Anders als noch im letzten Jahr konzentrierte sich die Auswahl der Musiker fast ganz auf Nordamerika (hier USA und Kanada). Um 13.30 Uhr eröffnete Jennie Stearns aus Ithaca, New York, das Festival in der Kapelle. Jennie war zusammen mit ihrer Pianistin (und Gitarrenbauerin) Kathy Ziegler angereist und überzeugte mit ruhigen, melancholisch-düsteren Folk-Balladen - wobei der traumhaft schöne Harmoniegesang der beiden Protagonistinnen im Vordergrund stand. Die etwas mürrische Jennie war alleine hingegen sehr und nicht immer erfolgreich darum bemüht, sich nicht selbst aus der Contenance zu singen.
Anschließend gab es die etwas rauere Songwriter-Variante mit Israel Nash Gripka und seiner Band, die im - leider viel zu vollen und extrem schlecht beleuchteten - Nachtclub ihr Glück versuchten. Gripka stammt aus Missouri, hat sich allerdings in New York seine musikalische Ausbildung verpasst. Dennoch gab es hier keine urbane Note zu vernehmen, sondern durchaus folkige Americana-Landei-Klischees, die der Mann kompetent aber wenig inspiriert zusammensetzte. Gripka ist wahrlich keine songwriterische Größe und das überraschungsfreie Aneinanderreihen sattsam bekannter Harmoniefolgen und Akkorde half da auch nicht wirklich. So richtig nervig war dann hingegen der Bassist, der auf einem fünfsaitigen Bass auch als Gitarrist zu reüssieren bemüht war. So etwas unentschlossenes geht schon mal gar nicht!
Songwriterin Ana Egge kommt aus Dakota und ist zur Zeit mit ihrem Kumpel Nels Andrews auf Tour, mit dem sie sich auch die Band teilte. Ana stammt aus Dakota und pflegt demzufolge eine besonders ländliche, geradlinige Variante des Storytelling-Songwritings. Weder inhaltlich noch musikalisch gibt es bei Ana einen doppelten Boden: What you see is what you get. Dazu gehörte - neben einiger Eskapaden des ulkig-energischen Mandolinen, Banjo- und Gitarren-Hektikers Brandon Seabrook - auch noch eine Einlage an der Dobro, auf der Ana eine Blues-Version von "Let My People Go" vortrug. Später (nach der Essenspause) trat dann Nels Andrews ebenfalls mit gleicher Band an gleicher Stelle auf und trug ganz ähnlich geartete, autobiographisch gefärbte Folksongs vor. Hier schaffte es Seabrook dann bei dem Versuch, das Banjo als Geige zu missbrauchen, tatsächlich mit einem arg zerfledderten Geigenbogen eine Saite des Instrumentes zu durchtrennen. Das dürfte ziemlich einzigartig in der Geschichte sein.
Die gutgelaunte Joanna Chapman Smith war im Gefolge ihrer Freundin Tamara Nile angereist, die zunächst gebucht war und kurzerhand auch auf das Programm gehievt wurde. Das war insofern ein Glücksfall, als das die quirlige, gutgelaunte und amüsante Songwriterin durchaus als komödiantisches Naturtalent mit charmanter Tendenz zum Quasseln durchging. Tamara Nile ist als Banjo-Spielerin bekannt geworden - überzeugte in Roepaen aber stattdessen vor allen Dingen als Songwriterin - und (zusammen mit Joanna Chapman Smith) als Performerin. Man merkte recht deutlich, dass die beiden Kanadierinnen auf der gleichen Wellenlänge schwammen.
In dem Nachtclub gab es dann eine Verzögerung, da Cracker zu spät und Chuck Prophet zu früh eingetroffen war. Nachdem man sich auseinanderdividiert hatte und ein Inpromptu-Soundcheck bei wartendem Publikum keine nennenswerten Erkenntnisse brachte, erlebten die Zuschauer ein vergleichsweise sprödes Cracker-Set. Lediglich Gitarrist Johnny Hickman zeigte sich in üblich gutgelaunter Manier. Frontman David Lowery würdigte ihn und des Publikums keines Blickes und bellte die rockigeren Cracker-Hits (es hab keinen Keyboarder und keine Akustik-Gitarren) relativ uninspiriert und grummelig raus. Das war schade, da Cracker mit "Milk & Honey" gerade wieder ein klassisches Cracker-Album vorgelegt hatten, das sich geradezu zur inspirierten Live-Umsetzung andient.