus freundlichere Ambiente. Dort versammelt, pressten sich die Körper der Anwesenden bereits gegen die Bühne. Da durch die nicht vorhandene Absperrung die bestmögliche Nähe zum Star des Abends gewährleistet war, mussten kleinere Zuschauer auch in Kauf nehmen, unfreiwillig mit ihrem Kinn Kontakt mit dem Bühnenrand aufzunehmen.

Pünktlich und mit stilsicherer Extravaganz gesegnet, erschien Patrick Wolf gleich zu Beginn der Show in einem Outfit, das jeder Haute Couture-Präsentation Ehre gemacht hätte. Während solche Stücke jedoch nur selten das Auge der breiten Masse erreichen, durften sich die Fans am Anblick des gestreiften und mit schwarzem Tüll aufgebauschten Umhangs erfreuen, der einen Blick auf einen Einteiler freigab, der wie ein Union Jack auf zwei Beinen aussah. Das Ganze mit einem Kopfschmuck à la Ohrenkette abgerundet und man konnte sich nach dem ersten Staunen, wie es sich gehört, auf das musikalische Programm konzentrieren.

Das hatte nämlich so einiges zu bieten und geriet trotz der sanft auf's Auge gedrückten modischen Präsenz nicht in den Hintergrund, sondern rundete es vielmehr ab. Trotz eines kleinen Soundproblems am Anfang, das von Herrn Wolf mit etwas grimmiger Miene quittiert wurde, aber schnell aus der Welt geschafft und später sogar mit einem Witz bedacht wurde, gestaltete sich das Set überaus abwechslungsreich. Das dürfte vor allem an der Wandelbarkeit liegen, die Patrick Wolf eben nicht nur optisch, sondern auch musikalisch zelebriert. Der Multi-Instrumentalist, der seine Fähigkeiten am Donnerstagabend an diversen Instrumenten wie Violine, Gitarre, Piano oder zum Beispiel Ukulele unter Beweis stellte, gab an jedem Instrument eine gute Figur ab. Zugleich vermochte er seine Stilspannbreite innerhalb der gewählten Setlist auszuschöpfen und malte nicht nur auf klassischer Ebene, sondern auch mit kontrastreichen und in der härteren, elektronischen Gangart ansässigen Elementen ein stimmiges und zufriedenstellendes Bild.

Zwischen den Songs trugen seine humorvollen Ansagen und erheiternden Anekdoten immer wieder zur guten Unterhaltung bei. Auch wenn man ihm aufgrund seines aufsehenerregenden Kleidungsstils etwas Divenhaftes zusprechen könnte, so verpufft dieser Gedanke spätestens, wenn er ungekünstelt und sehr offen mit dem Publikum kommuniziert und sich ihm ohne Berührungsängste nähert, ja sogar dessen positive Reaktion in sich aufzunehmen scheint. So erzählt Patrick Wolf gerne mit viel Wortwitz von den gemeinsamen Aufnahmen mit Alec Empire im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, bildet sich ein, dass ein Geist sich gerade zu Wort gemeldet hat, stellt seine Band ungeniert als Kalenderblatt-Models einschlägiger Magazine vor oder bekundet seinen Respekt gegenüber seines Drummers, der angeblich nur noch mit Hilfe von Morphin und dank der Vorfreude auf das Berliner Publikum aufrecht seine Felle bearbeiten kann. "The Show Must Always Go On!" ruft er seinen Fans zu und das tut sie dann auch ohne Umschweife.

Natürlich darf so ein Konzert von Patrick Wolf nicht ohne die obgligatorischen Outfitwechsel über die Bühne gehen und so wirft sich der sympathische Mode-Prinz in allerhand Kostüme, die um ihn herum für große Augen sorgen. Zurecht, denn wenn der Reißverschluss seines Einteilers sich gefährlich immer weiter in Richtung Schritt öffnet, kann man das Ding auch gleich ausziehen. Das tut er dann auch und stolziert in einem Hauch von Nichts, nämlich nur mit einem Leder-String-Tanga über die Bühne, wendet sein blankes Hinterteil der jubelnden Masse zu und betont, dass ihm das ganze Gerede über seine sexuelle Orientierung ziemlich nervt. So sehen also Statements aus. Auf allen Vieren am Bühnenrand entlang kriechend und dann geschwind in die nächste Klamotte geworfen, erscheint er wenig später zum nächsten optischen Reiz. Ganz hemmungslos beschmiert er sich daraufhin mit Vaseline am Oberkörper und Gesicht und wirft sich eine Tüte silbernen Glitters über den Körper. Zu guter Letzt stellt er im wahrsten Sinne des Wortes die Stacheln auf und erscheint mit reichlich knappen Shorts und picksigem Gewand. Da möchte man ihm bei seiner Interpretation von "Vultures" am Ende lieber nicht zu nahe kommen und hat neben dem wummernden Bässen fast schon Angst, vielleicht auch noch einen Stachel abzubekommen.

Rundherum gesehen, erweist sich Patrick Wolf in gewohnt ausgefallener Manier und mit seiner meisterlichen Selbstinszenierung wieder einmal als echtes Live-Erlebnis. Manche mögen seine Bühnenpräsenz als anstößig empfinden oder gar als fraglich einstufen, aber nichtsdestotrotz gelingt es ihm eben auch musikalisch auf sich aufmerksam zu machen und wie beim Konzert in Berlin zu überzeugen. Der Pfeffer, der so manchen Shows fehlt, säht Patrick Wolf ohne Frage in genau der richtigen Menge. Und wer dieses Wagnis so mutig eingeht, erntet am Ende auch zurecht den erhofften Erfolg.

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Surfempfehlung:
www.patrickwolf.com
www.myspace.com/officialpatrickwolf
www.twitter.com/pw_official
Text: -Annett Bonkowski-
Foto: -Annett Bonkowski-


 
 

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