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Liederkinder

Siv Jakobsen
Jess Morgan

Köln, Die Wohngemeinschaft
17.02.2016

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Siv Jakobsen
Jess Morgan ist eine junge Songwriterin aus der englischen Provinz. Irgendwie schlägt sich dieser Umstand auch in ihrer Musik nieder, denn die Songs der Dame aus Norwich wollen nie mehr sein, als sie auch scheinen. Anders als viele Acts aus den Musik-Metropolen hat Jess Morgan ohrenscheinlich nur das Anliegen, ihre persönlich gefärbten Geschichten ohne große Geste ans Publikum zu bringen. Dazu gehört, dass sie sich auf der Bühne sympathisch nervös und zurückhaltend präsentiert. Als Songwriterin verfolgt sie den klassischen Storyteller-Ansatz, bei dem sich offensichtlich die Musik nach der zu erzählenden Geschichte zu richten hat. Musikalisch äußert sich das dadurch, dass sie sich einen interessanten Gitarrenstil zu eigen macht, mittels dessen sie zugleich Akkorde schlägt und diese dann fingerpickend umspielt.
Leider hat Jess Morgan kein besonders verlässliches Rhythmusgefühl, so dass die Songs ihrer LP "Langa Langa" und der "Bornemouth EP" ohne musikalisches Beiwerk - bei sich ständig verändernden Tempo - vom Hörer ziemlich anstrengend zu verfolgen sind - zumal Jess auf konventionelle Strophe/Reim-Konstellationen mehr oder minder verzichtet. Zum Glück hat sie sich indes keineswegs darauf versteift, ihr Material alleine in der Melancholie zu verankern, sondern überrascht mit einer lebhaften Präsentation mit jeder Menge positiver Vibes. Auch gelegentliche Pop-Anwandlungen machen sich hier aufheiternd bemerkbar. Sicherlich ist in Bezug auf die Ansagen und gelegentlichen Geschichten zwischen den Geschichten noch Luft nach oben - ehrenwert ist indes, dass sie sich redlich bemüht, mit dem Publikum überhaupt in Kontakt zu treten.
Von einem ganz anderen Kaliber ist dagegen die norwegische Songwriterin Siv Jakobsen, die auf dieser Tour - zusammen mit ihrer charmanten und mit einem norwegischen Grammy gekürten Cellistin Katrina - ihre soeben erschienene EP (bzw. Kurz-LP) "The Lingering" präsentierte. "Ich zeige euch heute ein paar von meinen Kindern", erläuterte sie eingehend, "denn meine Songs sind meine Kinder. Wenn sie euch aber nicht gefallen, dann fliegen sie auch wieder raus - gute Mutter, die ich bin..." In der Tat steht der knochentrockene, aber immens unterhaltsame Humor, den Siv auf der Bühne versprüht, im krassen Kontrast zur Ernsthaftigkeit und Intensität ihrer anspruchsvoll konstruierten Folksongs und zu ihrem recht eigenen Noir-Look. Letztlich macht das aber durchaus auch den Reiz eines Siv Jakobsen-Konzertes aus. Rein musikalisch empfiehlt sich Siv übrigens als norwegische Alternative zu Laura Marling. Sivs Songs verfolgen niemals den offensichtlichen Weg, sondern schnörkeln sich vielschichtig und atmosphärisch um ihre Themen herum. Atmosphäre und Inspiration sind hier mindestens genauso wichtig, wie die zugrundeliegenden Charaktere und Geschichten. Poppig bzw. melodisch wird es nur ansatzweise - wie etwa mal bei dem Song "Fix You" - aber auch das übt einen besonderen Reiz aus.

Und dann sind da ja - wie gesagt - noch ihre Stories. Zum Beispiel die von dem Verkehrsunfall, den sie verursacht hatte, weil sie beim Autofahren einen Song komponierte. Ihre Themen drehen sich oft um ziemlich nocturne Angelegenheiten. D.h.: Es gibt viel Schatten, Dunkelheit, Kälte und Zwielicht in ihren Songs - was aber durchaus daran liegt, dass sie diese schlicht als Inspirationsquellen auffasst und entsprechend in ihrer Musik emuliert. Performerisch sortiert sich das alles in einem eleganten Flow - wobei sich Siv und Katrina offensichtlich auf derselben Wellenlänge ergänzen und es dann auch erstaunlich effektiv gelang, die elegischen Streicherarrangements der Studio-Aufnahmen alleine mit dem Cello zu emulieren. Schließlich reihte sich Siv dann auch noch in die Reihe der Britney Spears-Fans ein. Nach Richard Thompson und Distelmeyer outete sie sich als quasi Fan der Dame (halb sarkastisch, wie sie meinte), denn Britney sei ja auch irgendwie cool. Nicht übrigens, dass man ihre rabenschwarz zerdehnte Version von "Toxic" gleich erkannt hätte, denn letztlich machte sich Siv den Titel kurzerhand zu Eigen - wie es sich für eine gute Coverversion übrigens auch gehört.

Als Gesamtpaket war das also alles ungemein kurzweilig und unterhaltsam - jedenfalls deutlich kurzweiliger und unterhaltsamer als es sich alleine von den Studioproduktionen her erahnen hätte lassen. Dabei legte Siv sich dann auch noch mit Pamela an. Pamela ist Sivs neue Gitarre - mit der sie sich noch nicht so gut versteht. Benannt ist diese nach einem Charakter aus der Fernsehserie "The Office" - und nicht etwa nach Pamela Anderson. "Das wäre zwar witziger gewesen", räumte sie ein, "aber man kann eine Gitarre ja nicht Pamela Anderson nennen." Wichtig zu wissen ist das alles nicht unbedingt - es hilft aber schon sich dem Phänomen Siv Jakobsen zu nähern; was auch nachdrücklich zu empfehlen ist - zumindest dann, wenn man sich nicht auf das scheinbar offensichtliche verlassen möchte...

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Surfempfehlung:
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www.facebook.com/jessmorganmusic
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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