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Konzert-Bericht
 
Wechselbad der Gefühle

Yo La Tengo
M. Ward

Köln, Kantine/ Hamburg, Fabrik
11.05.2003/ 18.05.2003

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Yo La Tengo
Mit einem Yo-La-Tengo-Konzert kann man eigentlich nichts falsch machen. Schließlich sind die drei Amerikaner selbst dann ein Garant für große Konzerte, wenn die Platte, die es zu präsentieren gilt, mal ausnahmsweise kein Klassiker ist. Was sollte also mit dem ausgezeichneten neuen Album "Summer Sun" im Rücken schief gehen? Zumal Ira Kaplan, James McNew und Georgia Hubley auch noch einen hochkarätigen Support Act im Schlepptau hatten. M. Ward tat sich in Köln allerdings etwas schwer - das Gemurmel im Publikum war leider oft lauter als seine leisen, zerbrechlichen Folksongs. Das hatte jedoch weniger mit der Qualität der Stücke, sondern mehr mit der zu schüchternen Präsentation zu tun. Allenfalls seine Version von Bowies "Let's Dance" wurde beachtet, zwei weitere schöne Cover (von Howe Gelb und Bright Eyes) gingen ebenso unter wie Matts eigene Songs. Schade!
Yo La Tengo machten im Anschluss alles richtig. Na ja, FAST alles, denn Ira gelang gleich beim ersten Stück das Kunststück, einen Wackelkontakt in der urigen Acetone-Orgel zu verursachen, die über weite Strecken des Programms mindestens ebenso wichtig sein sollte wie die Stromgitarre. Niedlicherweise wurde er dafür von Georgia und James öffentlich gescholten, nur um sich mit einem schelmisch-sympathischen "Ich hab das Teil doch kaum berührt" aus der Verantwortung zu stehlen. Überhaupt waren die drei in Köln gut aufgelegt, machten Witze über den "kühlen Abend hier in der Kantine" (es herrschten vor der Bühne so um die 30 Grad!) und konnten vor allem mit den "Summer Sun"-Stücken wie "Little Eyes" oder "Georgia Vs. Yo La Tengo" gefallen - der manchmal gewagte Wechsel zwischen verträumten Slowrock-Songs und krachig-schrägen Klängen funktionierte auf wundersame Weise. Da die drei bekanntlich traumhaft gut eingespielt sind, blieb auch bei den neuen Songs Raum für Improvisationen - selbst M. Ward wurde für zwei Songs zurück auf die Bühne gebeten. Und bei den Zugaben, von denen es bei dem weit über zweistündigen Auftritt reichlich gab, war es einmal mehr Zeit für teilweise ziemlich dubiose Wünsche: "Out The Window" (Georgia: "Ich kann mich noch an die Hälfte erinnern"), "Alyda", "Sugarcube", "Little Honda" (mit dem Gitarren-Techniker am Schlagzeug) oder das ellenlange Sun-Ra-Cover "Nuclear War". Als letzten Song des Abends sollte es dann keinen Wunsch, sondern "There Is No Life Without Love" von den Kinks geben, allerdings mussten sich die drei erst einmal beraten, denn die Akkorde dazu hatten sie nicht im Kopf. Die Pause nutze ein Zuschauer, um lautstark nach dem ähnlich obskuren "Yellow Sarong" zu verlangen - und auch dieser Wunsch wurde mit einem Lächeln prompt erfüllt. Fazit? Band glücklich, Publikum glücklich. Klassenziel mehr als erreicht!
...und wenige Tage darauf in Hamburg...

"I am somewhere in the city, climbing up a fire escape": Der Song, den der junge Mann in gebückter Haltung singt, ist eigenartig. Er spielt Gitarre, und der Song klingt nach uraltem Folk. Allerdings singt er davon, dass er sich wünscht, von einem Hubschrauber abgeholt zu werden. Da passt doch was nicht. Und schon hat M. Ward das Interesse der Zuhörer geweckt.

Er ist unterwegs, um, wie er sagt, "diesen Teil der Bühne für Yo La Tengo aufzuwärmen." Allerdings stellt er dabei sein wunderbares Album "Transfiguration Of Vincent" vor - und hat sich spätestens bei der verschrobenen Version von David Bowies "Let's Dance" breite Sympathie erspielt. Er ist schüchtern, introvertiert, höflich. Ein liebenswerter Kauz, zu dem es auch passt, dass er sich bei rein instrumentalen Songs auf einen Hocker setzt und sich so tief über seine Gitarre beugt, dass man sein Gesicht nicht mehr sieht. Um dann wieder aufzustehen und eine traumhaft schöne Version von Bob Dylans "Buckets Of Rain" zu spielen. Mit seiner linkischen Art und den liebevoll-schrulligen Songs erspielt er sich so viel Publikumsliebe, dass er, als er nach sieben Songs von der Bühne geht, für eine Zugabe zurückgeklatscht wird. Was einem Support Act nicht eben oft passiert.

Was er allerdings ignorierte: Yo La Tengo brauchte den Teil der Bühne, den er aufgewärmt hatte, gar nicht. Vorne und mittig passiert bei ihnen nicht viel. Ira Kaplan und Ehefrau Georgia Hubley machen es sich lieber an der Seite und hinten gemütlich. Das passt ihrer Musik, denn auch an der findet man nicht viel Konventionelles. Yo La Tengo spielen auf der Bühne mit allem, was sich in der Geschichte der, wie es so hässlich heißt, populären Musik finden lässt. Jazz wird mit Rock verknüpft, Folk mit Pop. Das Besondere daran ist allerdings: was so schwierig und potentiell verkopft wirkt, groovt, und zwar gehörig. Und das satte drei Stunden lang. Da macht es auch nichts, dass die Band das Publikum durch einen harten Bruch nach dem anderen jagt, nie zwei ähnlich gelagerte Songs nacheinander spielt. Jeder Song für sich ist so spannend, das man spätestens nach einer Minute vergessen hat, eben noch etwas ganz Anderes erlebt zu haben.

Yo La Tengo haben sich nicht einmal an den eigens für sie angewärmten Ort gestellt. Trotzdem: schön, dass M. Ward sich als Fußbodenheizung zur Verfügung gestellt hat.

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Surfempfehlung:
www.yolatengo.net
www.sunsquashed.com
www.giantsand.com/mward
Text: -Carsten Wohlfeld (K) / Christian Zeiser (HH)-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
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