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Naseputzen als Event

Gisbert zu Knyphausen
Moritz Krämer

Düsseldorf, FFT kammerspiele
25.05.2010

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Gisbert zu Knyphausen
Als Gisbert zu Knyphausen anfing, nach seinem wunderbaren selbstbetitelten Debüt vor zwei Jahren vor ausverkauften Häusern zu spielen, sagten Neider gerne: "Jaaaaa, aber er tritt ja auch in sehr kleinen Läden auf!" Inzwischen hat der Ausnahme-Singer / Songwriter sein zweites Album, "Hurra! Hurra! So nicht.", veröffentlicht und gastiert in großen Clubs - doch auch die sind brechend voll. 800 Menschen wollten Gisbert in Hamburg sehen, in Wiesbaden waren es sogar 900, und auch die Kammerspiele des FFT in Düsseldorf waren (natürlich) restlos ausverkauft.
Ein bisschen unpassend, das fand auch Gisbert, war das Theaterambiente für die rockigen Momente seines Auftritts ja schon, doch dafür war das an seine Sitze gefesselte Publikum bei den sanften Momenten umso andächtiger. Bevor der in Hamburg heimische Chartstürmer auf der Bühne stand, durfte der Berliner Moritz Krämer das Publikum verzaubern. Den meisten durch die von Gisbert gecoverte Wahnsinnsnummer "Mitbewohnerin" bekannt, konnte er auch mit den anderen Songs seines leider sehr kurzen Sets restlos überzeugen. Stand er beim ersten Song noch alleine mit der halbakustischen Gitarre und geschlossenen Augen auf der Bühne, bekam er für den Rest Unterstützung von Gisberts Musikern. Doch auch mit Begleitung klangen "Hinterher" und das bereits erwähnte "Mitbewohnerin" wunderbar melancholisch, aber trotzdem nicht desolat. Dass er auch anders kann, bewies er mit der fast unerwartet flotten Uptempo-Nummer "Nachbarn", in der er so aufging, dass er eine Gitarrensaite zum Reißen brachte. Dass er anschließend die von Gisbert geliehene Ersatzgitarre erst einmal umstimmen musste, was zur Belustigung des Publikums - und unter augenzwinkernden Kommentaren seiner Musiker ("Ist hier jemand im Saal, der Gitarre spielen kann?") - scheinbar endlos lange dauerte, war ihm selbst sichtlich peinlich, gab dem Auftritt allerdings auch eine charmant-schluffige Note, die dezente Kontrapunkte zu den bis dahin gehörten Texten setze. Das Comedy-Segment des Programms erreichte dann beim folgenden Song seinen (ungewollten) Höhepunkt, als Moritz es fertigbrachte, auf der gerade geliehenen Gitarre gleich drei (!) Saiten zu zerstören, dabei war "Winkel" wirklich feinster Singer / Songwriter-Pop und nicht etwa Trash Metal. Die unfreiwillige Komik der Situation leitete danach perfekt zum letzten (und besten) Song des Auftritts über: Moritz beendete sein Gastspiel in Düsseldorf nämlich mit dem fürchterlich traurigen, aber auch unglaublich amüsanten Lied vom kleinen Spatz, der nicht verstehen kann, "dass es vorbei ist, ehe er drei ist", und nach einem missglückten Selbstmordversuch (!) vom Erzähler des Songs gesund gepflegt wird. Kein Wunder, dass danach Moritz' Tour-only-CD "Ich kann nix dafür" reißenden Absatz am Devotionalienstand im Foyer fand.
Welchen Status Gisbert inzwischen erreicht hat, zeigte sich wohl am besten daran, dass er - nach drei Tourwochen etwas erkältungsgeschwächt - sogar fürs Naseputzen Applaus bekam. Dennoch waren natürlich auch bei Gisberts Auftritt die Songs und nicht die (unbeabsichtigten) Showeinlagen der Star. Geschickt verband er die Songs aus beiden Alben, spielte alte Hits nach neuen Hymnen und hatte, freundlich ausgedrückt, offensichtlichen Spaß daran, seiner Band - allen voran Schlagzeuger Sebastian Deufel - viel Platz zum Austoben zu geben. Das war allerdings nicht nur positiv. Bisweilen benutzte Gisbert nämlich seine vier Mitstreiter, um sich (unnötigerweise) hinter ihnen bzw. ihrem Sound zu verstecken. Deshalb gefiel die Band auch keinesfalls bei den lauten Momenten am besten, sondern beim sanften "Kräne", als sie perfekt mit und nicht über ihn hinwegspielte. Zwischendrin gab es aber auch immer wieder für all diejenigen, die ihren Gisbert lieber (fast) allein und leise mögen, eingestreute Highlights wie "Melancholie" oder die ersten Strophen des Element Of Crime-Songs "Wer ich wirklich bin", der als einzige Coverversion des Abends im Programm war. Bei der Zugabe zerhustete Gisbert "Wer kann sich schon entscheiden" zunächst, um danach so sehr über den eigenen Fauxpas zu lachen, dass ihn das fast mehr am Weitersingen hinderte als seine Erkältung. Es war schön, dass es Momente wie diesen gab, denn sie halfen, die Distanz zwischen dem schüchternen Musiker und dem schmachtenden Publikum zumindest für einen Augenblick zu überbrücken. Dass es Gisbert trotz dieser unübersehbaren Kluft gelang, seine Anhänger so zu begeistern, dass sie ihm nach rund zwei Dutzend Songs mit Standing Ovations dankten, spricht für sein Ausnahmetalent als Songwriter.

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Surfempfehlung:
www.myspace.com/gisbertzuknyphausen
www.myspace.com/moritzkraemer
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-

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