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Kasperle im Zoo

Cocoon
Flip Grater

Köln, Blue Shell
24.03.2011

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Cocoon
Die Dame mit dem kurzweiligen Namen Flip Grater, die in Köln - noch vor dem Start ihrer eigenen Tour und pünktlich zur Veröffentlichung ihres aktuellen Albums " While I'm Awake I'm At War" - überraschenderweise das französische Duo Cocoon supportete, kommt aus Neuseeland und hat gerade erst die Nachwehen des Erdbebens in Christchurch verarbeitet. Das war aber nicht der Grund, warum Flip - nach eigener Aussage - einen miesen Tag gehabt hatte, als sie sich, bewaffnet mit einem strammen Whiskey - dem Publikum präsentierte.
Doch hatte sich die Dame schnell gefasst und lief mit ihren wohltemperierten Indie-Folk-Songs im Prinzip thematisch auch gleich offene Türen beim Publikum der Franzosen ein. (Jedenfalls interessierten sich nachher so einige der meist jungen Damen aus demselben für diese Liedermacherin.) Flip hat eine samtweiche Stimme, die zufälligerweise der von Carla Bruni ähnelt und eine standsichere Bühnenpräsenz. Mit diesen Pfunden wucherte sie auch beim Live-Vortrag - wohingegen die asketische Solo-Gitarrenbegleitung, die zudem unnötig schrill abgemischt erschien (was aber auch am Fingerpickung-Stil Flips gelegen haben mochte), dann doch nach den etwas weicheren Arrangements der Scheibe schielen ließ. Insgesamt machte Flip ihre Sache aber sehr gut und empfahl sich damit als die neue Folk-Pop-Ikone, die sie in ihrer Heimat bereits darstellt.
Dann begann der Besuch im Zoo: Wale, Delphine, Eulen, Geier, Robben, Seelöwen und Hummeln gaben sich - titeltechnisch - ein Stelldichein. Die Sache ist nämlich die, dass Mark Daumail, seines Zeichens kreativer Motor des Duos Cocoon und damit auch Frontmann der vierköpfigen Band, die sich an diesem Abend präsentierte - meint, dass er nicht so recht mit Menschen kommunizieren könne, da er ja so schüchtern sei; und deswegen ständig Songs mit Tieren drin fabriziere. Nicht, dass man das bei einem Cocoon-Konzert bemerken könnte. Schon bei ihrem letzten Besuch an gleichem Ort im letzten Jahr überzeugten Mark und seine Partnerin Morgane Imbeaud (damals als Duo) durch eine flapsig-alberne, aber ungemein sympathische Grundhaltung. Das war dieses Mal sogar noch "schlimmer" - vielleicht auch deswegen, weil Mark und Imbeaud romantisch keineswegs verlinkt sind, und das für ständige Neckereien nutzen.

Musikalisch ging es dieses Mal natürlich um die neue Scheibe, "Where The Oceans End", die soeben erschienen ist. Es ist dies erst die zweite Studioscheibe von Cocoon - obwohl es bereits die dritte Veröffentlichung ist, denn nach dem in Frankreich enorm erfolgreichen Debüt legten sie im Anschluss gleich eine Live-CD vor. Wer wissen möchte, wie Cocoon als Band klingt, der kann übrigens auch diese als Referenz hernehmen. Im Prinzip boten Cocoon als Quartett nämlich eine swingende Tanzparty. Und das, obwohl Marks Songs (und Morganes Songwriter-Debüt "In My Boat") grundsätzlich total melancholisch sind. Allerdings werden diese mit Band dermaßen mitreißend und abwechslungsreich dargeboten, dass sich da kaum jemand zurückhalten kann. Und: Cocoon lassen sich auch durchaus etwas einfallen und arrangieren ihre Songs dauernd um. Was sie zum Beispiel - mit Fingerklicken und Funk-Gitarre - aus "Vultures" gemacht hatten, war ebenso amüsant wie überraschend. Überraschend sind auch die Cover-Versionen, die Cocoon gerne einfließen lassen. So spielten sie natürlich auch wieder ihre verschleppt-romantische Version von Outkasts "Hey Ya" und als Novum Jay-Zs und Alicia Keys "Empire State Of Mind". Hierzu muss man noch wissen, dass Mark auch noch andere Neurosen hat: Er meint nämlich, dass er eine zu dünne Stimme habe und nur deswegen in die Folk-Ecke geraten sei, aus der er musikalisch langsam weg möchte. Deswegen höre er gerne HipHop und schwarze Musik, um sich davon inspirieren zu lassen. Ergo machte dieses Cover in diesem Sinne auch Sinn. Allerdings wären Cocoon nicht Cocoon, wenn sie diese Nummer 1:1 übersetzt hätten. Sie schafften es nämlich, trotz Marks Bemühungen funky zu spielen, eine Art Ballade daraus zu machen.

Was gäbe es noch zu berichten? Nun, vielleicht den Umstand, dass Morgane seit ihrem letzten Besuch enorm an Bühnenpräsenz und Sicherheit zugelegt hat. Zwar stochert sie immer noch wie ein Storch im Salat über ihr Keyboard - was allerdings die Ad Libs betrifft, hat sie Mark zumindest eingeholt - wenn nicht sogar überflügelt. Wenn das so weitergeht, dann laufen Cocoon demnächst Dear Reader den Rang als führende, liebenswerte Kaspertruppe bald ab. Wie dem auch sei: Ein Cocoon-Konzert verlässt der Hörer stets mit einem glücklichen Lächeln. Einfach deswegen, weil man sich danach stets besser fühl als vorher. Und was kann man mehr von einer Live-Show erwarten?

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Surfempfehlung:
www.myspace.com/listentococoon
www.flipgrater.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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Mehr über Cocoon:
Interview
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Konzert-Bericht

Mehr über Flip Grater:
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