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Konzert-Bericht
 
Die große Unbekannte

Chrysta Bell

Köln, Studio 672
17.03.2014

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Chrysta Bell
Nicht besonders überraschend erschien es, dass die Beleuchtung im Kölner Studio 672 bereits vor Beginn des Konzertes auf absolutes Nachtlicht-Niveau herunter gedreht war. Immerhin geht David Lynch-Muse Chrysta Bell auch der Ruf eines musikalischen Nachtschattengewächses voraus. Dennoch war der Abend am Ende voller Überraschungen. Mal abgesehen davon, dass man dankenswerterweise darauf verzichtete, mit Kunstnebel zu arbeiten, war ansonsten alles darauf abgestellt, die Protagonistin und ihre dreiköpfige Band effektvoll in Szene zu setzen.
Chrysta Bell selbst erschien - divenhaft verspätet - stark geschminkt und in ein abenteuerliches Lingerie-Ensemble gewandet im Halbdunkel und wurde im Folgenden hauptsächlich von einem Filmprojektor illuminiert (wenn man das so entstehende Effektgewitter überhaupt als Beleuchtung bezeichnen darf), auf dem der Keyboarder zum Thema passende Filmclips abrief - beispielsweise beim Track "Bird Of Flames" Flammen in Zeitlupe oder quellende Wolken bei "Angel Star". Während sich Chrysta Bell mit theatralisch/dramatischen Posen inszenierte und die Songs mit einer selbst für Kenner überraschend kräftigen Soul-Röhre präsentierte, stürzte sich die Band mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke ins Geschehen und zelebrierte das Material mit Punch und Verve - eher auf Rock- und Club-Basis als bluesig, wie es nach der CD zu erwarten gewesen wäre. In der Tat unterschieden sich die Arrangements der Tracks stark von jenen auf der CD "This Train", auf der David Lynch selbst ja die Instrumente-Teile geschrieben hatte.

Statt eines eigenen Gitarristen beschäftigt Chrysta Bell heutzutage, wie gesagt, einen Keyboarder, der indes mehr als Maitre'd agiert und die erzeugten Sounds mit seiner Höllenmaschinerie bis zur Unkenntlichkeit tweakt und verbiegt, bis am Ende ein unwirkliches Sound-Universum entsteht. Chrysta selbst greift gelegentlich zur Gitarre - wozu sie sich zunächst zwingen musste, was sie im Interview gesteht - und sieht damit vergleichsweise seltsam aus, denn das Rock-Gehabe will nicht so recht zu der stilisierten Kunstfigur Chrysta Bell passen, die sich im Übrigen recht stark von der freundlichen, echten Chrysta Bell unterscheidet, die mit sanfter Sprechstimme nach der Show mit den Fans plaudert und alles unterschreibt, was ihr hingehalten wird. Das hat auch immer etwas Geheimnisvolles: Wenn Chrysta Bell vom "great unknown" singt, projiziert man das auch auf die Figur, die da auf der Bühne steht. Aber: Bei einer Chrysta Bell-Show geht es um das Ausloten von Extremen und den Herausforderungen, denen sich die Musiker stellen.

Irgendwann zwischen den Tracks sagt Chrysta Bell, dass sie die Musik nicht nur begeistere sondern auch verängstige. Gemeint ist jene Spannung, die man als Lampenfieber kennt und die Befürchtung, die Fans könnten ggf. nicht folgen. Kein Problem dieser Art gab es in Köln. Das zwischenzeitlich entstandene eigene Material fügt sich hervorragend in jenes ein, das zusammen mit David Lynch entstand (darunter auch der Bonus-Track der CD-Veröffentlichung "All The Things"). Mehr noch: Die eigenen Nummern erschienen im Vergleich zu dem Lynch-Material sogar stärker strukturiert und melodischer (von "poppig" mag man in einem so düsteren Habitus, wie Chrysta Bell ihn verkörpert, nicht wirklich sprechen). Ein Track, der auf der Setlist mit "Dreams" notiert war etwa, überraschte als pervertierte Power-Ballade und "Do You Love Me" als stampfende Disco-Nummer mit aggressivem Killer-Refrain. Chrysta Bell verriet nach dem Konzert, dass sie inzwischen 15 Tracks mit ihrer Band erarbeitet hat und gerade dabei ist, Produzenten zu testen.

Das Konzert jedenfalls macht dann schon neugierig darauf, wie Chrysta Bell ohne David Lynch klingen mag. Dieser war im Geiste natürlich dennoch stets präsent - nicht nur, wenn Chrysta Songs wie "Right Into You" vorträgt - jenen Song, den sie mit David an dem Tag erarbeitete, an dem sie sich zum ersten Mal trafen und der die ganze Sache dereinst letztlich vor zehn Jahren ins Rollen brachte. Hauptsächlich gelang es Chrysta die düster-mystische Stimmung des Meisters auf die Musik zu projizieren - und noch eins draufzusetzen: "Swing With Me" geriet zu einem treibenden, rockenden Rausschmeißer, der so rabenschwarz und düster dräuend gehalten war, dass der Keyboarder diesen vollständig auf den schwarzen Tasten seines Instrumentes abwickeln konnte. Nun mag der doch sehr theatralische Stil der Performerin Chrysta Bell vielleicht nicht jedermanns Sache gewesen sein - es gilt jedoch zu bedenken, dass Chrysta Bell diese Bühnenpersona in Perfektion auslebt, weswegen man ihr das durchaus auch abkauft. Und wie gesagt: Da gibt es ja auch noch die echte Chrysta Bell jenseits der Bühne, die weit weniger unnahbar erscheint als ihr Bühnen Alter-Ego. Insgesamt war dieses jedenfalls eine Performance, wie man sie nicht alle Tage geboten bekommt. Und das ist angesichts des Überangebotes an Entertainment-Optionen dann schon ein erfreulicher Umstand.

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Surfempfehlung:
www.chrystabell.com
www.facebook.com/chrysta.bell.official
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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